Klimadebatte nach dem Discounter-Prinzip
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Überschwemmungen, Waldbrände, Hitzerekorde: Der Klimawandel zeigt sich mehr und mehr. Doch in Deutschland werde noch immer über Kosten und Nutzen von Gegenmaßnahmen diskutiert, wundert sich der irische Journalist Derek Scally.
Der vergangene Monat war nach Messungen der US-Klimabehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) weltweit der wärmste Juli seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1880.
Die Durchschnittstemperatur lag den Angaben zufolge – über alle Land- und Ozeanflächen hinweg – um 0,93 Grad Celsius über dem Durchschnittswert des 20. Jahrhunderts von 15,8 Grad.
Der zweitwärmste jemals verzeichnete Juli in Europa
Besonders warm war es in Asien - aber auch in Nord- und Südamerika und in Afrika habe der Monat zu den zehn wärmsten je gemessenen Julis gehört. In Europa sei es der zweitwärmste jemals verzeichnete Juli gewesen, so die NOAA.
Überschwemmungen in Deutschland, Waldbrände in Griechenland, 48,8 Grad auf Sizilien, neue Rekordmessungen: Die Klimakrise zeichnet sich immer deutlicher ab. Schaffen wir es noch, umzusteuern?
Für den irischen Journalisten Derek Scally ist hier vor allem einer in Deutschland gerade gefragt: der Wähler.
Die Politik liefert das, was Stimmen bringt
Die Politik liefere in einer Demokratie immer das, was zu Stimmen führe, meint Scally. Das Problem sei aber, dass der Kampf gegen den Klimawandel viel länger dauere als eine Legislaturperiode.
Die Frage in der derzeitigen Situation sei also, ob die Wähler bereit seien, Politiker zu belohnen, die Projekte vorantrieben, die Jahrzehnte brauchten – und nicht zu schnellen Ergebnissen führten.
"Jedes Land hat seine eigene Klimadebatte", sagt Scally. In Deutschland werde diese als Kosten-Nutzen-Debatte geführt. Die Deutschen schauten auf das "Preis-Leistungs-Verhältnis": Es sei ein bisschen so, als seien sie vom jahrzehntelangen Einkaufen bei Aldi und Lidl geprägt. Die Welt sei aber kein Discounter, "wo billig besser ist".
"Keiner möchte, dass irgendetwas teurer wird"
Das Kosten-Nutzen-Denken sei sehr tief verankert in Deutschland, meint der Journalist: "Keiner möchte, dass irgendetwas irgendwo teurer wird." Zugleich wollten alle aber auch "Macht" für die Umwelt.
Hier werde der deutsche Wähler nun mit seinem "inneren Heuchler" konfrontiert: "Wollen wir tatsächlich eine andere Politik wählen, oder so wenig (Veränderung) wie möglich?" Am Ende müssten die Wählerinnen und Wähler anlässlich der Bundestagswahl alle in den Spiegel schauen, sagt Scally.
Erst vor wenigen Tagen hatte der Weltklimarat in einem neuen Bericht die Folgen der menschengemachten Erderwärmung drastischer als je zuvor dargestellt. Sollten die Emissionen nicht stark und schnell sinken, werde die globale Mitteltemperatur in den kommenden 20 Jahren einen Wert von mindestens 1,5 Grad über der Temperatur der vorindustriellen Zeit erreichen, hieß es.
Die Menschen müssten sich wegen der steigenden Temperaturen auf mehr Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen und Hitzewellen einstellen.
(ahe/dpa)