Die einzige Kandiermanufaktur Deutschlands steht in der Pfalz

Von Luttger Fittkau |
Weihnachtszeit - das ist auch die Hochzeit der kandierten Früchte: Orangen, Zitronen und Feigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die leckeren Fruchtscheiben aus der Pfalz kommen, ist hoch. Denn "Biffar" aus Deidesheim ist die einzige Kandiermanufaktur in Deutschland.
Kandiermeister Xaver Weisbrodt öffnet einen Edelstahlbehälter, der so groß ist, dass in ihm problemlos drei Erwachsene gemeinsam baden könnten. 700 Liter Flüssigkeit passen in den glänzenden Bottich, der Autoklav genannt wird und wie ein Dampfkochtopf funktioniert. Statt mit Badewasser ist er zu einem Drittel mit Sirup gefüllt, auf seinem Boden liegen Ananasscheiben. Sie werden durch die Zuckerlösung zu kandierten Früchten veredelt, erklärt Lilli Biffar-Hirschbil. Sie leitet mit ihrem Mann die einzige noch produzierende Kandiermanufaktur Deutschlands im pfälzischen Deidesheim:

"Ja, es wird hier in einem mehrtägigen Vorgang langsam die Konzentration des Sirups erhöht, und zwischendurch findet dann immer der Ausgleich zwischen der Frucht und dem Sirup statt, ein Osmoseverfahren, bei den der Sirup durch die Haut in die Frucht eindringt und das Wasser aus der Frucht wieder in den Sirup zurückdrängt."

Herr dieses Verfahrens ist in Deidesheim seit beinahe 50 Jahren Xaver Weißbrodt. Gelernt hat der Kandiermeister sein Handwerk auf der Zentralfachschule der Deutschen Süßwarenwirtschaft in Solingen- das ist die weltweit renommierteste Ausbildungsstätte für die "süßen Berufe". So nennt Xaver Weißbrodt auch sein Kandierhandwerk:

"Das ist ein süßer Beruf, der viel Liebe zum Detail erfordert, Leidenschaft, Herzblut muss man mit Reinbringen, damit man über Jahrzehnte immer gute Qualität bringen kann."

Weltweit werden rund 200 verschiedene Produkte aus der pfälzischen Kandiermanufaktur verkauft. Dabei gibt es durchaus nationale Geschmacksunterschiede bei den Kunden, zu denen auch das britische Königshaus gehört. Im Verpackungsbereich greift Betriebsleiter Hubert Hirschbil nach einer Packung mit kandierten Mandeln und Erdbeeren:

"Die erfreuen sich in England besonders großer Beliebtheit. Auch die Queen ist Kundin bei uns."

Und Lilli Biffar-Hirschbil ergänzt:

"Wir haben auch die Vermutung, dass unsere Zitronen auch eine der Hochzeitstorten von Prinz William dekoriert haben, weil eine Walliser Firma plötzlich einen sehr großen Bedarf hatte im Frühjahr."

Der Duft der Zitronen erfüllt eine Halle, in der die Früchte geschnitten werden. Hier und in der 2009 eröffneten neuen Veredlungshalle gleich nebenan arbeiten jetzt vor Weihnachten 60 Leute im Schichtbetrieb. So werden etwa 280 Tonnen chinesischer Ingwer auf eine mehr als 40 lange Glasieranlage gelegt - jedes Ingwerstäbchen einzeln per Hand:

"Einkauf ist sehr wichtig bei uns. Wir achten darauf, dass wir weltweit die beste Qualität einkaufen können, und wir sind wirklich als kleines Unternehmen Global Player. Das heißt, wir kaufen unsere Ware wirklich rund um den Globus ein. China Ingwer, Spanien die Orangen, grüne Feigen aus Italien, die Zitronen aus Südafrika, können auch mal aus Argentinien kommen. Ananas holen wir aus Thailand, Philippinen, da, wo wir die beste Qualität her bekommen."

Doch viele Früchte, die in Deidesheim kandiert werden, wachsen direkt im Umland. Die Südpfalz ist eines der wärmsten Gebiete Deutschlands, hier gedeihen Mandelbäume, Feigen und auch Kiwis - alles wird kandiert. Ihre Vorfahren haben schon im 19. Jahrhundert die Kandiertechniken aus Frankreich in die Pfalz gebracht, erzählt Lilli Biffar-Hirschbil:

"Das Obst war reichlich vorhanden vor der Haustür, also war es naheliegend, was man damit machen kann, außer es direkt zu verzehren oder Marmelade zu kochen. Und so ist man dann auch aufs Kandieren gekommen, zumal meine Vorfahren französischer Abstammung sind und sich vor Ort informiert haben."

Tonnenweise leuchtende Orangen und Zitronen, süße Mandeln oder Weintrauben zu veredeln - Kandiermeister Xaver Weißbrodt weiß schon, dass sein Beruf gerade in der Weihnachtszeit viele neidisch macht.

"Mancher sagt, es wäre ja ein Schlaraffenland, ein Paradies - aber im Prinzip ist es eine Arbeit, wie jede andere auch."