Die elektronische Nase
Oft stinken unsere Abwässer zum Himmel. Der Grund dafür sind Ablagerungen in der Kanalisation, die vom Wasser nicht weggeschwemmt werden, sondern verfaulen und dadurch den schlechten Geruch verbreiten. Eine elektronische Neuentwicklung soll Abhilfe schaffen.
Für die meisten von uns ist es eine Selbstverständlichkeit: Wir ziehen den Stöpsel und das Badewasser fließt ab, wir drücken die Spülung und die Toilette ist wieder sauber. Das wir von diesen Hinterlassenschaften nichts mehr sehen und nichts mehr riechen, scheint völlig normal zu sein.
Doch der Geruch von unseren Abwässern ist für viele Wasserbetriebe mittlerweile eine echte Herausforderung. Der Grund: Dessen feste Bestandteile lagern sich häufig in der Kanalisation ab und verfaulen dort. Aus dem Gulli steigt dann ein bestialischer Gestank auf. Eine elektronische Nase soll jetzt dabei helfen, das Problem gezielt zu beseitigen.
Ortstermin im Pumpwerk Berlin Neukölln: In einer weitläufigen Halle, die so groß ist wie zwei Handballfelder, ist eine technische Versuchsanlage aufgebaut: Es gibt einen Computerarbeitsplatz mit großem Kontrollmonitor, zahlreiche kleine elektronische Messgeräte und mehrere schwarze Abwasserrohre, die in rund zwei Meter Höhe mitten durch die Halle führen.
"Es ist hier eine Abwasserleitung aufgebaut, wie sie normalerweise in der Straße liegt, aber hier ist sie jetzt sichtbar. Und hier wird auch Abwasser durchgeleitet, was künstlich angefault ist, um zu simulieren, dass dieses Wasser längere Zeit schon in der Kanalisation unterwegs ist."
Andreas Hartmann vom "Kompetenzzentrum Wasser Berlin" ist maßgeblich an dem Versuchsaufbau beteiligt. Die Forscher wollen hier den Geruch des Abwassers mit Hilfe einer elektronischen Nase analysieren: Denn die akute Geruchsbildung kann auf chemische Stoffe wie etwa Alkohole, Schwefelverbindungen und organische Säuren hinweisen, die die Kanalisationsrohre beschädigen.
"Also der Bedarf, Gas aus der Kanalisation zu messen, liegt daran, dass eben Gerüche nicht immer auftreten und man braucht, um Gerüche bekämpfen zu können und auch Korrosionsgefahr erkennen zu können, eine Messung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, und dafür werden diese Nasen entwickelt, das ist ja der Hintergedanke dabei."
Die Elektronische Nase soll also helfen, sich bildende Ablagerungen in der Kanalisation schnell und automatisch zu identifizieren. Dafür wird sie direkt an den Abwasserleitungen angebracht. Umweltingenieurin Therese Schwarzböck zeigt auf einen massiven, rechteckigen Metallkasten, der auf einem schwarzen Kanalisationsrohr befestigt ist.
"Also wir haben hier ein Sensor-Array vor uns, eingehüllt in eine blaue Box, so dreißig Mal zwanzig Zentimeter. Und in dieser Box befindet sich dieses Sensor-Array, das ist das Herzstück, das ist aufgebaut aus mehreren Sensoren, das sind Metalloxydsensoren und die sprechen auf verschiedene Luftbestandteile an. Und hier vorne haben wir die Probeentnahme, oder hier wird das Probengas angesaugt und in die Sensorkammer geleitet."
Über einen dünnen Schlauch saugt die Elektronische Nase die Gase an, die sich direkt über dem Abwasser befinden. Der Gascocktail reagiert dann im Inneren mit den Metalloxydsensoren und verändert deren Leitfähigkeit. Aus diesen schwankenden Leitwerten lässt sich erkennen, welche Gase das Abwasser freisetzt. Die Daten werden anschließend drahtlos mit dem Funkdienst GPRS an die Computer der Forscher gesendet.
"Also die Daten der elektronischen Nase können dann übertragen werden über GPRS in ein Kontrollzentrum zum Beispiel, wo sie dann online überwacht werden können. Das ist eine Möglichkeit, andere Möglichkeit ist es auch, vor Ort das Gerät stehen zu haben und dann per SMS die Daten geschickt zu bekommen in regelmäßigen Abständen."
In der Versuchsanlage im Pumpwerk Berlin Neukölln werden die Daten an ein nachempfundenes Kontrollzentrum geschickt: Es ist ein Computerarbeitsplatz mit einem großen Bildschirm über den diverse rote, blaue, gelbe und grüne Messkurven flimmern. Therese Schwarzböck setzt sich auf einen Drehstuhl, der vor dem Computer steht.
"Das ist der Prozessrechner. Also hiermit zeichnen wir alle Daten, die wir messen, auf. Das heißt, die Software von den verschiedenen elektronischen Nasen ist hier raufgespielt und wir können da live mitverfolgen, wie sich die Werte entwickeln. Wir haben hier zum Beispiel Messwertkurven, da haben wir ein Probengemisch gemessen, und hier der grüne Sensor gibt die H2S-Konzentration aus. Und die anderen Sensoren laufen so mehr oder weniger proportional dazu."
Neben dem Schwefelwasserstoff H2S lassen sich etwa auch die Anteile von Alkoholen oder Salzsäure nachweisen. All diese Stoffe bilden sich in den festen Bestandteilen der Abwässer. Das Problem dabei: Lagern sich die festen Substanzen in den Rohren ab, dann beginnen sie dort nach fauligen Eiern zu stinken und die Rohre zu zersetzen. Ein Problem, das noch recht neu ist, sagt Stephan Natz von den Berliner Wasserbetrieben.
"Vor rund 20 Jahren hatten wir fast gar kein Geruchsproblem in den Kanälen. Inzwischen haben wir an vielen Stellen ein recht kräftiges, und das liegt daran, dass in Berlin die Wassernutzung in den letzten 20 Jahren sich halbiert hat. Und das Wasser in den Abwasserkanälen ist ja ein Transportmedium, es schwemmt den Schmutz weg. Wenn aber weniger Transportmedium da ist, dann fließt das Abwasser langsamer und dann haben wir eben den Effekt, dass das Abwasser unterwegs beginnt zu faulen."
Ein Problem, das auch in anderen deutschen Städten existiert. Der Grund: Haushaltsgeräte wie Geschirrspüler oder auch Waschmaschinen sind mittlerweile sehr Wasser sparend. Eine gute Entwicklung – die in der Kanalisation aber unerwünschte Nebenwirkungen zeigt. Die Folge: Wenn es stinkt, muss gereinigt werden. Die Elektronische Nase soll künftig schon vor einer massiven Geruchsbelästigung auf problematische Ablagerungen hinweisen.
"Wir versprechen uns vom Einsatz der Nasen, dass wir die Dinge, die wir gegen dem Geruch tun, effizienter tun können. Als im Moment dosieren wir an bestimmten Stellen Salze, wir bauen Filter ein, wir spülen mit viel Wasser in der Kanalisation etc. Und so eine Nase wird objektive Ergebnisse für uns bereitstellen und damit können wir dann sehr fein justiert bei den Gegenmaßnahmen arbeiten."
Als nächstes soll die Elektronische Nase in der Berliner Kanalisation getestet werden. Ist sie dort erfolgreich, dann könnte sie schon in einigen Jahren dabei helfen, das Geruchsproblem in den Abwasserrohren zu bekämpfen.
Doch der Geruch von unseren Abwässern ist für viele Wasserbetriebe mittlerweile eine echte Herausforderung. Der Grund: Dessen feste Bestandteile lagern sich häufig in der Kanalisation ab und verfaulen dort. Aus dem Gulli steigt dann ein bestialischer Gestank auf. Eine elektronische Nase soll jetzt dabei helfen, das Problem gezielt zu beseitigen.
Ortstermin im Pumpwerk Berlin Neukölln: In einer weitläufigen Halle, die so groß ist wie zwei Handballfelder, ist eine technische Versuchsanlage aufgebaut: Es gibt einen Computerarbeitsplatz mit großem Kontrollmonitor, zahlreiche kleine elektronische Messgeräte und mehrere schwarze Abwasserrohre, die in rund zwei Meter Höhe mitten durch die Halle führen.
"Es ist hier eine Abwasserleitung aufgebaut, wie sie normalerweise in der Straße liegt, aber hier ist sie jetzt sichtbar. Und hier wird auch Abwasser durchgeleitet, was künstlich angefault ist, um zu simulieren, dass dieses Wasser längere Zeit schon in der Kanalisation unterwegs ist."
Andreas Hartmann vom "Kompetenzzentrum Wasser Berlin" ist maßgeblich an dem Versuchsaufbau beteiligt. Die Forscher wollen hier den Geruch des Abwassers mit Hilfe einer elektronischen Nase analysieren: Denn die akute Geruchsbildung kann auf chemische Stoffe wie etwa Alkohole, Schwefelverbindungen und organische Säuren hinweisen, die die Kanalisationsrohre beschädigen.
"Also der Bedarf, Gas aus der Kanalisation zu messen, liegt daran, dass eben Gerüche nicht immer auftreten und man braucht, um Gerüche bekämpfen zu können und auch Korrosionsgefahr erkennen zu können, eine Messung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, und dafür werden diese Nasen entwickelt, das ist ja der Hintergedanke dabei."
Die Elektronische Nase soll also helfen, sich bildende Ablagerungen in der Kanalisation schnell und automatisch zu identifizieren. Dafür wird sie direkt an den Abwasserleitungen angebracht. Umweltingenieurin Therese Schwarzböck zeigt auf einen massiven, rechteckigen Metallkasten, der auf einem schwarzen Kanalisationsrohr befestigt ist.
"Also wir haben hier ein Sensor-Array vor uns, eingehüllt in eine blaue Box, so dreißig Mal zwanzig Zentimeter. Und in dieser Box befindet sich dieses Sensor-Array, das ist das Herzstück, das ist aufgebaut aus mehreren Sensoren, das sind Metalloxydsensoren und die sprechen auf verschiedene Luftbestandteile an. Und hier vorne haben wir die Probeentnahme, oder hier wird das Probengas angesaugt und in die Sensorkammer geleitet."
Über einen dünnen Schlauch saugt die Elektronische Nase die Gase an, die sich direkt über dem Abwasser befinden. Der Gascocktail reagiert dann im Inneren mit den Metalloxydsensoren und verändert deren Leitfähigkeit. Aus diesen schwankenden Leitwerten lässt sich erkennen, welche Gase das Abwasser freisetzt. Die Daten werden anschließend drahtlos mit dem Funkdienst GPRS an die Computer der Forscher gesendet.
"Also die Daten der elektronischen Nase können dann übertragen werden über GPRS in ein Kontrollzentrum zum Beispiel, wo sie dann online überwacht werden können. Das ist eine Möglichkeit, andere Möglichkeit ist es auch, vor Ort das Gerät stehen zu haben und dann per SMS die Daten geschickt zu bekommen in regelmäßigen Abständen."
In der Versuchsanlage im Pumpwerk Berlin Neukölln werden die Daten an ein nachempfundenes Kontrollzentrum geschickt: Es ist ein Computerarbeitsplatz mit einem großen Bildschirm über den diverse rote, blaue, gelbe und grüne Messkurven flimmern. Therese Schwarzböck setzt sich auf einen Drehstuhl, der vor dem Computer steht.
"Das ist der Prozessrechner. Also hiermit zeichnen wir alle Daten, die wir messen, auf. Das heißt, die Software von den verschiedenen elektronischen Nasen ist hier raufgespielt und wir können da live mitverfolgen, wie sich die Werte entwickeln. Wir haben hier zum Beispiel Messwertkurven, da haben wir ein Probengemisch gemessen, und hier der grüne Sensor gibt die H2S-Konzentration aus. Und die anderen Sensoren laufen so mehr oder weniger proportional dazu."
Neben dem Schwefelwasserstoff H2S lassen sich etwa auch die Anteile von Alkoholen oder Salzsäure nachweisen. All diese Stoffe bilden sich in den festen Bestandteilen der Abwässer. Das Problem dabei: Lagern sich die festen Substanzen in den Rohren ab, dann beginnen sie dort nach fauligen Eiern zu stinken und die Rohre zu zersetzen. Ein Problem, das noch recht neu ist, sagt Stephan Natz von den Berliner Wasserbetrieben.
"Vor rund 20 Jahren hatten wir fast gar kein Geruchsproblem in den Kanälen. Inzwischen haben wir an vielen Stellen ein recht kräftiges, und das liegt daran, dass in Berlin die Wassernutzung in den letzten 20 Jahren sich halbiert hat. Und das Wasser in den Abwasserkanälen ist ja ein Transportmedium, es schwemmt den Schmutz weg. Wenn aber weniger Transportmedium da ist, dann fließt das Abwasser langsamer und dann haben wir eben den Effekt, dass das Abwasser unterwegs beginnt zu faulen."
Ein Problem, das auch in anderen deutschen Städten existiert. Der Grund: Haushaltsgeräte wie Geschirrspüler oder auch Waschmaschinen sind mittlerweile sehr Wasser sparend. Eine gute Entwicklung – die in der Kanalisation aber unerwünschte Nebenwirkungen zeigt. Die Folge: Wenn es stinkt, muss gereinigt werden. Die Elektronische Nase soll künftig schon vor einer massiven Geruchsbelästigung auf problematische Ablagerungen hinweisen.
"Wir versprechen uns vom Einsatz der Nasen, dass wir die Dinge, die wir gegen dem Geruch tun, effizienter tun können. Als im Moment dosieren wir an bestimmten Stellen Salze, wir bauen Filter ein, wir spülen mit viel Wasser in der Kanalisation etc. Und so eine Nase wird objektive Ergebnisse für uns bereitstellen und damit können wir dann sehr fein justiert bei den Gegenmaßnahmen arbeiten."
Als nächstes soll die Elektronische Nase in der Berliner Kanalisation getestet werden. Ist sie dort erfolgreich, dann könnte sie schon in einigen Jahren dabei helfen, das Geruchsproblem in den Abwasserrohren zu bekämpfen.