"Die Entführung aus dem Serail" von Mozart

"Zu schön für unsere Ohren und gewaltig viele Noten..."

Der österreichische Komponist Wolfgang Amadeus Mozart nach einem zeitgenössischen Gemälde.
Der österreichische Komponist Wolfgang Amadeus Mozart (1756−1791) nach einem zeitgenössischen Gemälde. © dpa / picture alliance /
Gast: Jürgen Kesting /Moderation: Michael Dasche |
"Die Entführung aus dem Serail" gehört zur damals jungen Gattung des Singspiels. Wolfgang Amadeus Mozart nutzte den Raum für innovative Ansätze: Seine Figuren zeichnete er mit psychologischem Tiefgang zeichnete und hauchte ihnen musikalisch jeweils ein eigenes Gefühlsleben ein.
Auf das berühmte Monitum Josephs II. soll Wolfgang Amadeus Mozart geantwortet haben: "Gerade so viel (Noten), Eure Majestät, als nötig ist." Die Echtheit des Zitats ist zwar nie bewiesen worden, doch lenkt es unsere Aufmerksamkeit auf durchaus Zutreffendes: auf die hohe Kunst Mozarts, mit differenzierten instrumentalen und vokalen Mitteln dramatische Aktionen hervorzubringen.
Kein Zufall, dass dies in einem noch jungen Genre geschah: In einem "deutschen Singspiel", wie es im Untertitel der "Entführung" heißt. Im Unterschied zu den traditionellen Gattungen der italienischen Oper, der Seria und der Buffa, bot das Singspiel noch Raum für innovative Ansätze, was die Typisierung der Personen betrifft. Mozart machte davon reichlich Gebrauch, indem er seine Figuren mit psychologischem Tiefgang zeichnete, ihnen musikalisch ein je eigenes Gefühlsleben einhauchte.
Charaktere jenseits des herkömmlichen Rollenschemas
So begegnen uns durchweg ambivalente Charaktere, jenseits herkömmlichen Rollenschemas. Neu für das Singspielgenre ist, dass Mozart den komischen Figuren - Osmin, Pedrillo, Blonde - ernsthafte Charaktere an die Seite stellte: Konstanze und Belmonde nämlich, in deren Arien sich tiefste seelische Regungen offenbaren. Einen sinnfälligen Kontrast zu dem emotionalen Überschwang der liebenden Paare - Konstanze und Belmonte auf der einen, Blonde und Pedrillo auf der anderen Seite - bildet nicht nur der böswillige Haremswächter Osmin (der freilich selbst ein tiefes Liebesverlangen bekundet), sondern vor allem auch Bassa Selim. Obwohl er Konstanze und ihr Gefolge in Gefangenschaft hält, erscheint er als durchaus positive Figur. Um seiner Liebe zu Konstanze willen wäre er bereit gewesen, den ganzen Haren aufzugeben.
Dass Mozart ihm "nur" eine Sprechrolle zugewiesen hat, mag man bedauern. Doch rückt er Bassa Selim damit in die rationale Sphäre, in die Sphäre vernunftgesteuerter Aufklärung. Dass Bassa, nach missglückter Entführung, seinen Gegangenen die Freiheit schenkt, zeigt ihn als milden Herrscher - als einen "aufgeklärten" Fürsten, in dem Kaiser Joseph II. (Auftraggeber der Oper) sich gern wiedererkannt haben mochte.
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