Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, sieht die Strategie der CSU als "Kriegserklärung". "Wie dieser Machtkampf betrieben wird, lässt sich eigentlich kaum noch anders interpretieren als so, dass die CSU Merkel stürzen will", sagte er im Deutschlandfunk Kultur.
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Die CSU legt mit ihrer Flüchtlingspolitik die Axt an die Koalition. Der Schweizer Philosoph Andreas Urs Sommer rät, die Aufregung darüber "runter zu temperieren" - die Bundesrepublik werde nicht untergehen, nur weil die CSU Rabatz macht.
Der Streit in der Union um die Flüchtlingspolitik hat in den letzten Tagen die Schlagzeilen beherrscht. Erstaunlich dabei ist vor allem die Art und Weise, wie Innenminister Horst Seehofer nach Streit und Konfrontation sucht - kann die Abkehr von Konsensfindung und Kompromissbereitschaft gut gehen?
Der Schweizer Philosoph Andreas Urs Sommer rät dazu, die politische Lage mit mehr Gelassenheit zu betrachten. Er sieht in der derzeit enthemmten CSU "keine Erosion der politischen Kultur". Aber durchaus einen Hinweis auf ihre Veränderung. Die politische Kultur werde "experimenteller", man wage und versuche mehr, analysierte Sommer im Deutschlandfunk Kultur.
Provokationen in einer Kompromisskultur
Es sei klar, dass man damit dem politischen Gegner vor den Kopf stoße. Ein Vorgehen wie das der CSU werde als Provokation empfunden, weil die Deutschen in einer politischen Kompromisskultur aufgewachsen seien, sagte Sommer.
Den Grund für den Krawall sieht Sommer in einer "Erosion der Repräsentation". Die Parteien wüssten nicht mehr, wofür sie stehen - und wen sie in einer Gesellschaft ohne Klassen und klar abgegrenzte Schichten eigentlich vertreten. Deswegen suchten sie nach einem neuen Profil.
Sommer ist skeptisch, dass die CSU mit ihrem Kurs Erfolg haben wird. Der Eindruck dränge sich auf, dass es am Ende hier mehr um Machtpolitik als um Sachpolitik gehe. Die allgemeine Aufregung um den Streit sollte "runter temperiert" werden, riet Sommer - denn die Bundesrepublik werde nicht untergehen, nur weil die CSU Rabatz mache. Und auch ein Wechsel im Kanzleramt wäre im Übrigen nicht das Ende Deutschlands. (ahe)