Die Erpressung mit der Sphinx

Von Tobias Wenzel · 02.08.2007
Die Türkei hat im Internet Listen veröffentlicht, die archäologische Funde türkischer Herkunft enthalten, die sich jetzt im Ausland befinden. Die längste Liste betrifft Deutschland. An erster Stelle steht die Sphinx von Boğazköy aus dem Pergamon-Museum. Das Land macht es deutschen Archäologen schwer, eine Grabungserlaubnis zu bekommen – bis zur Rückgabe des Kunstwerks.
Ein Blick auf die Internetseite des türkischen Ministeriums für Kultur und Tourismus ist zurzeit besonders aufschlussreich: für internationale Museumsdirektoren ebenso wie für Archäologen - sofern sie Türkisch verstehen. Das Ministerium hat nämlich im Internet Listen veröffentlicht, die jene archäologischen Funde türkischer Herkunft enthalten, die sich jetzt in Deutschland, Dänemark, Italien, Russland und den USA befinden, die die Türkei aber zurückfordert. Die längste Liste betrifft Deutschland. An erster Stelle steht die Sphinx von Boğazköy aus dem Berliner Pergamon-Museum.

Deutsche Archäologen sind nun zum Spielball dieser Rückgabeforderung geworden. Nach Informationen von Deutschlandradio Kultur zeichnete sich seit Ende Juni ab, dass der stellvertretende Generaldirektor des türkischen Kulturministeriums Archäologenteams aus Deutschland bewusst die Unterschrift für die Grabungserlaubnis in der Türkei verweigerte, und zwar so lange, bis das Pergamon-Museum die Sphinx von Boğazköy an die Türkei zurückgebe. Das hat inzwischen das Auswärtige Amt auf Anfrage bestätigt.

Am 10. Juli bat das Deutsche Archäologische Institut die deutsche Botschaft in Ankara um Hilfe. Zwei Tage später sprach der deutsche Botschafter im türkischen Außenministerium vor. In einem Bericht des Botschafters heißt es, er drücke seine "Besorgnis" darüber aus, dass "für über 30 Grabungen noch die Genehmigungen" ausständen. Insgesamt 800 Menschen arbeiten an den 30 deutschen Grabungsprojekten mit. Sie alle mussten um die Lizenz zum Graben bangen. Auch die renommiertesten deutschen Grabungen wie die in Troja und in Boğazköy waren betroffen.

Seitdem laufen die diplomatischen Bemühungen auf Hochtouren. Mit Erfolg. 28 der 30 Grabungsteams hätten bereits ihre Genehmigung erhalten, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes gegenüber Deutschlandradio Kultur. Für das Projekt "Elaia und Atarneus" – das sind zwei antike Stätten im Umfeld Pergamons – und das Projekt in Oinoanda gebe es allerdings immer noch kein Placet von türkischer Seite.

Und das alles wegen der Sphinx von Boğazköy.


Das Gespräch zum Thema mit Ralf-Bernhard Wartke, stellvertretender Leiter des Vorderasiatischen Museums in Berlin, können Sie bis zum 2.1.2008 in unserem Audio-on-Demand-Player hören.