Die ersten Kreuzzügler
Bauern und ihre Familien und reiche Ritter pilgerten von 1095 an unter großen Mühen nach Palästina - weil Papst Urban II. dazu aufgerufen hatte. Cay Rademacher erzählt die Geschichte anschaulich und entwirft ein facettenreiches Gesellschaftsbild der Zeit.
Es sind Ritter von hochadeligem Geblüt und Habenichtse, Bischöfe und Eremiten, Männer und Frauen, die sich vier lange Jahre - von 1095 bis 1099 - auf eine "bewaffnete Wallfahrt" ins Heilige Land begeben. Sie belagern Burgen, durchqueren Wüsten, treffen auf feindliche Heere. Zehntausende machen sich auf den Weg, Deutsche und Franzosen, Provenzalen und Normannen, venezianische Händler und englische Piraten, um Jerusalem wieder zu einer christlichen Stadt zu machen. Seit fast fünfhundert Jahren befindet sich die drittwichtigste Pilgerstätte des Christentums (nach Rom und Santiago de Compostela) in den Händen der Muslime, die unter der Losung des "Dschihad", des heiligen Krieges, in einem beispiellosen Siegeszug Nordafrika, Teile Kleinasiens und die iberische Halbinsel erobert hatten. Jetzt kommen die bewaffneten Christen im Namen ihrer Religion.
Den Anlass lieferte der oströmische Kaiser mit seinem Hilfegesuch an den Papst, da sein Reich von einer neuen Welle muslimischer Eroberer bedrängt wurde, den türkischen Seldschuken. Also rief Urban II. das christliche Europa ("Gott will es!") zu einem ersten militärischen Zug Richtung Palästina auf.
Cay Rademacher, Journalist und Verfasser historischer Romane, schildert, wie sich in mehreren Anläufen verschiedene Heere formierten, zunächst ein von fanatischen Predigern mobilisierter Volkskreuzzug aus einfachen Leuten, Bauern und ihren Familien. Brandschatzend zog dieser "Lindwurm an Leibern" durch die Lande und richtete etwa in Köln und Mainz besonders grausame Pogrome unter den jüdischen Einwohnern an. Viele Glaubenskämpfer starben an Hunger, Durst, Hitze, Krankheit und Erschöpfung, lange bevor sie das Gelobte Land erreichten. Besser organisierte Truppen wie diejenigen, die unter dem Befehl von Gottfried von Bouillon standen, trafen schließlich nach dreijährigen Irrfahrten über Konstantinopel, durch Kleinasien und nach unmenschlichen Strapazen in Jerusalem ein. Nachdem sie die Stadt erstürmt hatten, richteten sie ein verheerendes Gemetzel unter Muslimen und Juden an.
Neben der plakativen Erzählung des Geschehens verweist Rademacher auch auf die politischen Hintergründe wie den Konflikt zwischen kirchlichen und staatlichen Machthabern in Europa, der durch das gemeinsame Ziel quasi befriedet wurde; den Landhunger und die Gier europäischer Ritter, die sich mehr als spirituellen Lohn für ihre Mühen erhofften. Er erläutert, was das Rittertum bedeutete, wie sich die Reform der Kirche vollzog oder wie es kam, dass jüdische Geschäftsleute in einer Epoche des zunehmend prosperierenden Warenverkehrs zu Feindbildern wurden. Am Rande schildert er auch die innerislamischen Machtkämpfe, einzelne Bündnisse zwischen Christen und Arabern gegen andere Araber. So entwirft er ein facettenreiches Gesellschaftsbild der Zeit.
Das Buch ist sehr anschaulich geschrieben. Man merkt die zupackende Feder des Geo-Redakteurs, die dem Geschehen vielfach die Unmittelbarkeit eines Augenzeugenberichts verleiht ("Alarm, dann der Todesstoß!"). Allerdings hat der gut lesbare Schreibstil seine Tücken. Bis auf die wenigen, als Zitate kenntlich gemachten Passagen weiß man kaum, welche Schilderungen aus historischen (islamischen oder christlichen) Chroniken stammen und welche vom Autor. Rademacher verwebt alles ineinander und mixt unbekümmert wissenschaftliche Forschungsergebnisse aus verschiedenen Epochen zusammen.
Auch bleibt es bei der reinen Behauptung, dass der erste Kreuzzug als ungetilgte "Schande" für die Muslime den Anfang des Konfliktes zwischen Islam und Christentum markiere, der angeblich "bis in unsere Zeit hinein weist". Denn mehr als einen Ausblick auf das fatale Erbe der Kreuzritter, auf die Zeit der Konquistadoren und andere Eroberer, liefert Rademacher nicht. Dennoch ist sein populär angelegtes Buch unter den vielen Studien zum Thema gewiss eine der farbigsten Darstellungen eines düsteren Kapitels abendländischer Geschichte.
Besprochen von Edelgard Abenstein
Cay Rademacher: "Blutige Pilgerfahrt. Der erste Kreuzzug ins Heilige Land"
Piper-Verlag, München 2012
384 Seiten, 22,99 Euro
Den Anlass lieferte der oströmische Kaiser mit seinem Hilfegesuch an den Papst, da sein Reich von einer neuen Welle muslimischer Eroberer bedrängt wurde, den türkischen Seldschuken. Also rief Urban II. das christliche Europa ("Gott will es!") zu einem ersten militärischen Zug Richtung Palästina auf.
Cay Rademacher, Journalist und Verfasser historischer Romane, schildert, wie sich in mehreren Anläufen verschiedene Heere formierten, zunächst ein von fanatischen Predigern mobilisierter Volkskreuzzug aus einfachen Leuten, Bauern und ihren Familien. Brandschatzend zog dieser "Lindwurm an Leibern" durch die Lande und richtete etwa in Köln und Mainz besonders grausame Pogrome unter den jüdischen Einwohnern an. Viele Glaubenskämpfer starben an Hunger, Durst, Hitze, Krankheit und Erschöpfung, lange bevor sie das Gelobte Land erreichten. Besser organisierte Truppen wie diejenigen, die unter dem Befehl von Gottfried von Bouillon standen, trafen schließlich nach dreijährigen Irrfahrten über Konstantinopel, durch Kleinasien und nach unmenschlichen Strapazen in Jerusalem ein. Nachdem sie die Stadt erstürmt hatten, richteten sie ein verheerendes Gemetzel unter Muslimen und Juden an.
Neben der plakativen Erzählung des Geschehens verweist Rademacher auch auf die politischen Hintergründe wie den Konflikt zwischen kirchlichen und staatlichen Machthabern in Europa, der durch das gemeinsame Ziel quasi befriedet wurde; den Landhunger und die Gier europäischer Ritter, die sich mehr als spirituellen Lohn für ihre Mühen erhofften. Er erläutert, was das Rittertum bedeutete, wie sich die Reform der Kirche vollzog oder wie es kam, dass jüdische Geschäftsleute in einer Epoche des zunehmend prosperierenden Warenverkehrs zu Feindbildern wurden. Am Rande schildert er auch die innerislamischen Machtkämpfe, einzelne Bündnisse zwischen Christen und Arabern gegen andere Araber. So entwirft er ein facettenreiches Gesellschaftsbild der Zeit.
Das Buch ist sehr anschaulich geschrieben. Man merkt die zupackende Feder des Geo-Redakteurs, die dem Geschehen vielfach die Unmittelbarkeit eines Augenzeugenberichts verleiht ("Alarm, dann der Todesstoß!"). Allerdings hat der gut lesbare Schreibstil seine Tücken. Bis auf die wenigen, als Zitate kenntlich gemachten Passagen weiß man kaum, welche Schilderungen aus historischen (islamischen oder christlichen) Chroniken stammen und welche vom Autor. Rademacher verwebt alles ineinander und mixt unbekümmert wissenschaftliche Forschungsergebnisse aus verschiedenen Epochen zusammen.
Auch bleibt es bei der reinen Behauptung, dass der erste Kreuzzug als ungetilgte "Schande" für die Muslime den Anfang des Konfliktes zwischen Islam und Christentum markiere, der angeblich "bis in unsere Zeit hinein weist". Denn mehr als einen Ausblick auf das fatale Erbe der Kreuzritter, auf die Zeit der Konquistadoren und andere Eroberer, liefert Rademacher nicht. Dennoch ist sein populär angelegtes Buch unter den vielen Studien zum Thema gewiss eine der farbigsten Darstellungen eines düsteren Kapitels abendländischer Geschichte.
Besprochen von Edelgard Abenstein
Cay Rademacher: "Blutige Pilgerfahrt. Der erste Kreuzzug ins Heilige Land"
Piper-Verlag, München 2012
384 Seiten, 22,99 Euro