"Die ersten Menschen"
Im November 1998 erklang die 1914 entstandene Oper "Die ersten Menschen" von Rudi Stephan im Konzerthaus Berlin zum ersten Mal wieder in der nahezu ungestrichenen Urfassung in einer konzertanten Aufführung mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und renommierten Solisten unter Karl Anton Rickenbacher.
Auf Grundlage dieser Aufführung entstand 2006 in Koproduktion mit der ROC GmbH Berlin, dem Label cpo und Deutschlandradio Kultur eine CD-Einspielung, die wir im Rahmen des Themenschwerpunktes 100 Jahre Erster Weltkrieg auf unserem Opern-Sendeplatz vorstellen.
Unmittelbar vor Ausbruch dessen, was Karl Kraus in seinem Lesedrama "Die letzten Tage der Menschheit" benannt hat, vollendete der gerade einmal siebenundzwanzigjährige Komponist Rudi Stephan (geb. 1887 in Worms, gefallen 1915 an der russischen Ostfront) seine erste Oper: "Die ersten Menschen". Es wird seine letztes großes Werk sein.
Nach dem Musikstudium in Frankfurt am Main und München lebt Rudi Stephan als freischaffender Komponist in der bayerischen Landeshauptstadt. Zunächst hat er keinen Erfolg mit seinen Werken. Aber ein Kritiker schreibt 1912 über seine Musik für sieben Saiteninstrumente: "Hier hat sich eine eigene, neuartige Tonsprache von überraschender klanglicher Ausgiebigkeit herangebildet, deren Absonderlichkeiten auch da, wo sie zunächst befremden, den Stempel des Gemussten, nicht des Ertüftelten tragen."
Rudi Stephan selbst bezeichnet "Die ersten Menschen" als sein Hauptwerk. Die Oper entstand in den Jahren 1909 bis 1914, die Uraufführung war an der Frankfurter Oper für Winter 1915 geplant - da lebte er schon nicht mehr.
Librettovorlage ist das Erotische Mysterium "Die ersten Menschen" von Otto Borngräber von 1908, das bei seiner Münchener Uraufführung 1912 zu einem Skandal führte und für das gesamte Königreich Bayern verboten wurde.
Die Oper wurde am 20. Juli 1920 in Frankfurt am Main uraufgeführt, die Resonanz bei der Fachkritik war positiv, beim Publikum allerdings nicht, so dass nur wenige Aufführungen zustande kamen. Erst eine Umarbeitung und Kürzung um ungefähr ein Drittel der Partitur durch Karl Holl, inklusive der "Bereinigung" vermeintlich "anstößiger" Stellen, kam die Oper wieder auf die deutschen Spielpläne.
In den frühen 50er-Jahren geriet das Werk in Vergessenheit, bis es in den späten Achtzigern wiederentdeckt wurde, zunächst in bearbeiteter Form und 1998 im Konzerthaus Berlin in nahezu ungestrichener Urfassung.
(nach: Andreas K. W. Meyer, Booklet der CD-Einspielung)
Konzerthaus Berlin
Aufzeichnung vom 19. - 22.11.1998
Rudi Stephan
"Die ersten Menschen"
Oper in zwei Akten
Libretto: Otto Borngräber
Adahm - Siegmund Nimsgern, Bass
Chava - Gabriele Maria Ronge, Sopran
Kajn - Florian Cerny, Bariton
Chabel - Hans Aschenbach, Tenor
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Karl Anton Rickenbacher
nach Ende der Oper ca. 21:12 Uhr Nachrichten