Die ersten Rastafaris
Wie aus Dreadlocks, Musik und einem äthiopischen König eine Religion wurde, davon erzählt der Dokumentarfilm "The First Rasta". Er folgt den Spuren des Gründers der Glaubensgemeinschaft Leonard Percival Howell, genannt "The Gong", der im RastafarIsmus Elemente aus dem Christentum, dem Judentum und dem Hinduismus vereint.
Jamaika im Jahr 2010: ein junger Mann mit Rasta-Locken läuft durch die Straßen und fragt Passanten, ob sie einen gewissen Leonard Howell kennen. Er nennt ihn "The Gong", er fragt nach Pinnacle. Aber: Niemand weiß etwas.
Aus dem Film:
"Leonard Howell? No. Trinityville?"
So beginnt Hélène Lees Dokumentarfilm "The First Rasta", der nach den Spuren des Gründers der Rasta-Bewegung sucht.
" Alte Frau:
"Leonard Percival Howell. We called him 'Gong'." "
Howell wurde 1898 im kolonialen Jamaika geboren. Der Vater war Laienprediger der anglikanischen Kirche, der Kirche der weißen Kolonialherren. Mit 17 verlässt Howell Jamaika und fährt zur See. Er trifft politische und Wirtschaftsflüchtlinge und auch jüdische Überlebende von Pogromen. Er liest die Schriften Lenins; er erlebt, wie Menschen ihre Arbeitskraft für wenig Geld in Fabriken und Sweatshops verkaufen, und wie aus den Bauern seiner Heimat Sklaven der Agrarindustrie werden. Howell geht nach Harlem, dem Mekka des "New Negro". Hier begegnet er Marcus Garvey, der ebenfalls aus Jamaika stammt.
Marcus Garvey: "Africa for the Africans!"
"Afrika für die Afrikaner" – in New York trifft Howell auch auf Juden aus Afrika. Er hört ihre Forderung nach Repatriierung. 1932 wird Howell von den USA nach Jamaika abgeschoben. Dort zieht er sich ins Gebirge zurück und beginnt, die Unabhängigkeit des Landes zu predigen. 1936 veröffentlicht er ein Pamphlet, den "Promised Key".
Ras Miguel Lorne: "Leonard Howell war der erste, der auf Haile Selassie zeigte – als den Allmächtigen, als die Reinkarnation Christi und als den schwarzen Messias."
Der Anwalt und Verleger Ras Miguel Lorne steht in seinem Buchladen in Kingston. Er hat Dreadlocks bis zu den Kniekehlen; auf seiner Brust prangt ein Davidstern in den panafrikanischen Farben grün, gelb und rot mit dem siegreichen Löwen des Stammes Juda, dem Zeichen für die äthiopischen Könige – darunter auch Haile Selassie.
Ras Miguel Lorne: "Und daher erachtet man Howell als den ersten Rasta, als den ersten Verkünder unseres Glaubens. Und auf jeden Fall als den, der die schwerste Bürde zu tragen hatte zu Beginn des RastafarI-Stammes."
Allerdings veröffentlicht Howell das Traktat nicht unter seinem eigenen Namen, sondern unter dem indischen Namen "Gangunguru Maragh".
"Wussten Sie eigentlich, dass diese Locken, die die Rastas tragen, ein Abbild des Gottes Shiva im Meditationszustand sind? Und auch diese Art zu rauchen ... "
Ende des 19. Jahrhunderts kam eine große Gruppe Inder nach Jamaika. Sie ersetzten die Arbeitskräfte, die nach der Abschaffung der Sklaverei fehlten. 24.000 von ihnen blieben in Jamaika.
"Ganja ist heilig. Man benutzte es so wie andere Kirchen Weihrauch und Myrrhe: um Gott näherzukommen."
Ganja, also Marihuana, ist das heilige Kraut der Rastas, erklärt der Alt-Rasta Ramden Baulgoubind. Howell betreibt in den 40er-Jahren das, was man heute theologisch als "Synkretismus" bezeichnet: Er entlehnt sich aus den anderen Glaubensformen das, was ihm in seiner Situation und für seine Religion am geeignetsten erscheint. Und so treffen sich im aufkommenden RastafarIsmus Elemente aus dem Christentum, dem Judentum und dem Hinduismus.
Zu Beginn der 40er-Jahre gründet Howell die Kommune "Pinnacle", auf der über die Jahre zirka 3000 Jamaikaner spirituelle und ökonomische Unabhängigkeit von den Kolonialherren finden. Ende der 50er-Jahre wird Pinnacle von der Polizei aufgelöst, da sie den Herrschenden ein Dorn im Auge ist. Als Grund gibt man den Handel mit Ganja an. Howell wird in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen.
Die Rastas werden vertrieben, siedeln sich in den Gettos auf Jamaika an und verbreiten ihre spirituellen Ideen weiter. Howell selbst stirbt im Januar 1981 – nur drei Monate vor seinem bekanntesten Anhänger, Bob Marley.
Diese Geschichte erzählt der Dokumentarfilm "The First Rasta". Man kann ihm einige Schwächen vorwerfen: Zum einen wird der RastafarI-Glaube relativ unkritisch dargestellt. Zudem werden viele Bilder aus Dokumentar- und Spielfilmen gleichberechtigt nebeneinander gestellt.
Letztlich ist "The First Rasta" aber ein wichtiger Film, da er bislang kaum bekannte Details über die Entstehung von RastafarI vermittelt. Und er sammelt die Aussagen der letzten Zeitzeugen, die die Entstehung der heute international bekannten Glaubensgemeinschaft miterlebt haben.
Mehr bei dradio.de:
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Woran Bob Marley glaubte
Aus dem Film:
"Leonard Howell? No. Trinityville?"
So beginnt Hélène Lees Dokumentarfilm "The First Rasta", der nach den Spuren des Gründers der Rasta-Bewegung sucht.
" Alte Frau:
"Leonard Percival Howell. We called him 'Gong'." "
Howell wurde 1898 im kolonialen Jamaika geboren. Der Vater war Laienprediger der anglikanischen Kirche, der Kirche der weißen Kolonialherren. Mit 17 verlässt Howell Jamaika und fährt zur See. Er trifft politische und Wirtschaftsflüchtlinge und auch jüdische Überlebende von Pogromen. Er liest die Schriften Lenins; er erlebt, wie Menschen ihre Arbeitskraft für wenig Geld in Fabriken und Sweatshops verkaufen, und wie aus den Bauern seiner Heimat Sklaven der Agrarindustrie werden. Howell geht nach Harlem, dem Mekka des "New Negro". Hier begegnet er Marcus Garvey, der ebenfalls aus Jamaika stammt.
Marcus Garvey: "Africa for the Africans!"
"Afrika für die Afrikaner" – in New York trifft Howell auch auf Juden aus Afrika. Er hört ihre Forderung nach Repatriierung. 1932 wird Howell von den USA nach Jamaika abgeschoben. Dort zieht er sich ins Gebirge zurück und beginnt, die Unabhängigkeit des Landes zu predigen. 1936 veröffentlicht er ein Pamphlet, den "Promised Key".
Ras Miguel Lorne: "Leonard Howell war der erste, der auf Haile Selassie zeigte – als den Allmächtigen, als die Reinkarnation Christi und als den schwarzen Messias."
Der Anwalt und Verleger Ras Miguel Lorne steht in seinem Buchladen in Kingston. Er hat Dreadlocks bis zu den Kniekehlen; auf seiner Brust prangt ein Davidstern in den panafrikanischen Farben grün, gelb und rot mit dem siegreichen Löwen des Stammes Juda, dem Zeichen für die äthiopischen Könige – darunter auch Haile Selassie.
Ras Miguel Lorne: "Und daher erachtet man Howell als den ersten Rasta, als den ersten Verkünder unseres Glaubens. Und auf jeden Fall als den, der die schwerste Bürde zu tragen hatte zu Beginn des RastafarI-Stammes."
Allerdings veröffentlicht Howell das Traktat nicht unter seinem eigenen Namen, sondern unter dem indischen Namen "Gangunguru Maragh".
"Wussten Sie eigentlich, dass diese Locken, die die Rastas tragen, ein Abbild des Gottes Shiva im Meditationszustand sind? Und auch diese Art zu rauchen ... "
Ende des 19. Jahrhunderts kam eine große Gruppe Inder nach Jamaika. Sie ersetzten die Arbeitskräfte, die nach der Abschaffung der Sklaverei fehlten. 24.000 von ihnen blieben in Jamaika.
"Ganja ist heilig. Man benutzte es so wie andere Kirchen Weihrauch und Myrrhe: um Gott näherzukommen."
Ganja, also Marihuana, ist das heilige Kraut der Rastas, erklärt der Alt-Rasta Ramden Baulgoubind. Howell betreibt in den 40er-Jahren das, was man heute theologisch als "Synkretismus" bezeichnet: Er entlehnt sich aus den anderen Glaubensformen das, was ihm in seiner Situation und für seine Religion am geeignetsten erscheint. Und so treffen sich im aufkommenden RastafarIsmus Elemente aus dem Christentum, dem Judentum und dem Hinduismus.
Zu Beginn der 40er-Jahre gründet Howell die Kommune "Pinnacle", auf der über die Jahre zirka 3000 Jamaikaner spirituelle und ökonomische Unabhängigkeit von den Kolonialherren finden. Ende der 50er-Jahre wird Pinnacle von der Polizei aufgelöst, da sie den Herrschenden ein Dorn im Auge ist. Als Grund gibt man den Handel mit Ganja an. Howell wird in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen.
Die Rastas werden vertrieben, siedeln sich in den Gettos auf Jamaika an und verbreiten ihre spirituellen Ideen weiter. Howell selbst stirbt im Januar 1981 – nur drei Monate vor seinem bekanntesten Anhänger, Bob Marley.
Diese Geschichte erzählt der Dokumentarfilm "The First Rasta". Man kann ihm einige Schwächen vorwerfen: Zum einen wird der RastafarI-Glaube relativ unkritisch dargestellt. Zudem werden viele Bilder aus Dokumentar- und Spielfilmen gleichberechtigt nebeneinander gestellt.
Letztlich ist "The First Rasta" aber ein wichtiger Film, da er bislang kaum bekannte Details über die Entstehung von RastafarI vermittelt. Und er sammelt die Aussagen der letzten Zeitzeugen, die die Entstehung der heute international bekannten Glaubensgemeinschaft miterlebt haben.
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