Die Frankfurter Chormänner

Von Daniela Mayer |
Im Frankfurter Stadtteil Seckbach, auch das "singende Seckbach" genannt, haben Chöre seit jeher Tradition. Doch auch dort hat sich der allgemeine Mangel an Nachwuchssängern in den letzten Jahren bemerkbar gemacht. Mit einer Ausnahme: die Männer der Sängervereinigung Frankfurt-Seckbach, auch als "Frankfurter Chormänner" bekannt, haben es dank origineller Ideen und mit einem modernen Programm geschafft, ihre Mitgliederzahl im Männerchor zu erhöhen.
30 Männer, ein Schifferklavier und jede Menge Apfelwein.
So klingen die Männer der Sängervereinigung Frankfurt-Seckback, auch die Frankfurter Chormänner genannt. Nicht bei einem Auftritt, sondern beim fröhlichen Singen in ihrer Stammkneipe "Zur Krone".

Ein spontanes Gesangsgelage, das sich die Seckbacher Sänger auch redlich verdient haben. Noch wenige Minuten zuvor saßen sie still, fleissig und diszipliniert oben unterm Dach der Schenke, bei ihrer wöchentlichen Choprobe. Und da klangen die Herren noch ganz anders.

Ja, die Frankfurter Chormänner können auch Englisch. Und Hochdeutsch. Und Hessisch. Und Shantys. Und Popsongs. Und Klassiker so wie so.

Laut Wilhelm Rauber, seit 50 Jahren Chormitglied, können sie sogar noch vieles mehr.

Wilhelm Rauber: "Wir singen jetzt auch moderne Lieder wie "Guck mal, nur schöne Leute". Oder Charles Aznavour haben wir drauf. Und mir macht das auch Spaß. Es darf nur nicht das Alte vergessen gehen. Man muss dann eben modern und das Traditionelle kombinieren."

Für den richtigen und ganz besonderen Mix im Repertoire sorgt der Frankfurter Berufsdirigent Oliver Seiler. Er hat nicht nur einen hohen Anspruch an seine Sänger, auch bei der Liedauswahl ist ihm nur das Beste gut genug.

Oliver Seiler: "Also es muss etwas sein, was andere Chöre nicht machen. Das ist mir einfach wichtig. Ich möchte besondere Sachen machen und bin deshalb auch leider oft gezwungen, viele Sachen selbst zu arrangieren. Weil es die einfach nicht gibt. Wichtig ist, es muss ansprechend sein, es muss den Sängern Spaß machen, und es muss das Publikum einfach aufhorchen lassen."

Mit dieser Einstellung hat Oliver Seiler gemeinsam mit dem neuen, jungen Vorstand des Vereins in den letzten Jahren bei den Seckbacher Sängern gründlich aufgeräumt. Mit alten Liedern und alten Klischees.

Chormitglied: "Die meisten glauben, dass die Männerchör nur alt und verbappt sind. Dabei ist Tradition das Weitergeben der Flamme und nicht das Anbeten von Asche."

Richtig. Und genau deshalb haben die Seckbacher ein Programm auf die Beine gestellt, bei dem eben auch Nachwuchssänger wie Stefan Löbig, Feuer fangen können.

Stefan Löbig: "Ich bin dabei seit zwei, drei Monaten etwa. Ich muss sagen, das waren nur wenige Minuten, die mich davon abgehalten haben, hier sofort Flamme und mit Herz dabei zu sein. Weil die Jungs sind so nett und der Olli ist ein super Chorleiter, da hab ich gesagt, hier bleib ich, hier ist es schön."

Tatsächlich sind bei der Sängervereinigung Seckbach in den letzten Jahren Viele geblieben. Und zur Freude von Vorstand Thomas Deichmann auch Neue hinzugekommen.

Thomas Deichmann: "Also die letzten vier Jahre sind doch an die 10 junge Männer, oder 12 sogar, dazu gekommen. Und damit ist es uns gelungen, die Chorstärke auch zu erhalten. Wir sind 33 aktive Sänger. Das waren wir vor fünf Jahren mit einem wesentlich höheren Altersdurchschnitt auch. Also da ist das, was weg gebrochen ist, durch jüngeres Blut auch nach gewachsen."

Zum Erfolg beigetragen haben auch Thomas Deichmanns ungewöhnliche Mittel zur Nachwuchswerbung. Zum Beispiel:

Thomas Deichmann: "Ab und an so Wurfzettelaktionen. Wie jetzt hier, die Gesangspartei, haben wir im Herbst gemacht. Mit einem Bild von Obama. Sehr gagig, sehr witzig. Und das machen wir dann schon auch flächendeckend hier im Stadtteil und im benachbarten Stadtteilen, um auch gerade die jüngeren Männer, bei denen ist es eben besonders schwer die aus der Reserve zu locken, eben auch mal hierher zu ziehen."

Inzwischen ist der Chor auch weit über die Grenzen der umliegenden Stadtteile bekannt. Dank seiner guten Verbindung zu anderen Frankfurter Chören. Mit ihnen zusammen haben sie unter der künstlerischen Leitung von Harald Hohl, die Frankfurter Chormänner Connection gegründet.

Harald Hohl: "Die Frankfurter Chormänner Connection ist ein Zusammenschluss aus vielen, vielen Männern, singenden Männern, die in verschiedenen Frankfurter Chören auch singen. Wir haben uns letztes Jahr zusammen getan und mit hundert Männern ein großes Konzert gemacht. Mit dem Ziel auch einfach mal zu zeigen, was Männerchorgesang auch sein kann. Mit einem Programm, wo am Ende wirklich hundert Männer auf der Bühne gestanden haben - im Alter zwischen 26, war der Jünste und 82 der Älteste - und gesungen haben: It´s my life, it´s now or never."

Auch in diesem Jahr werden die Frankfurter Chormänner wieder ein solches Konzert organisieren. Mit diesem und anderen modernen Liedern und zusammen mit angesagten Frankfurter Bands. Damit sie noch mehr junge Männer davon zu überzeugen können, dass Chorsingen Zukunft hat.

Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.