Die Frau hinter den großen Namen
Am Anfang stand ihre Liebe zu England und zu den Büchern von Charles Dickens. Dann kam der britische Punk und ließ Conny Lösch nicht mehr los. Heute hat die 41-Jährige ihre Faszination für englischsprachige Literatur und Musik bestens verbunden: Sie übersetzt die Biografien und Bücher großer Musiker wie Gail Jones, Simon Reynolds und Jon Savage ins Deutsche. Dass ihren Namen kaum einer kennt, stört sie dabei nicht.
"Wir sind das erste Mal nach England gefahren, es war 77, und auf den Straßen sah man überall Punks. Und mein Vater hat sich fürchterlich aufgeregt und hat geschimpft und meinte, die gehörten alle nach Sibirien geschickt. Und da hab ich mir gedacht: Das sind meine Freunde! Das sind meine Leute!"
Conny Lösch sitzt in der Küche ihrer Berliner Wohnung – schwarzes Kleid, lange braune Haare mit Pony, braune Knopfaugen. Gleich bei ihrem ersten England-Besuch hat sie sich in das Land verliebt. Damals war sie zehn Jahre alt. Selbst ein Punk zu werden, kam für sie da natürlich noch nicht infrage.
"Als ich das erste Mal in England war, war eher Charles Dickens wichtig. Da gab es die frühen BBC-Verfilmungen von David Copperfield und auch von Nicholas Nickleby, und die habe ich geliebt. Und da hab ich auch die Bücher gelesen, erstmal die gekürzten Fassungen, die ich ganz schrecklich fand. Das hat mich total wütend gemacht, weil die Hälfte darin gefehlt hat."
Später hat Conny Lösch Dickens im Original gelesen. Dass sie Anglistik studieren würde, stand schnell fest. Während ihres Studiums hat sie wissenschaftliche Texte übersetzt. Heute wäre es ihr ein Vergnügen, Dickens ins Deutsche zu übertragen: Die 41-jährige Lösch ist Übersetzerin, und am liebsten arbeitet sie an Romanen.
"Romane zu übersetzen, das ist mein Ding! Aber abgesehen davon, wenn man so wollte, und ich ein Fachgebiet sagen müsste, wären es erstens Musikbücher, und zweitens Porno und Sex."
Das heißt vor allem: Biografien aus dem Sexbusiness. Im Moment sitzt Conny Lösch an der Übersetzung der Autobiografie von Natalie McLennan, dem berühmtesten Escort-Girl New Yorks. Doch britische Popmusik hat Conny Lösch nie mehr losgelassen.
Seit ihrer Jugend ist Conny Lösch regelmäßig nach England gereist, auf der Flucht vor dem verschlafenen Darmstadt, wo sie geboren und aufgewachsen ist. Und, wie wohl jeder Jugendliche, auch auf der Flucht vor den Eltern. Geschwister hat Conny Lösch nicht. London ist heute ihr zweites Zuhause.
1997 hat Conny Lösch als Literaturredakteurin bei der Tageszeitung "Junge Welt" in Berlin angefangen, ein Jahr später hat sie sich für die Übersetzung eines Romans des britischen Musikers und Malers Billy Childish beworben. Sie war ein Fan dieses Mannes und seines Buchs und wollte es deutschen Lesern zugänglich machen. "Junger Mann ohne Kleider" wurde ihre erste Romanübersetzung. Auch Löschs Ehemann ist Musiker, allerdings kein Engländer. Kristof Schreuf, früher bei den Hamburger Bands "Kolossale Jugend" und "Brüllen", heute Solomusiker. Mit ihm teilt sie sich ihre geräumige Altbauwohnung in Berlin Kreuzberg, nahe der Oberbaumbrücke. Hier verbringt sie auch den größten Teil ihrer Zeit – beim Übersetzen.
"Ich arbeite sehr viel. Ich arbeite eigentlich immer. Wenn Übersetzen nicht mein Beruf wäre, wäre es wahrscheinlich mein Hobby. Ich mache es sehr, sehr gerne."
Aber wie übersetzt man eigentlich ein Buch?
"Von vorne nach hinten. Das ist wie Lesen. Ich lese den Text auch nicht vorher. Ich habe mich früher immer geschämt, das zuzugeben, weil ich immer dachte, man hält mich dann für faul. Aber der Grund, warum ich das nicht mache, ist nicht Faulheit. Das würde mir den Spaß nehmen."
Übersetzen ist für Conny Lösch mehr als ein Broterwerb: Mit besser bezahlten Aufträgen finanziert sie die Arbeit an Büchern, für deren Übersetzung kaum Geld da ist, die ihr aber am Herzen liegen. Zum Thema Popmusik hat Conny Lösch schon einige Standardwerke übersetzt, etwa Simon Reynolds "Rip It Up And Start Again" über die musikalischen Folgen von Punk, oder Jon Savages berühmte Punk-Chronik "England’s Dreaming". Ihr Name ist dennoch kaum jemandem ein Begriff.
"Meistens werden Übersetzer dann wahrgenommen, wenn man sich über sie beschwert. Es ist tatsächlich so, dass Übersetzer zu wenig gelobt werden. Und zu wenig erwähnt werden."
Eigene literarische Ambitionen hat Conny Lösch aber gar nicht:
"Das ist was, worüber ich mir manchmal Gedanken mache. Ob es gut ist, ein guter Schriftsteller zu sein, um ein guter Übersetzer zu sein. Oder, ob man kein guter Schriftsteller sein muss. Und ich weiß nicht. Ich denke, dass ich schreiben kann, aber ich habe nicht Bücher in mir, die unbedingt rausmüssen."
Beim Blick auf ihren Schreibtisch eröffnet sich dann aber noch ein ganz anderes Talent der Übersetzerin, das offenbar raus muss: Die Beatles stehen dort, in ihren Sgt.-Peppers-Uniformen – etwa fünf Zentimeter groß, liebevoll gearbeitet aus Fimo-Knetmasse.
"Die habe ich selbst gemacht, natürlich! Ich kann dir noch mehr zeigen."
Conny Lösch führt zu einer Vitrine im Flur, in der Miniaturbands aus Knete arrangiert sind, teils mit Instrumenten: Noch mehr Beatles, The Who, die Ramones. Nebenan sitzt Ehemann Kristof Schreuf in seinem Arbeitszimmer. Er ist stolz auf seine Frau, die um ihre Person so wenig Aufhebens macht:
"Conny ist fast für mich ein bisschen zu uneitel."
Conny Lösch sitzt in der Küche ihrer Berliner Wohnung – schwarzes Kleid, lange braune Haare mit Pony, braune Knopfaugen. Gleich bei ihrem ersten England-Besuch hat sie sich in das Land verliebt. Damals war sie zehn Jahre alt. Selbst ein Punk zu werden, kam für sie da natürlich noch nicht infrage.
"Als ich das erste Mal in England war, war eher Charles Dickens wichtig. Da gab es die frühen BBC-Verfilmungen von David Copperfield und auch von Nicholas Nickleby, und die habe ich geliebt. Und da hab ich auch die Bücher gelesen, erstmal die gekürzten Fassungen, die ich ganz schrecklich fand. Das hat mich total wütend gemacht, weil die Hälfte darin gefehlt hat."
Später hat Conny Lösch Dickens im Original gelesen. Dass sie Anglistik studieren würde, stand schnell fest. Während ihres Studiums hat sie wissenschaftliche Texte übersetzt. Heute wäre es ihr ein Vergnügen, Dickens ins Deutsche zu übertragen: Die 41-jährige Lösch ist Übersetzerin, und am liebsten arbeitet sie an Romanen.
"Romane zu übersetzen, das ist mein Ding! Aber abgesehen davon, wenn man so wollte, und ich ein Fachgebiet sagen müsste, wären es erstens Musikbücher, und zweitens Porno und Sex."
Das heißt vor allem: Biografien aus dem Sexbusiness. Im Moment sitzt Conny Lösch an der Übersetzung der Autobiografie von Natalie McLennan, dem berühmtesten Escort-Girl New Yorks. Doch britische Popmusik hat Conny Lösch nie mehr losgelassen.
Seit ihrer Jugend ist Conny Lösch regelmäßig nach England gereist, auf der Flucht vor dem verschlafenen Darmstadt, wo sie geboren und aufgewachsen ist. Und, wie wohl jeder Jugendliche, auch auf der Flucht vor den Eltern. Geschwister hat Conny Lösch nicht. London ist heute ihr zweites Zuhause.
1997 hat Conny Lösch als Literaturredakteurin bei der Tageszeitung "Junge Welt" in Berlin angefangen, ein Jahr später hat sie sich für die Übersetzung eines Romans des britischen Musikers und Malers Billy Childish beworben. Sie war ein Fan dieses Mannes und seines Buchs und wollte es deutschen Lesern zugänglich machen. "Junger Mann ohne Kleider" wurde ihre erste Romanübersetzung. Auch Löschs Ehemann ist Musiker, allerdings kein Engländer. Kristof Schreuf, früher bei den Hamburger Bands "Kolossale Jugend" und "Brüllen", heute Solomusiker. Mit ihm teilt sie sich ihre geräumige Altbauwohnung in Berlin Kreuzberg, nahe der Oberbaumbrücke. Hier verbringt sie auch den größten Teil ihrer Zeit – beim Übersetzen.
"Ich arbeite sehr viel. Ich arbeite eigentlich immer. Wenn Übersetzen nicht mein Beruf wäre, wäre es wahrscheinlich mein Hobby. Ich mache es sehr, sehr gerne."
Aber wie übersetzt man eigentlich ein Buch?
"Von vorne nach hinten. Das ist wie Lesen. Ich lese den Text auch nicht vorher. Ich habe mich früher immer geschämt, das zuzugeben, weil ich immer dachte, man hält mich dann für faul. Aber der Grund, warum ich das nicht mache, ist nicht Faulheit. Das würde mir den Spaß nehmen."
Übersetzen ist für Conny Lösch mehr als ein Broterwerb: Mit besser bezahlten Aufträgen finanziert sie die Arbeit an Büchern, für deren Übersetzung kaum Geld da ist, die ihr aber am Herzen liegen. Zum Thema Popmusik hat Conny Lösch schon einige Standardwerke übersetzt, etwa Simon Reynolds "Rip It Up And Start Again" über die musikalischen Folgen von Punk, oder Jon Savages berühmte Punk-Chronik "England’s Dreaming". Ihr Name ist dennoch kaum jemandem ein Begriff.
"Meistens werden Übersetzer dann wahrgenommen, wenn man sich über sie beschwert. Es ist tatsächlich so, dass Übersetzer zu wenig gelobt werden. Und zu wenig erwähnt werden."
Eigene literarische Ambitionen hat Conny Lösch aber gar nicht:
"Das ist was, worüber ich mir manchmal Gedanken mache. Ob es gut ist, ein guter Schriftsteller zu sein, um ein guter Übersetzer zu sein. Oder, ob man kein guter Schriftsteller sein muss. Und ich weiß nicht. Ich denke, dass ich schreiben kann, aber ich habe nicht Bücher in mir, die unbedingt rausmüssen."
Beim Blick auf ihren Schreibtisch eröffnet sich dann aber noch ein ganz anderes Talent der Übersetzerin, das offenbar raus muss: Die Beatles stehen dort, in ihren Sgt.-Peppers-Uniformen – etwa fünf Zentimeter groß, liebevoll gearbeitet aus Fimo-Knetmasse.
"Die habe ich selbst gemacht, natürlich! Ich kann dir noch mehr zeigen."
Conny Lösch führt zu einer Vitrine im Flur, in der Miniaturbands aus Knete arrangiert sind, teils mit Instrumenten: Noch mehr Beatles, The Who, die Ramones. Nebenan sitzt Ehemann Kristof Schreuf in seinem Arbeitszimmer. Er ist stolz auf seine Frau, die um ihre Person so wenig Aufhebens macht:
"Conny ist fast für mich ein bisschen zu uneitel."