Die Geburt der Moderne in den Höhlen der Eiszeit
Eine 23.000 Jahre alte Venus oder eine 13.000 Jahre alte Rentierskulptur: Die Ausstellung "Ice age art - arrival of the modern mind" im British Museum in London konzentriert sich ganz auf Kunstwerke aus der Frühzeit der Menschheit. Diese weisen erstaunliche Ähnlichkeiten zu Meisterwerken der Moderne auf.
Als erstes fällt der Blick auf die 15 cm kleine abstrakte Frauenfigur in einer schlichten klimatisierten Glasvitrine. Ein schmaler Kopf, große hängende Brüste, ein ausgeprägter Po.
"Die meisten Menschen, die durch die Tür kommen, schauen darauf und fragen sich: Wer war der Künstler, der das geschaffen hat. Und wann war das im 20. Jahrhundert?"
Keine unberechtigte Frage, gibt Jill Cook zu, denn Picasso war fasziniert von der Venus von Lespugue, die ihm als Vorbild für eigene kubistische Nachbildungen diente.
Tatsächlich aber ist diese Venus 23.000 Jahre alt und begrüßt als erstes der 120 Exponate den Besucher. Die Kuratorin Jill Cook hat die Ausstellung "Ice Age Art" – Eiszeitkunst – die Ankunft des modernen Geistes mit Leihgaben aus vielen europäischen Museen zusammengestellt.
"Es ist die erste Ausstellung in Europa, die sich wirklich auf die Kunst konzentriert. Anstatt auch die ganzen Steinwerkzeuge und jene Dinge zu zeigen, die Archäologen hilft, jenseits der Kunst die Gesellschaft der frühen Menschen zu erfassen, zeigen wir nur deren Kunst."
Das ist das eigentlich Bahnbrechende der Ausstellung im britischen Museum: Sie schreibt vielleicht nicht die Kunstgeschichte neu, aber sie fasst sie viel weiter als üblich und korrigiert den Eindruck, dass Kunst und Kultur in Europa eigentlich erst mit den Griechen begonnen hätten.
Stattdessen wird erfahrbar, dass schon vor 40.000 Jahren Kunst geschaffen wurde; Kunst als Ergebnis des Speicherns von Ideen im Kopf und ihrer Umsetzung in Stein, Ton oder Knochen. Hier waren nicht irgendwelche Wilde am Werk.
"Die waren eindeutig so geschickt wie wir. Es waren hochbefähigte Handwerker, die sich hervorragend auskannten mit Mammut-Elfenbein etwa, das extrem schwierig zu bearbeiten ist. Und es ist klar, dass wir hier es hier nicht mit alltäglichen Gebrauchsgegenständen zu tun haben, sondern mit Kunstwerken erfahrener Künstler."
Viele dienten modernen Malern und Bildhauern als Vorbild, Henry Moore etwa oder Piet Mondrian, von denen Vergleichsarbeiten ausgestellt sind. Doch sie verblassen fast angesichts der alten wunderbaren Skulpturen korpulenter Frauen, manche realistisch, andere abstrakt Mutterschaft symbolisierend. Unklar bleibt, von wem sie geschaffen wurden.
"Ich habe das Gefühl, weil es so viele Schwangere und Mütter gibt und in traditionellen Gesellschaften Männer damit nicht so schrecklich viel zu schaffen hatten, dass sie sehr gut von Frauen für Frauen gemacht wurden."
Zu sehen sind Meisterwerke wie die beiden schwimmenden Rentiere, die aus einem Mammutstoßzahn geschnitzt wurden und 13.000 Jahre alt sind. Oder 40.000 Jahre alt der Mann mit Löwenkopf, die früheste bekannte Figurenskulptur, wofür der Künstler Berechnungen zufolge 400 Stunden benötigt haben dürfte.
Kaum vorstellbar heute, welche Beschwernisse jene frühen Künstler auf sich nahmen, um unter dem flackernden Schein von Fettlampen in dunklen, feuchten und eiskalten Höhlen monatelang zu arbeiten. Eine Installation versetzt den Besucher optisch und akustisch in ihre Lage und projiziert ihre herrlichen Malereien per Video auf die Museumswand …
"Wenn man tief unter der Erde steckte, hat man die Tiere ja nicht vor sich als Modell. Man musste sich erinnern, sie sich vorstellen können. Und das Wunderbare ist an diesen Bildern ist, dass viele von ihnen die Proportionen und Größe der Tiere genau abbilden."
Die Bewegungen der Bisons, Antilopen und Pferde wurden von keinen Künstlern exakter und realistischer dargestellt, so lautet eine neue Erkenntnis ungarischer Wissenschaftler, als von jenen der Eiszeit in ihren Höhlenmalereien von Chauvet, Lascaux oder Altamira. Schon sie benutzten künstlerische Grundtechniken, die sich seither wenig geändert hätten, sagt Jill Cook. Deswegen sei es überfällig, die Zeitbarriere zu diesen Künstlern einzureißen:
"Wir haben sie schon viel zu lang von uns abgetrennt mit Hilfe des schrecklichen Attributs 'prä-historisch' und hoffentlich bringen wir nun alle zusammen, in dem wir uns bewusst werden über unsere lange Vergangenheit und die Ursprünge unserer Kunst."
Service:
Die Ausstellung "Ice Age art - arrival of the modern mind" ist bis zum 26. Mai im British Museum in London zu sehen.
"Die meisten Menschen, die durch die Tür kommen, schauen darauf und fragen sich: Wer war der Künstler, der das geschaffen hat. Und wann war das im 20. Jahrhundert?"
Keine unberechtigte Frage, gibt Jill Cook zu, denn Picasso war fasziniert von der Venus von Lespugue, die ihm als Vorbild für eigene kubistische Nachbildungen diente.
Tatsächlich aber ist diese Venus 23.000 Jahre alt und begrüßt als erstes der 120 Exponate den Besucher. Die Kuratorin Jill Cook hat die Ausstellung "Ice Age Art" – Eiszeitkunst – die Ankunft des modernen Geistes mit Leihgaben aus vielen europäischen Museen zusammengestellt.
"Es ist die erste Ausstellung in Europa, die sich wirklich auf die Kunst konzentriert. Anstatt auch die ganzen Steinwerkzeuge und jene Dinge zu zeigen, die Archäologen hilft, jenseits der Kunst die Gesellschaft der frühen Menschen zu erfassen, zeigen wir nur deren Kunst."
Das ist das eigentlich Bahnbrechende der Ausstellung im britischen Museum: Sie schreibt vielleicht nicht die Kunstgeschichte neu, aber sie fasst sie viel weiter als üblich und korrigiert den Eindruck, dass Kunst und Kultur in Europa eigentlich erst mit den Griechen begonnen hätten.
Stattdessen wird erfahrbar, dass schon vor 40.000 Jahren Kunst geschaffen wurde; Kunst als Ergebnis des Speicherns von Ideen im Kopf und ihrer Umsetzung in Stein, Ton oder Knochen. Hier waren nicht irgendwelche Wilde am Werk.
"Die waren eindeutig so geschickt wie wir. Es waren hochbefähigte Handwerker, die sich hervorragend auskannten mit Mammut-Elfenbein etwa, das extrem schwierig zu bearbeiten ist. Und es ist klar, dass wir hier es hier nicht mit alltäglichen Gebrauchsgegenständen zu tun haben, sondern mit Kunstwerken erfahrener Künstler."
Viele dienten modernen Malern und Bildhauern als Vorbild, Henry Moore etwa oder Piet Mondrian, von denen Vergleichsarbeiten ausgestellt sind. Doch sie verblassen fast angesichts der alten wunderbaren Skulpturen korpulenter Frauen, manche realistisch, andere abstrakt Mutterschaft symbolisierend. Unklar bleibt, von wem sie geschaffen wurden.
"Ich habe das Gefühl, weil es so viele Schwangere und Mütter gibt und in traditionellen Gesellschaften Männer damit nicht so schrecklich viel zu schaffen hatten, dass sie sehr gut von Frauen für Frauen gemacht wurden."
Zu sehen sind Meisterwerke wie die beiden schwimmenden Rentiere, die aus einem Mammutstoßzahn geschnitzt wurden und 13.000 Jahre alt sind. Oder 40.000 Jahre alt der Mann mit Löwenkopf, die früheste bekannte Figurenskulptur, wofür der Künstler Berechnungen zufolge 400 Stunden benötigt haben dürfte.
Kaum vorstellbar heute, welche Beschwernisse jene frühen Künstler auf sich nahmen, um unter dem flackernden Schein von Fettlampen in dunklen, feuchten und eiskalten Höhlen monatelang zu arbeiten. Eine Installation versetzt den Besucher optisch und akustisch in ihre Lage und projiziert ihre herrlichen Malereien per Video auf die Museumswand …
"Wenn man tief unter der Erde steckte, hat man die Tiere ja nicht vor sich als Modell. Man musste sich erinnern, sie sich vorstellen können. Und das Wunderbare ist an diesen Bildern ist, dass viele von ihnen die Proportionen und Größe der Tiere genau abbilden."
Die Bewegungen der Bisons, Antilopen und Pferde wurden von keinen Künstlern exakter und realistischer dargestellt, so lautet eine neue Erkenntnis ungarischer Wissenschaftler, als von jenen der Eiszeit in ihren Höhlenmalereien von Chauvet, Lascaux oder Altamira. Schon sie benutzten künstlerische Grundtechniken, die sich seither wenig geändert hätten, sagt Jill Cook. Deswegen sei es überfällig, die Zeitbarriere zu diesen Künstlern einzureißen:
"Wir haben sie schon viel zu lang von uns abgetrennt mit Hilfe des schrecklichen Attributs 'prä-historisch' und hoffentlich bringen wir nun alle zusammen, in dem wir uns bewusst werden über unsere lange Vergangenheit und die Ursprünge unserer Kunst."
Service:
Die Ausstellung "Ice Age art - arrival of the modern mind" ist bis zum 26. Mai im British Museum in London zu sehen.