"Die gescheiteste deutsche Wochenzeitung"

Von Stephan Beuting |
Die Wochenzeitung "Freitag" ist ein echtes Produkt der Wende. 1990 fusionierten die "Deutsche Volkszeitung" aus dem Westen und der "Sonntag" aus dem Osten zu einem gemeinsamen Blatt. Auch wenn es zwischenzeitlich in wirtschaftliche Turbulenzen geriet, konnte sich die Zeitung am Markt behaupten.
Am 1. Juni, bemerkenswerter Weise einem Sonntag, übernimmt der Verleger Jakob Augstein die Ost-West-Wochenzeitung "Freitag". Das linke Blatt ist ein echtes Produkt der Wende: Fusioniert aus der DDR-Wochenzeitung "Sonntag" und der "Deutschen Volkszeitung" aus Westdeutschland.

Die "Deutsche Volkszeitung" war ein Blatt, das der orthodox-kommunistischen DKP nahe stand. Den "Sonntag" hatten die DDR-Leser noch in guter Erinnerung, denn der war ein wenig freier in seiner Berichterstattung als die durchschnittlichen Presseerzeugnisse in der DDR. Nach 1989 gerieten jedoch gerade jene Blätter, die den Demokratie-Aufbruch in der DDR mitgetragen hatten, schnell in Existenznot. Deshalb suchte der "Sonntag" eine Zukunft mit einem westdeutschen Partner und fand ihn in der Volkszeitung, die damals ebenfalls in Existenznöten steckte.

So gründeten 1990 Intellektuelle aus Ost und West die gemeinsame Wochenzeitung "Freitag". Günther Gaus und Gerburg Treusch-Dieter aus dem Westen, Wolfgang Ullmann und Christoph Hein aus dem Osten waren die ersten Herausgeber, die auch die publizistische Leitlinie des Blattes festlegten. Sie wollten ein unabhängiges Blatt schaffen, ein Diskussionsforum für Ost und West. Das Konzept gilt bis heute und hat auch die schwierigen Zeiten überdauert, die der "Freitag" erlebt hat. In der Gründungszeit konnten noch rund 60.000 Exemplare verkauft werden, die Auflage sank in den Folgejahren ins Bodenlose, 1995 sollte der inzwischen hochdefizitäre "Freitag" eingestellt werden. In einer Rettungsaktion konnte die nun amtierende Eigentümergesellschaft die Wochenzeitung sanieren und in den letzten Jahren die Auflage bei etwa 13.000 Exemplaren stabilisieren. Heute steht die Zeitung wirtschaftlich bei plus-minus-null.

"Der ‚Freitag‘", sagt der Zeitungsjournalist Heribert Prantl, "ist heute die gescheiteste deutsche Wochenzeitung - klein, aber unverwechselbar souverän, bisweilen angenehm anachronistisch." Und nun gehört sie Jakob Augstein.