Die Geschichte der Land-Art-Idee
Raus aus der Galerie, rein in die Natur. Land Art nannte man das in den 1960er Jahren. Damit sollte der Galerieraum erweitert werden. Im Münchner Haus der Kunst wurden die Anfänge dieser Kunstform jetzt aufwendig rekonstruiert.
Ob die Fernsehzuschauer des WDR damals, 1969, schockiert waren oder einfach abschalteten, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Damals zeigte der Sender für einige Sekunden Fotografien, wie sich der US-amerikanische Künstler Keith Arnatt zur besten Sendezeit in die Erde eingräbt: erst die Füße, dann die Beine, zum Schluss den Kopf.
Als Meilenstein der Land Art gelten die acht Fotografien heute. Im Haus der Kunst München bilden sie nur eine der vielen Aspekte der frühen Land Art - Erde in all ihren Funktionen, Formen, Farben und Zuständen. Da ist der naturbelassene Unkrautrasen unter einer Lichtglocke aufgebaut, den regelmäßig ein echtes Schwein kürzt, ein Werk von 1970. Da ist ein Erdquader aus Italien, der kopfüber an der Wand befestigt, den Betrachter zu Assoziationen animiert.
Zahlreiche der Künstler wie Alice Aycock wurden von Kurator Philipp Kaiser angeregt, ihre mittlerweile 40 Jahre alten Kunstwerke erneut aufzubauen. So hat in München die Wüste von Nevada Einzug gehalten. Nasse Erde in quadratischen Holzflächen, die im Laufe der Ausstellung austrocknet und tiefe Risse bekommt, ähnlich den Wüstengebieten weltweit. Die Erde als Medium. Land Art der 1960er Jahre versteht Erde im doppelten Sinne, also auch als Planet. Die Erde von oben, damals noch ohne Google Earth und nicht ständig verfügbar, reizte den Künstler Yves Klein.
Seine Vision in der Serie "Planetary Reliefs", die Erde erstrahle blau von oben, erscheint heute fast naiv, so normal ist die Vorstellung. Doch Klein erhoffte sich mit dem planetaren Blau auch eine Aufhebung der staatlichen Grenzen. Politisch war Land Art anfangs aber noch nicht gemeint, sagt Kurator Philipp Kaiser. Auch an Ökologie oder Naturschutz dachten die Künstler beim Thema Erde anfangs nicht:
"Die frühesten ökologischen Arbeiten, die wir haben sind von 1970. Beuys hat sich auch erst in den 1970er Jahren dafür interessiert. Ökologie war von Anfang an nicht wirklich ein Ziel dieser Künstler. Es ging da darum den Radius zu erweitern, den Außenraum in Beschlag zu nehmen, Den Außenraum in Beziehung zum institutionellen Galerieraum, Museumsraum zu definieren. Es ging vor allem darum im Außenraum Prozesse zu initiieren, die so nicht in einer Galerie hätten stattfinden können."
Der Ausbruch aus der Galerie, die Einbeziehung des Außenraumes in die Kunstwerke war das elementare Ziel der Land Art. Der Isländer Hrein Fridfinnsson stellte dafür 1974 ein Holzhaus in die unwirtlichen heimatlichen Felsen, außen tapeziert und innen mit Wellblechen ausgekleidet.
Die Urbanisierung der Landes, der Missbrauch der Erde als Atomwaffensprengplatz, der rasante Bau der Autobahnen - Land Art hat in der Münchner Ausstellung mit etwa 200 Werken von 100 Künstlern nichts mit schönen Skulpturen in der Landschaft zu tun. Auch nicht nur mit Megaskulpturen, weshalb die Kuratoren konsequent die zwei eigentlich wegweisenden Land Art Künstler Michael Heizer und Walter De Maria nicht in die Schau aufgenommen haben.
Anfang der 1970er Jahre kommt nicht nur in Israel politische Land Art auf. Erde aus der Heimat wird in der neuen Heimat Israel eingegraben. Ein heute anachronistisch wirkendes Statement von der verlorenen Heimatscholle.
Viele der damaligen Kunstwerke sind in der Ausstellung als Fotos präsent, die Ausstellung wird so stellenweise zum kunsthistorischen Seminar, das trotz der zeitlichen Entfernung dem Betrachter eine Art Unschuld im Umgang mit einer noch nicht globalisierten, digitalisierten, bis in den letzten Zentimeter vermessenen Welt nahebringt.
In den späten 1960er Jahren gab es einen unglaublich intensiven Austausch gerade zwischen Deutschland und den USA, also letzten Endes war das auf New York, das Rheinland, Düsseldorf und München beschränkt, sagt Kaiser. Also kein rein amerikanisches Phänomen, wie der US-amerikanische Kunstmarkt lange weismachen wollte. Die Idee von der Erde als Kunstwerk ergriff in den 60er Jahren weltweit die Kunstszenen. Und Deutschland hatte eine Vorreiterrolle.
Viele amerikanische Künstler haben damals ihre ersten Ausstellungen in Düsseldorf bei der Konrad Fischer Galerie realisiert anlässlich des Kunstmarktes dort oder auch in München bei Heiner Friedrich, so der Kurator:
"Ich glaube, dass Deutschland in dieser Nachkriegsordnung eine unglaublich liberale, institutionelle Landschaft hatte und sich auch etablieren musste durch den historischen Druck und dadurch unglaublich produktiv wurde und viele Dinge geschafft hat, die in dieser Zeit in New York überhaupt nicht möglich waren(…)."
Ab 1974 verliert die Land Art langsam ihren Zauber der Spontanität, Kommunen beauftragen die Künstler ihre Werke für Parks und städtische Plätze zu schaffen. Die Ausstellung endet deshalb folgerichtig mit der Institutionalisierung dieser Kunstform 1974. Diese erste umfassende Museumspräsentation zu den Anfängen der Land Art besticht durch ihre Vielfalt und unerwarteten optischen Sehachsen. Ein Rückblick in eine Zeit, in der Erde noch Erde roch und nicht nach Asphalt.
Als Meilenstein der Land Art gelten die acht Fotografien heute. Im Haus der Kunst München bilden sie nur eine der vielen Aspekte der frühen Land Art - Erde in all ihren Funktionen, Formen, Farben und Zuständen. Da ist der naturbelassene Unkrautrasen unter einer Lichtglocke aufgebaut, den regelmäßig ein echtes Schwein kürzt, ein Werk von 1970. Da ist ein Erdquader aus Italien, der kopfüber an der Wand befestigt, den Betrachter zu Assoziationen animiert.
Zahlreiche der Künstler wie Alice Aycock wurden von Kurator Philipp Kaiser angeregt, ihre mittlerweile 40 Jahre alten Kunstwerke erneut aufzubauen. So hat in München die Wüste von Nevada Einzug gehalten. Nasse Erde in quadratischen Holzflächen, die im Laufe der Ausstellung austrocknet und tiefe Risse bekommt, ähnlich den Wüstengebieten weltweit. Die Erde als Medium. Land Art der 1960er Jahre versteht Erde im doppelten Sinne, also auch als Planet. Die Erde von oben, damals noch ohne Google Earth und nicht ständig verfügbar, reizte den Künstler Yves Klein.
Seine Vision in der Serie "Planetary Reliefs", die Erde erstrahle blau von oben, erscheint heute fast naiv, so normal ist die Vorstellung. Doch Klein erhoffte sich mit dem planetaren Blau auch eine Aufhebung der staatlichen Grenzen. Politisch war Land Art anfangs aber noch nicht gemeint, sagt Kurator Philipp Kaiser. Auch an Ökologie oder Naturschutz dachten die Künstler beim Thema Erde anfangs nicht:
"Die frühesten ökologischen Arbeiten, die wir haben sind von 1970. Beuys hat sich auch erst in den 1970er Jahren dafür interessiert. Ökologie war von Anfang an nicht wirklich ein Ziel dieser Künstler. Es ging da darum den Radius zu erweitern, den Außenraum in Beschlag zu nehmen, Den Außenraum in Beziehung zum institutionellen Galerieraum, Museumsraum zu definieren. Es ging vor allem darum im Außenraum Prozesse zu initiieren, die so nicht in einer Galerie hätten stattfinden können."
Der Ausbruch aus der Galerie, die Einbeziehung des Außenraumes in die Kunstwerke war das elementare Ziel der Land Art. Der Isländer Hrein Fridfinnsson stellte dafür 1974 ein Holzhaus in die unwirtlichen heimatlichen Felsen, außen tapeziert und innen mit Wellblechen ausgekleidet.
Die Urbanisierung der Landes, der Missbrauch der Erde als Atomwaffensprengplatz, der rasante Bau der Autobahnen - Land Art hat in der Münchner Ausstellung mit etwa 200 Werken von 100 Künstlern nichts mit schönen Skulpturen in der Landschaft zu tun. Auch nicht nur mit Megaskulpturen, weshalb die Kuratoren konsequent die zwei eigentlich wegweisenden Land Art Künstler Michael Heizer und Walter De Maria nicht in die Schau aufgenommen haben.
Anfang der 1970er Jahre kommt nicht nur in Israel politische Land Art auf. Erde aus der Heimat wird in der neuen Heimat Israel eingegraben. Ein heute anachronistisch wirkendes Statement von der verlorenen Heimatscholle.
Viele der damaligen Kunstwerke sind in der Ausstellung als Fotos präsent, die Ausstellung wird so stellenweise zum kunsthistorischen Seminar, das trotz der zeitlichen Entfernung dem Betrachter eine Art Unschuld im Umgang mit einer noch nicht globalisierten, digitalisierten, bis in den letzten Zentimeter vermessenen Welt nahebringt.
In den späten 1960er Jahren gab es einen unglaublich intensiven Austausch gerade zwischen Deutschland und den USA, also letzten Endes war das auf New York, das Rheinland, Düsseldorf und München beschränkt, sagt Kaiser. Also kein rein amerikanisches Phänomen, wie der US-amerikanische Kunstmarkt lange weismachen wollte. Die Idee von der Erde als Kunstwerk ergriff in den 60er Jahren weltweit die Kunstszenen. Und Deutschland hatte eine Vorreiterrolle.
Viele amerikanische Künstler haben damals ihre ersten Ausstellungen in Düsseldorf bei der Konrad Fischer Galerie realisiert anlässlich des Kunstmarktes dort oder auch in München bei Heiner Friedrich, so der Kurator:
"Ich glaube, dass Deutschland in dieser Nachkriegsordnung eine unglaublich liberale, institutionelle Landschaft hatte und sich auch etablieren musste durch den historischen Druck und dadurch unglaublich produktiv wurde und viele Dinge geschafft hat, die in dieser Zeit in New York überhaupt nicht möglich waren(…)."
Ab 1974 verliert die Land Art langsam ihren Zauber der Spontanität, Kommunen beauftragen die Künstler ihre Werke für Parks und städtische Plätze zu schaffen. Die Ausstellung endet deshalb folgerichtig mit der Institutionalisierung dieser Kunstform 1974. Diese erste umfassende Museumspräsentation zu den Anfängen der Land Art besticht durch ihre Vielfalt und unerwarteten optischen Sehachsen. Ein Rückblick in eine Zeit, in der Erde noch Erde roch und nicht nach Asphalt.