Die Geschichte einer Familienfehde
Mit ihren Kolumnen in der "Berliner Zeitung" erlangte Delik Güngör lokale Berühmtheit. Sie schildern die Ansichten einer Deutschen, deren Eltern aus der Türkei stammen. Ihr erster Roman spielt in einem türkischen Dorf, in dem eine Familienfehde zu einem Mord führt. "Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter" ist ein Debüt, das Lust auf mehr macht.
In Berlin und Baden-Württemberg erlangte die 33-jährige Journalistin (1998-2003 "Berliner Zeitung") Dilek Güngör lokale Berühmtheit, denn dort erscheinen Zeitungskolumnen von ihr; "unter uns" heißen sie. "Unter uns", das beschreibt Dilek Güngörs Sicht der Welt, also die Ansichten einer Deutschen, deren Eltern aus der Türkei nach Deutschland kamen. Nachdem Delik Güngörs gesammelte Kolumnen 2004 unter dem Titel "Unter uns" erschienen sind, hat sie jetzt ihren ersten Roman vorgelegt. Sein Titel ist "Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter".
Der Roman spielt zum großen Teil in einem kleinen türkischen Dorf nahe der syrischen Grenze, - ähnlich dem, in dem Dilek Güngörs Vater aufgewachsen ist und das die Autorin auch aus eigener Anschauung, zum Beispiel von Ferienaufenthalten her kennt. In jenem Dorf existiert eine alte Geschichte, über die aber niemand spricht; dabei handelt es sich um Blutrache, also um die Geschichte einer Familienfehde, die in der Vergangenheit immer wieder zu Fememorden geführt hat.
Das letzte Opfer war ein Onkel der Ich-Erzählerin Zeynep, die 33 Jahre alt ist und als Journalistin in Berlin arbeitet; der Roman trägt an verschiedenen Stellen autobiographische Züge. Bei einem Besuch der kranken Großmutter in besagtem Dorf kommt die junge Journalistin hinter das Geheimnis jenes letzten Fememordes, und sie erfährt, dass ihre vermeintlich sympathische Großmutter maßgeblich mit verantwortlich war für die Eskalation der Gewalt.
Um das Grundsatzthema "Ehrenmord", das in Deutschland immer wieder ein Medienthema ist, sei es ihr eigentlich nicht gegangen, erklärt Dilek Güngör. Sie habe schlicht zu schreiben begonnen, ohne zu wissen wohin, und sei dann, ohne darüber nachzudenken, bei ihren Familienwurzeln gelandet. Hinter dem Thema "Fememord" verstecke sich weder eine Kritik der türkischen Gesellschaft noch solle es bestehende Vorurteile bestätigen. Der Roman hält sich in seiner Aussage strikt bedeckt. Dilek Güngörs private Meinung zu dem Thema ist, dass es in jeder Gesellschaft, auch in der deutschen, vergleichbare Formen der Gewalt gebe.
"Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter", - für den Titel zeichnet allein der Verlag verantwortlich, die Autorin wurde überstimmt -, ist ein gelungener Debütroman. Er liest sich sehr flüssig, ist unterhaltsam wie spannend, hat unter anderem mal Reportage-, mal Film-Drehbuch-Charakter.
Die Autorin geht subtil mit der Psychologie des Lesers um, legt Spuren, verwischt sie, öffnet neue. Und sie besticht mit einer Tugend: Sie überzieht den Stoff nie, setzt nicht vordergründig auf Effekte. Der Roman zeichnet sich durch literarische Ruhe, stillen Humor und gutes Timing aus, ist glaubwürdig und entwickelt einen sehr starken Sog: der Leser wird zunehmend neugieriger, lernt behutsam eine andere Welt kennen, wird dabei gelegentlich wiederum auch überrascht, zum Beispiel von der Souveränität der Frauen in jenem beschriebenen Dorf am vermeintlichen Ende einer islamischen Welt.
Dilek Güngörs Stil kommt angenehm unprätentiös daher, fast sparsam, da wird schlicht erzählt und da wird vor allem auch hervorragend beschrieben, denn das ist eine der großen Stärken der Autorin, ihre bewusst lakonischen Alltagsbeschreibungen. "Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter" ist ein Debüt, das Lust auf mehr macht.
Rezensiert von Lutz Bunk
Dilek Güngör: "Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter"
Piper Verlag 2007, 208 Seiten, 16.90 €.
Der Roman spielt zum großen Teil in einem kleinen türkischen Dorf nahe der syrischen Grenze, - ähnlich dem, in dem Dilek Güngörs Vater aufgewachsen ist und das die Autorin auch aus eigener Anschauung, zum Beispiel von Ferienaufenthalten her kennt. In jenem Dorf existiert eine alte Geschichte, über die aber niemand spricht; dabei handelt es sich um Blutrache, also um die Geschichte einer Familienfehde, die in der Vergangenheit immer wieder zu Fememorden geführt hat.
Das letzte Opfer war ein Onkel der Ich-Erzählerin Zeynep, die 33 Jahre alt ist und als Journalistin in Berlin arbeitet; der Roman trägt an verschiedenen Stellen autobiographische Züge. Bei einem Besuch der kranken Großmutter in besagtem Dorf kommt die junge Journalistin hinter das Geheimnis jenes letzten Fememordes, und sie erfährt, dass ihre vermeintlich sympathische Großmutter maßgeblich mit verantwortlich war für die Eskalation der Gewalt.
Um das Grundsatzthema "Ehrenmord", das in Deutschland immer wieder ein Medienthema ist, sei es ihr eigentlich nicht gegangen, erklärt Dilek Güngör. Sie habe schlicht zu schreiben begonnen, ohne zu wissen wohin, und sei dann, ohne darüber nachzudenken, bei ihren Familienwurzeln gelandet. Hinter dem Thema "Fememord" verstecke sich weder eine Kritik der türkischen Gesellschaft noch solle es bestehende Vorurteile bestätigen. Der Roman hält sich in seiner Aussage strikt bedeckt. Dilek Güngörs private Meinung zu dem Thema ist, dass es in jeder Gesellschaft, auch in der deutschen, vergleichbare Formen der Gewalt gebe.
"Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter", - für den Titel zeichnet allein der Verlag verantwortlich, die Autorin wurde überstimmt -, ist ein gelungener Debütroman. Er liest sich sehr flüssig, ist unterhaltsam wie spannend, hat unter anderem mal Reportage-, mal Film-Drehbuch-Charakter.
Die Autorin geht subtil mit der Psychologie des Lesers um, legt Spuren, verwischt sie, öffnet neue. Und sie besticht mit einer Tugend: Sie überzieht den Stoff nie, setzt nicht vordergründig auf Effekte. Der Roman zeichnet sich durch literarische Ruhe, stillen Humor und gutes Timing aus, ist glaubwürdig und entwickelt einen sehr starken Sog: der Leser wird zunehmend neugieriger, lernt behutsam eine andere Welt kennen, wird dabei gelegentlich wiederum auch überrascht, zum Beispiel von der Souveränität der Frauen in jenem beschriebenen Dorf am vermeintlichen Ende einer islamischen Welt.
Dilek Güngörs Stil kommt angenehm unprätentiös daher, fast sparsam, da wird schlicht erzählt und da wird vor allem auch hervorragend beschrieben, denn das ist eine der großen Stärken der Autorin, ihre bewusst lakonischen Alltagsbeschreibungen. "Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter" ist ein Debüt, das Lust auf mehr macht.
Rezensiert von Lutz Bunk
Dilek Güngör: "Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter"
Piper Verlag 2007, 208 Seiten, 16.90 €.