Die Geschichte vom desillusionierten Romantiker
In der Oper "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach geht es um große Gefühle: um Täuschung, Selbsttäuschung und Enttäuschung. Dietrich Hilsdorfs Inszenierung in Essen hat der wohlbekannten Geschichte einige bedenkenswerte neue Facetten hinzugefügt.
Wir sind im Theater, und da werden wir bleiben den ganzen Abend. Der Schauplatz des Stücks, wie das Programmheft ihn ausweist: eine gähnend leere Bühne. Vorn eine Art Regietisch; nicht nur Papiere, sondern auch eine Flasche Wein hat Hoffmann da vor sich. Auf der anderen Bühnenseite ein Klavier, hinten der eiserne, vorne der rote Vorhang. Es bleibt lange hell im Saal. Der Chor der Gäste, der aus der Oper in Luthers Weinkeller kommt, tritt aus dem Parkett auf. Falsche Zuschauer drängen sich noch als Zuspätkommende durch die Reihen und stören, als die echten sich schon gern gemütlich auf die Geschichte auf der Bühne einlassen möchten.
Täuschung, Selbsttäuschung und Enttäuschung - das scheint der Grundakkord dieser Interpretation von "Hoffmanns Erzählungen" zu sein. Der Regisseur Dietrich Hilsdorf setzt an bei der Romantik, der Epoche des Dichters und Kammergerichtsrats E.T.A. Hoffmann, dessen fantastische Erzählungen dem Libretto zu Jacques Offenbachs einziger Oper zugrundeliegen. Aber es ist die krisenhafte, desillusionierte, tief verunsicherte Romantik, eine zwischen Sein und Schein schwankende, in unentdeckte Regionen des Bewusstseins sich vorwagende Epoche. Und das Theater, das Spiel in Wirklichkeit verwandelt und umgekehrt - der Ort, an man Täuschung durchschaut und ihr doch erliegt, wird zur Metapher dieser Existenz. Gefühl, Sehnsucht, der große Aufschwung kommt immer aus dem Defizit an diesem Abend. Die Bühne von Johannes Leiacker bleibt karg, ein paar Versatzstücke müssen genügen für die Reise durch fantastische Welten.
Und auch die Liebe, das große Thema der Erzählungen des verkrachten, unglücklichen Dichters, sieht die Inszenierung schwarz. Es sind nicht drei vermeintlich gegensätzliche Frauen, die Hoffmann mit der Puppe Olympia, der Künstlerin Antonia und der Kurtisane Giulietta begehrt. Es ist immer dieselbe, wie ein Teufelskreis sich wiederholende Geschichte: Täuschung, Selbsttäuschung und Enttäuschung. Abhängigkeit, Vereinnahmung, Fremdbestimmung lassen nie eine Chance.
Hoffmann sitzt auf dem Stuhl, dem einzigen Möbelstück, umklammert eine Frau auf seinem Schoß - es ist immer eine andere. Er geht nicht gut mit den Frauen um, die Frauen nicht mit ihm, und deren Väter, nebenbei bemerkt, auch nicht mit den Töchtern. Den finalen Verlust des Spiegelbilds, der Persönlichkeit, der Identität, haben sie alle anscheinend schon lange hinter sich. Kein Gefühlsrausch wird ihn kompensieren.
Das Essener Ensemble erzählt diese traurige Geschichte überzeugend. Thomas Piffka ist ein ausgebrannter, verzweifelter Hoffmann. Musikalisch disponiert er die lange, schwere Partie geschickt. Dass ihm die strahlende Höhe und das französisch schmelzende Timbre fehlen, kann man bei dieser Charakterisierung ganz gut verschmerzen. Die drei Geliebten singen bravourös: Rebecca Nelsen als ferngesteuerte Koloraturmaschine Olympia, Olga Mykytenko als narzisstische Künstlerin Antonia und Ieva Prudnikovaite als atemberaubend schöne, eiskalte Giulietta.
Stefan Soltesz und die Essener Philharmoniker gehen den Farben und Feinheiten von Offenbachs schmerzlich erkämpftem Meisterwerk sorgfältig nach. Die Musik atmet lebendig und klingt so transparent, als säße ein kleines Kammerorchester im Graben. Gespielt wird die kritische Edition von Michael Kaye, mit (ziemlich französisch) gesprochenen Dialogen. Das ist natürlich heute ein Muss, obwohl ehrlich gesagt in einer knapp dreistündigen Fassung doch nicht viel mehr und anderes gespielt wird, als auch im alten Klavierauszug stand.
Da Offenbach über der Arbeit am "Hoffmann" gestorben ist, wird die Frage der authentischen musikalischen Gestalt wohl nie zu lösen sein. Aber Dietrich Hilsdorfs Inszenierung in Essen hat der wohlbekannten Geschichte einige bedenkenswerte neue Facetten hinzugefügt.
Täuschung, Selbsttäuschung und Enttäuschung - das scheint der Grundakkord dieser Interpretation von "Hoffmanns Erzählungen" zu sein. Der Regisseur Dietrich Hilsdorf setzt an bei der Romantik, der Epoche des Dichters und Kammergerichtsrats E.T.A. Hoffmann, dessen fantastische Erzählungen dem Libretto zu Jacques Offenbachs einziger Oper zugrundeliegen. Aber es ist die krisenhafte, desillusionierte, tief verunsicherte Romantik, eine zwischen Sein und Schein schwankende, in unentdeckte Regionen des Bewusstseins sich vorwagende Epoche. Und das Theater, das Spiel in Wirklichkeit verwandelt und umgekehrt - der Ort, an man Täuschung durchschaut und ihr doch erliegt, wird zur Metapher dieser Existenz. Gefühl, Sehnsucht, der große Aufschwung kommt immer aus dem Defizit an diesem Abend. Die Bühne von Johannes Leiacker bleibt karg, ein paar Versatzstücke müssen genügen für die Reise durch fantastische Welten.
Und auch die Liebe, das große Thema der Erzählungen des verkrachten, unglücklichen Dichters, sieht die Inszenierung schwarz. Es sind nicht drei vermeintlich gegensätzliche Frauen, die Hoffmann mit der Puppe Olympia, der Künstlerin Antonia und der Kurtisane Giulietta begehrt. Es ist immer dieselbe, wie ein Teufelskreis sich wiederholende Geschichte: Täuschung, Selbsttäuschung und Enttäuschung. Abhängigkeit, Vereinnahmung, Fremdbestimmung lassen nie eine Chance.
Hoffmann sitzt auf dem Stuhl, dem einzigen Möbelstück, umklammert eine Frau auf seinem Schoß - es ist immer eine andere. Er geht nicht gut mit den Frauen um, die Frauen nicht mit ihm, und deren Väter, nebenbei bemerkt, auch nicht mit den Töchtern. Den finalen Verlust des Spiegelbilds, der Persönlichkeit, der Identität, haben sie alle anscheinend schon lange hinter sich. Kein Gefühlsrausch wird ihn kompensieren.
Das Essener Ensemble erzählt diese traurige Geschichte überzeugend. Thomas Piffka ist ein ausgebrannter, verzweifelter Hoffmann. Musikalisch disponiert er die lange, schwere Partie geschickt. Dass ihm die strahlende Höhe und das französisch schmelzende Timbre fehlen, kann man bei dieser Charakterisierung ganz gut verschmerzen. Die drei Geliebten singen bravourös: Rebecca Nelsen als ferngesteuerte Koloraturmaschine Olympia, Olga Mykytenko als narzisstische Künstlerin Antonia und Ieva Prudnikovaite als atemberaubend schöne, eiskalte Giulietta.
Stefan Soltesz und die Essener Philharmoniker gehen den Farben und Feinheiten von Offenbachs schmerzlich erkämpftem Meisterwerk sorgfältig nach. Die Musik atmet lebendig und klingt so transparent, als säße ein kleines Kammerorchester im Graben. Gespielt wird die kritische Edition von Michael Kaye, mit (ziemlich französisch) gesprochenen Dialogen. Das ist natürlich heute ein Muss, obwohl ehrlich gesagt in einer knapp dreistündigen Fassung doch nicht viel mehr und anderes gespielt wird, als auch im alten Klavierauszug stand.
Da Offenbach über der Arbeit am "Hoffmann" gestorben ist, wird die Frage der authentischen musikalischen Gestalt wohl nie zu lösen sein. Aber Dietrich Hilsdorfs Inszenierung in Essen hat der wohlbekannten Geschichte einige bedenkenswerte neue Facetten hinzugefügt.