Autor: Matthias Becker
Regie: Beatrix Ackers
Ton: Andreas Krause
Redaktion: Pia Rauschenberger
Wie Politik und Wirtschaft die freie Forschung gefährden
29:19 Minuten
Die Industrie finanziert Studien, Universitäten handeln wie Unternehmen und der wissenschaftliche Nachwuchs wird in Zeitverträgen aufgerieben. Die im Grundgesetz garantierte Forschungsfreiheit ist zunehmend bedroht.
Frankfurt, Anfang Mai. Begleitet von einer Samba-Truppe zieht eine kleine Demonstration durch die Innenstadt. Viele Teilnehmer tragen Schilder. "Science not Silence – Wissenschaft statt Schweigen" steht da zum Beispiel. Die Mehrzahl der Demonstrierenden verhält sich allerdings eher still. Vielleicht scheinen ihnen Parolen zu wenig komplex. Denn hier gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Straße.
Seit drei Jahren finden weltweit Demonstrationen für die Wissenschaft statt. Ausgelöst wurde die Bewegung durch Donald Trumps Attacken gegen die Klimawissenschaft.
Der Physiker Sascha Vogel hat die Demonstration in Frankfurt mit organisiert.
"Die Wissenschaft ist definitiv bedroht. Brasilien ist ein schönes Beispiel, da werden jetzt teilweise Studienfächer abgeschafft. Ungarn ist ein schönes Beispiel, Türkei auf jeden Fall. Und deswegen gehen wir mit dem ´March for Science` auf die Straße."
Der Physiker vom Frankfurt Institute for Advanced Studies glaubt, dass die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre auch in Deutschland in Gefahr geraten kann.
"Also ich sag mal so: Die USA, zack! eine Wahl, und es war passiert! Auf einmal sind irgendwelche Populisten an der Macht und, na ja, schrumpfen irgendwelche Forschungsprogramme ein. Wie gesagt, wehret den Anfängen! Ich glaube, wenn an einigen Stellen die falschen Menschen an die Macht kommen, dann ist das auch schnell passiert."
Seit drei Jahren finden weltweit Demonstrationen für die Wissenschaft statt. Ausgelöst wurde die Bewegung durch Donald Trumps Attacken gegen die Klimawissenschaft.
Der Physiker Sascha Vogel hat die Demonstration in Frankfurt mit organisiert.
"Die Wissenschaft ist definitiv bedroht. Brasilien ist ein schönes Beispiel, da werden jetzt teilweise Studienfächer abgeschafft. Ungarn ist ein schönes Beispiel, Türkei auf jeden Fall. Und deswegen gehen wir mit dem ´March for Science` auf die Straße."
Der Physiker vom Frankfurt Institute for Advanced Studies glaubt, dass die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre auch in Deutschland in Gefahr geraten kann.
"Also ich sag mal so: Die USA, zack! eine Wahl, und es war passiert! Auf einmal sind irgendwelche Populisten an der Macht und, na ja, schrumpfen irgendwelche Forschungsprogramme ein. Wie gesagt, wehret den Anfängen! Ich glaube, wenn an einigen Stellen die falschen Menschen an die Macht kommen, dann ist das auch schnell passiert."
Wissenschaft schützt die Zivilgesellschaft
Forschung und Lehre sind frei. So steht es im Grundgesetz, unmissverständlich und uneingeschränkt. Die Wissenschaftsfreiheit berechtigt zur Rücksichtslosigkeit: Bei ihrer Suche nach Erkenntnis müssen Forschende sich nicht um religiöse Gefühle oder Weltanschauungen kümmern. Kein Pfarrer oder Imam, kein Präsident oder Parteivorsitzender darf ihnen den Mund verbieten.
Sie sind der Wahrheit verpflichtet. Sonst niemandem. So sieht es auch Sascha Vogel.
"Die Wissenschaft macht das, was sie am besten kann, das ist nämlich Wissenschaft, also Wissen schaffen. Die Aufgabe der Politik ist quasi, den Rücken frei zu halten. Das macht sie, finde ich, am besten, indem sie die Leute frei machen lässt. Dass eben politische Entscheidungen nicht reinreden, was an den Universitäten gemacht wird. Das ist für mich Wissenschaftsfreiheit."
Wissenschaftsfreiheit in diesem Sinne ist ein liberales Abwehrrecht: Es schützt die Individuen vor Staat und Kirche. Das ist keineswegs selbstverständlich. Ob es um die Ursachen der Erderwärmung geht, um National- und Religionsgeschichte, um Sexualität oder geschlechtliche Identität – in den meisten Ländern der Erde ist unabhängige Forschung gar nicht möglich und unbequeme Ergebnisse werden unterdrückt.
Sie sind der Wahrheit verpflichtet. Sonst niemandem. So sieht es auch Sascha Vogel.
"Die Wissenschaft macht das, was sie am besten kann, das ist nämlich Wissenschaft, also Wissen schaffen. Die Aufgabe der Politik ist quasi, den Rücken frei zu halten. Das macht sie, finde ich, am besten, indem sie die Leute frei machen lässt. Dass eben politische Entscheidungen nicht reinreden, was an den Universitäten gemacht wird. Das ist für mich Wissenschaftsfreiheit."
Wissenschaftsfreiheit in diesem Sinne ist ein liberales Abwehrrecht: Es schützt die Individuen vor Staat und Kirche. Das ist keineswegs selbstverständlich. Ob es um die Ursachen der Erderwärmung geht, um National- und Religionsgeschichte, um Sexualität oder geschlechtliche Identität – in den meisten Ländern der Erde ist unabhängige Forschung gar nicht möglich und unbequeme Ergebnisse werden unterdrückt.
Wachsende Skepsis gegenüber Forschung
Der "March for Science" wendet sich nicht nur gegen Übergriffe von oben, sondern auch gegen wissenschaftsfeindliche Haltungen in der Bevölkerung. Sascha Vogel beklagt eine wachsende Skepsis gegenüber Forschern.
"Wenn ich nicht mehr vertraue, dass bestimmte Leute die Wahrheit sagen oder die Wissenschaft ordentlich machen, dann habe ich ein generelles Problem. So einen gewissen Vertrauensvorschuss kann man denen schon geben."
Forschung und Lehre sind frei. Dieser Passus aus dem fünften Artikel im Grundgesetz wird gegenwärtig oft zitiert. Bei den Feierlichkeiten zum 70. Jubiläum der deutschen Verfassung, in Ansprachen und Festtagsreden.
Die großen Wissenschaftsorganisationen haben eine gemeinsame Kampagne initiiert, mit dem Titel "Freiheit ist unser System". Sie soll, Zitat "Zeichen setzen gegen Einschränkungen und Einflussnahmen, die vielerorts an Boden gewinnen."
70 Jahre Grundgesetz, 70 Jahre Forschungsfreiheit in Deutschland. Wissenschaftler und Politiker erinnern, loben und mahnen – und sind insgesamt zufrieden mit sich.
"Wenn ich nicht mehr vertraue, dass bestimmte Leute die Wahrheit sagen oder die Wissenschaft ordentlich machen, dann habe ich ein generelles Problem. So einen gewissen Vertrauensvorschuss kann man denen schon geben."
Forschung und Lehre sind frei. Dieser Passus aus dem fünften Artikel im Grundgesetz wird gegenwärtig oft zitiert. Bei den Feierlichkeiten zum 70. Jubiläum der deutschen Verfassung, in Ansprachen und Festtagsreden.
Die großen Wissenschaftsorganisationen haben eine gemeinsame Kampagne initiiert, mit dem Titel "Freiheit ist unser System". Sie soll, Zitat "Zeichen setzen gegen Einschränkungen und Einflussnahmen, die vielerorts an Boden gewinnen."
70 Jahre Grundgesetz, 70 Jahre Forschungsfreiheit in Deutschland. Wissenschaftler und Politiker erinnern, loben und mahnen – und sind insgesamt zufrieden mit sich.
Unis verkaufen Studien wie Waren
Doch die Freiheit der Forschung ist nicht nur von außen bedroht, durch Populisten und Wissenschaftsskeptiker. Gefährdet ist sie auch durch Fehlentwicklungen innerhalb des Wissenschaftsbetriebs selbst.
Eine dieser Entwicklung: Kommerzielle Interessen bestimmen zunehmend, welche wissenschaftlichen Ansätze verfolgt und wie Forschungsergebnisse präsentiert werden – wie ein aktueller Fall in Heidelberg zeigt. Im Februar veranstalteten Mediziner des Universitätsklinikums eine Pressekonferenz. Angeblich hatten sie einen sensationellen Durchbruch erzielt. Viele Medien berichteten wohlwollend darüber, die Bildzeitung sogar auf drei Seiten. Und mit einem Internetvideo:
Video: "An der Unifrauenklinik Heidelberg wurde mehrere Jahre an einem Bluttest geforscht, der mit hoher Wahrscheinlichkeit Brustkrebs erkennt, noch früher als die bisher angewendeten Verfahren Mammographie oder MRT. Der Test soll ein Frühwarnsystem sein, um Frauen zu weiteren Untersuchungen zu überweisen. / In dem Bluttest wollen wir auch früher als fünf Millimeter einen Tumor erkennen. Unser Ziel ist eigentlich, schon, wenn der Krebs da ist."
Eine Weltsensation, hieß es, noch dieses Jahr werde der Bluttest auf Brustkrebs auf den Markt kommen. Aber in der Presseerklärung der Universität Heidelberg fehlten wesentliche Angaben, um die Güte der Untersuchung zu beurteilen, etwa die genaue Trefferquote des Tests und die Anzahl von Fehlalarmen. Bis jetzt gibt es weder eine abgeschlossene klinische Studie, noch eine wissenschaftliche Publikation.
Der Nutzen des Bluttests für Patientinnen? Völlig unklar. Marktreife? Möglicherweise in einigen Jahren. Eine Werbekampagne vor einer Veröffentlichung in einer begutachteten wissenschaftlichen Zeitschrift widerspricht eigentlich allen Gepflogenheiten. Nach und nach mehrten sich die kritischen Nachfragen. Das Forscherteam und die Leitung der Uniklinik gerieten unter Rechtfertigungsdruck.
Annette Grüters-Kieslich, die Direktorin des Klinikums, hatte die Presseerklärung und den Artikel in der Bildzeitung vorab gesehen und freigegeben.
"Das war retrospektiv gesehen eine falsche Entscheidung. Weil erstens wir nicht wussten, dass es eine Pressekampagne ist mit all dem Drum und Dran, was dann hinterher zum Vorschein kam, und wir auch nicht, uns auch nicht klar darüber waren, welche Güte dieser Test hat."
Und dennoch sprachen Vertreter einer renommierten Universität, die im Rahmen der Exzellenzinitiative ausgezeichnet wurde, von einem medizinischen Durchbruch? Einem – Zitat – "Meilenstein in der Brustkrebsdiagnostik"?
Eine dieser Entwicklung: Kommerzielle Interessen bestimmen zunehmend, welche wissenschaftlichen Ansätze verfolgt und wie Forschungsergebnisse präsentiert werden – wie ein aktueller Fall in Heidelberg zeigt. Im Februar veranstalteten Mediziner des Universitätsklinikums eine Pressekonferenz. Angeblich hatten sie einen sensationellen Durchbruch erzielt. Viele Medien berichteten wohlwollend darüber, die Bildzeitung sogar auf drei Seiten. Und mit einem Internetvideo:
Video: "An der Unifrauenklinik Heidelberg wurde mehrere Jahre an einem Bluttest geforscht, der mit hoher Wahrscheinlichkeit Brustkrebs erkennt, noch früher als die bisher angewendeten Verfahren Mammographie oder MRT. Der Test soll ein Frühwarnsystem sein, um Frauen zu weiteren Untersuchungen zu überweisen. / In dem Bluttest wollen wir auch früher als fünf Millimeter einen Tumor erkennen. Unser Ziel ist eigentlich, schon, wenn der Krebs da ist."
Eine Weltsensation, hieß es, noch dieses Jahr werde der Bluttest auf Brustkrebs auf den Markt kommen. Aber in der Presseerklärung der Universität Heidelberg fehlten wesentliche Angaben, um die Güte der Untersuchung zu beurteilen, etwa die genaue Trefferquote des Tests und die Anzahl von Fehlalarmen. Bis jetzt gibt es weder eine abgeschlossene klinische Studie, noch eine wissenschaftliche Publikation.
Der Nutzen des Bluttests für Patientinnen? Völlig unklar. Marktreife? Möglicherweise in einigen Jahren. Eine Werbekampagne vor einer Veröffentlichung in einer begutachteten wissenschaftlichen Zeitschrift widerspricht eigentlich allen Gepflogenheiten. Nach und nach mehrten sich die kritischen Nachfragen. Das Forscherteam und die Leitung der Uniklinik gerieten unter Rechtfertigungsdruck.
Annette Grüters-Kieslich, die Direktorin des Klinikums, hatte die Presseerklärung und den Artikel in der Bildzeitung vorab gesehen und freigegeben.
"Das war retrospektiv gesehen eine falsche Entscheidung. Weil erstens wir nicht wussten, dass es eine Pressekampagne ist mit all dem Drum und Dran, was dann hinterher zum Vorschein kam, und wir auch nicht, uns auch nicht klar darüber waren, welche Güte dieser Test hat."
Und dennoch sprachen Vertreter einer renommierten Universität, die im Rahmen der Exzellenzinitiative ausgezeichnet wurde, von einem medizinischen Durchbruch? Einem – Zitat – "Meilenstein in der Brustkrebsdiagnostik"?
Geschäfte machen mit falschen Behauptungen
Die Werbekampagne für den Bluttest enthielt zahlreiche fragwürdige Behauptungen ohne wissenschaftliche Grundlage. Geplant wurde die Kampagne von einer PR-Agentur, und laut Medienberichten von der Universitätsklinik bezahlt.
Um den Test auf den Markt zu bringen, gründete das Klinikum eine Firma namens Heiscreen, an der auch Wissenschaftler aus dem Forschungsteam beteiligt sind. Ein börsennotiertes chinesisches Pharmaunternehmen investierte in Heiscreen. Die Sensationsmeldung aus Deutschland ließ deren Aktienkurs rapide ansteigen. Wurde eine noch längst nicht marktreife medizinische Innovation lanciert, um den Börsenkurs nach oben zu drücken?
In der Heiscreen-Affäre agierte die Heidelberger Uniklinik nicht anders als ein gewinnorientierter Konzern. Kein Wunder, alle Beteiligten hatten ein Interesse am kommerziellen Erfolg. Auch die Universität: ihre Tochtergesellschaft, die Technology Transfer Heidelberg, verwertet Erfindungen und das geistige Eigentum der Hochschule möglichst gewinnbringend – mittlerweile eine nicht unübliche Konstruktion an forschungsstarken Universitäten. Der Umsatz dieser Tochtergesellschaft Technology Transfer stieg zwischen 2012 und 2016 von gut dreihunderttausend Euro auf fast sechshunderttausend, verdoppelte sich also nahezu.
Die Unabhängigkeit der Wissenschaft wird nicht nur durch staatliche Zensur und populistische Desinformation bedroht – sondern auch durch Verwertungsinteressen. Betrifft das nur einzelne schwarze Schafe – oder handelt es sich bereits um eine Herde?
In der Heiscreen-Affäre agierte die Heidelberger Uniklinik nicht anders als ein gewinnorientierter Konzern. Kein Wunder, alle Beteiligten hatten ein Interesse am kommerziellen Erfolg. Auch die Universität: ihre Tochtergesellschaft, die Technology Transfer Heidelberg, verwertet Erfindungen und das geistige Eigentum der Hochschule möglichst gewinnbringend – mittlerweile eine nicht unübliche Konstruktion an forschungsstarken Universitäten. Der Umsatz dieser Tochtergesellschaft Technology Transfer stieg zwischen 2012 und 2016 von gut dreihunderttausend Euro auf fast sechshunderttausend, verdoppelte sich also nahezu.
Die Unabhängigkeit der Wissenschaft wird nicht nur durch staatliche Zensur und populistische Desinformation bedroht – sondern auch durch Verwertungsinteressen. Betrifft das nur einzelne schwarze Schafe – oder handelt es sich bereits um eine Herde?
Die Industrie entscheidet, was veröffentlicht wird
Die Vorgänge um den vermeintlich revolutionären Bluttest von Heiscreen sind wohlgemerkt nicht typisch für die medizinische Forschung. Dass sie überhaupt möglich waren, verweist allerdings auf krasse Fehlentwicklungen in der biomedizinischen Forschung – auf Wissenschaftler und Hochschulen, die Ergebnisse aufbauschen, um sie der Öffentlichkeit und Investoren, im Wortsinn: zu verkaufen.
"Stimmt das denn? Sind das wirklich Belege dafür? Häufig sagen Leute, hier sind meine Belege, aber da ist ja nur Luft dahinter."
Peter Sawicki war ein Vorkämpfer für die sogenannte evidenzbasierte Medizin. Nutzen und Schaden medizinischer Behandlungen sollen rigoros überprüft werden. Zu diesem Zweck werden Verzerrungen und Fehlerquellen aus Studienergebnissen sozusagen herausgerechnet.
Heute arbeitet Peter Sawicki als niedergelassener Internist in Duisburg. Früher leitete er das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, das medizinische Nutzenbewertungen durchführt.
"Also man ist dabei abhängig von den Daten, die man bekommt, und bei den meisten Medikamenten ist das die Pharmaindustrie, die diese Daten generiert und dann auch publiziert oder, was viel schlimmer ist, eben nicht publiziert."
Experten schätzen, dass nur die Hälfte aller Daten aus der medizinischen Forschung veröffentlicht wird. Ergebnisse aus klinischen Studien, die abgebrochen werden oder nicht das gewünschte Ergebnis bringen, erreichen die Fachöffentlichkeit überhaupt nicht oder erst viele Jahre später. Ein unhaltbarer Zustand, findet Peter Sawicki:
"Also zum Beispiel, wenn man eine solche zusammenfassende Studie macht, und es gibt tatsächlich zehn Studien und fünf Studien zeigen einen Vorteil und fünf zeigen einen Nachteil... und die, die mir den Nachteil zeigen, werden gar nicht publiziert, da kommt man gar nicht dran, weil das Betriebsgeheimnisse der pharmazeutischen Industrie sind, dann sehen wir nur fünf Studien, die dafür sprechen und sagen: ´Ja, eindeutig, das ist ein Vorteil.` Und wir sehen nicht, was man nicht will, dass wir es sehen."
Peter Sawicki war ein Vorkämpfer für die sogenannte evidenzbasierte Medizin. Nutzen und Schaden medizinischer Behandlungen sollen rigoros überprüft werden. Zu diesem Zweck werden Verzerrungen und Fehlerquellen aus Studienergebnissen sozusagen herausgerechnet.
Heute arbeitet Peter Sawicki als niedergelassener Internist in Duisburg. Früher leitete er das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, das medizinische Nutzenbewertungen durchführt.
"Also man ist dabei abhängig von den Daten, die man bekommt, und bei den meisten Medikamenten ist das die Pharmaindustrie, die diese Daten generiert und dann auch publiziert oder, was viel schlimmer ist, eben nicht publiziert."
Experten schätzen, dass nur die Hälfte aller Daten aus der medizinischen Forschung veröffentlicht wird. Ergebnisse aus klinischen Studien, die abgebrochen werden oder nicht das gewünschte Ergebnis bringen, erreichen die Fachöffentlichkeit überhaupt nicht oder erst viele Jahre später. Ein unhaltbarer Zustand, findet Peter Sawicki:
"Also zum Beispiel, wenn man eine solche zusammenfassende Studie macht, und es gibt tatsächlich zehn Studien und fünf Studien zeigen einen Vorteil und fünf zeigen einen Nachteil... und die, die mir den Nachteil zeigen, werden gar nicht publiziert, da kommt man gar nicht dran, weil das Betriebsgeheimnisse der pharmazeutischen Industrie sind, dann sehen wir nur fünf Studien, die dafür sprechen und sagen: ´Ja, eindeutig, das ist ein Vorteil.` Und wir sehen nicht, was man nicht will, dass wir es sehen."
Wachsender Einfluss der Privatwirtschaft
Als Lösung schlägt er vor: Nicht die Arzneimittelhersteller, sondern Behörden sollten Forschungsaufträge erteilen.
"Das wäre dann unabhängig, tatsächlich! Denn jetzt, wenn die pharmazeutische Industrie ein Institut beauftragt, dann wird dieses Institut beeinflusst werden, schon alleine durch den Wunsch, weiter Aufträge und weiteres Geld zu bekommen und ihre Angestellten weiter bezahlen zu können. Und es besteht die große Gefahr, und tatsächlich ist es in der Vergangenheit auch schon so gewesen, dass dieses Institut dann Gefälligkeitsstudien macht. Nicht richtig gelogen, aber so ein bisschen verzerrt."
Wie frei und unabhängig ist eine Forschung die zu einem großen Teil von der gewerblichen Wirtschaft finanziert wird?
Die regelmäßige Grundförderung, die die Hochschulen von den Bundesländern erhalten, reicht seit langem nicht mehr aus, um Forschung und Lehre aufrecht zu erhalten. Deshalb spielen die sogenannten Drittmittel eine immer wichtigere Rolle, ganz besonders in der kostenintensiven medizinischen Forschung.
Solche Gelder kommen nicht nur aus der Wirtschaft, aber eben doch zu einem nennenswerten Teil. Die Universitätsklinik Heidelberg beispielsweise warb im Jahr 2006 gut 15 Millionen Euro von privaten Geldgebern ein. Elf Jahre später waren es mit 34,6 Millionen mehr als doppelt so viel.
Im vergangenen Jahrzehnt wuchsen die Einnahmen von Stiftungsgeldern etwa um ein Drittel. Die Summe aus der Wirtschaft verdoppelte sich. Am stärksten wuchs die Projektförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, von gut einer Millionen Euro im Jahr 2006 auf etwa 2,6 Millionen Euro im Jahr 2017. Die Grundförderung stagniert dagegen.
"Das wäre dann unabhängig, tatsächlich! Denn jetzt, wenn die pharmazeutische Industrie ein Institut beauftragt, dann wird dieses Institut beeinflusst werden, schon alleine durch den Wunsch, weiter Aufträge und weiteres Geld zu bekommen und ihre Angestellten weiter bezahlen zu können. Und es besteht die große Gefahr, und tatsächlich ist es in der Vergangenheit auch schon so gewesen, dass dieses Institut dann Gefälligkeitsstudien macht. Nicht richtig gelogen, aber so ein bisschen verzerrt."
Wie frei und unabhängig ist eine Forschung die zu einem großen Teil von der gewerblichen Wirtschaft finanziert wird?
Die regelmäßige Grundförderung, die die Hochschulen von den Bundesländern erhalten, reicht seit langem nicht mehr aus, um Forschung und Lehre aufrecht zu erhalten. Deshalb spielen die sogenannten Drittmittel eine immer wichtigere Rolle, ganz besonders in der kostenintensiven medizinischen Forschung.
Solche Gelder kommen nicht nur aus der Wirtschaft, aber eben doch zu einem nennenswerten Teil. Die Universitätsklinik Heidelberg beispielsweise warb im Jahr 2006 gut 15 Millionen Euro von privaten Geldgebern ein. Elf Jahre später waren es mit 34,6 Millionen mehr als doppelt so viel.
Im vergangenen Jahrzehnt wuchsen die Einnahmen von Stiftungsgeldern etwa um ein Drittel. Die Summe aus der Wirtschaft verdoppelte sich. Am stärksten wuchs die Projektförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, von gut einer Millionen Euro im Jahr 2006 auf etwa 2,6 Millionen Euro im Jahr 2017. Die Grundförderung stagniert dagegen.
Die Grundförderung reicht nicht für die Forschung
Für Wissenschaftler bedeutet das, dass sie sich, neben ihrer Forschung, um Geldgeber bemühen müssen. Klemens Budde ist Oberarzt an der Berliner Charité, ein renommierter Experte für Nierentransplantationen.
"Die Stiftungsprofessur, die ist jetzt zehn Jahre und hat halt ermöglicht, dass ich einen ganz wesentlichen Teil meiner Zeit für die Forschung aufwenden konnte und dadurch es ermöglicht wurde, wirklich solide Forschung in vielen Bereichen voran zu bringen. Es wird nur mein Gehalt davon bezahlt letztlich."
Klemens Budde sitzt auf einer Stiftungsprofessur. Sein Gehalt bezahlt das Pharmaunternehmen Astellas. Nicht direkt, sondern über den Stifterverband für die deutsche Wissenschaft. Gerade das aber verschaffe ihm im Klinik-Alltag Freiräume, erklärt der Mediziner.
"Weil einfach das Problem ist, dass einfach man keine Zeit hat in der Hochschulmedizin. Gerade auch die ganzen Sparrunden in den letzten Jahren dazu geführt haben, dass halt Forschung immer schwieriger wurde. Dass man die Freiheit hat, Forschung zu machen."
Klemens Budde beschäftigt sich unter anderem damit, wie die Abstoßung einer Spenderniere verhindert werden kann. Die Förderung durch die Pharmaindustrie sieht er pragmatisch.
"Es wird von uns erwartet, damit wir uns über Wasser halten können und Forschung machen können, dass wir Drittmittel einwerben. Das ist dann eine notwendige Voraussetzung, dass ich mit den Drittmittelgebern natürlich Verhandlungen mache, und dass halt natürlich Pharmaindustrie oder Drittmittelgeber gewisse Eigeninteressen oder Vorstellungen haben, das ist klar, und es hängt dann vom Wissenschaftler ab, wie er sich verhält und wie er dann mit den Forschungsergebnissen umgeht."
"Die Stiftungsprofessur, die ist jetzt zehn Jahre und hat halt ermöglicht, dass ich einen ganz wesentlichen Teil meiner Zeit für die Forschung aufwenden konnte und dadurch es ermöglicht wurde, wirklich solide Forschung in vielen Bereichen voran zu bringen. Es wird nur mein Gehalt davon bezahlt letztlich."
Klemens Budde sitzt auf einer Stiftungsprofessur. Sein Gehalt bezahlt das Pharmaunternehmen Astellas. Nicht direkt, sondern über den Stifterverband für die deutsche Wissenschaft. Gerade das aber verschaffe ihm im Klinik-Alltag Freiräume, erklärt der Mediziner.
"Weil einfach das Problem ist, dass einfach man keine Zeit hat in der Hochschulmedizin. Gerade auch die ganzen Sparrunden in den letzten Jahren dazu geführt haben, dass halt Forschung immer schwieriger wurde. Dass man die Freiheit hat, Forschung zu machen."
Klemens Budde beschäftigt sich unter anderem damit, wie die Abstoßung einer Spenderniere verhindert werden kann. Die Förderung durch die Pharmaindustrie sieht er pragmatisch.
"Es wird von uns erwartet, damit wir uns über Wasser halten können und Forschung machen können, dass wir Drittmittel einwerben. Das ist dann eine notwendige Voraussetzung, dass ich mit den Drittmittelgebern natürlich Verhandlungen mache, und dass halt natürlich Pharmaindustrie oder Drittmittelgeber gewisse Eigeninteressen oder Vorstellungen haben, das ist klar, und es hängt dann vom Wissenschaftler ab, wie er sich verhält und wie er dann mit den Forschungsergebnissen umgeht."
Unis schließen Verträge mit der Privatwirtschaft
Mittlerweile kooperieren Konzerne wie Lidl, Facebook oder Boehringer Ingelheim mit einzelnen Universitäten. Sie erhoffen sich davon einen Imagegewinn und privilegierten Zugang zu Wissenschaftlern und ihren Forschungsergebnissen.
Auch die Universität Köln schloss im Jahr 2008 einen Kooperationsvertrag mit dem Unternehmen Bayer Healthcare. In einem langen Rechtsstreit versuchten Kritiker dieser Zusammenarbeit die Universität zu zwingen, den Vertragstextes zu veröffentlichen – vergeblich. Das Oberverwaltungsgericht Münster urteilte schließlich, dies widerspräche der Freiheit der Wissenschaft.
Bis heute sind die Verträge zwischen der Uni Köln und Bayer nicht öffentlich. Die Rechtsprechung in Deutschland schützt die Freiheit der Wissenschaft – auch gegenüber dem öffentlichen Interesse.
Dabei erscheint im Grundgesetz Artikel fünf die Forschungsfreiheit als ein Bestandteil der allgemeinen Meinungs- und Informationsfreiheit. Jede und jeder hat das Recht, seine Meinung ungehindert zu äußern und sich zu informieren – aber erfüllt der Wissenschaftsbetrieb diesen Anspruch auf Transparenz überhaupt noch?
Auch die Universität Köln schloss im Jahr 2008 einen Kooperationsvertrag mit dem Unternehmen Bayer Healthcare. In einem langen Rechtsstreit versuchten Kritiker dieser Zusammenarbeit die Universität zu zwingen, den Vertragstextes zu veröffentlichen – vergeblich. Das Oberverwaltungsgericht Münster urteilte schließlich, dies widerspräche der Freiheit der Wissenschaft.
Bis heute sind die Verträge zwischen der Uni Köln und Bayer nicht öffentlich. Die Rechtsprechung in Deutschland schützt die Freiheit der Wissenschaft – auch gegenüber dem öffentlichen Interesse.
Dabei erscheint im Grundgesetz Artikel fünf die Forschungsfreiheit als ein Bestandteil der allgemeinen Meinungs- und Informationsfreiheit. Jede und jeder hat das Recht, seine Meinung ungehindert zu äußern und sich zu informieren – aber erfüllt der Wissenschaftsbetrieb diesen Anspruch auf Transparenz überhaupt noch?
Ohne Bildung kein Wohlstand
Forschung und Lehre sind frei. Der Passus war bereits in der Paulskirchenverfassung von 1849 enthalten. Damals allerdings besuchte nur ein winziger Bruchteil der Bevölkerung eine Universität, Forschung war eine Angelegenheit von Eliten. Erst seit den 60er-Jahren verbreitet sich die Hochschulbildung weiter und weiter.
"Wenn die jungen Leute nichts mehr lernen, geht es mit der gesamten Wirtschaft bergab, weil wir dann keine geschulten Arbeitskräfte mehr bekommen. Das Wirtschaftswunder wird ein rasches Ende nehmen, denn ohne qualifizierten Nachwuchs kann unsere Industrie nicht konkurrenzfähig bleiben, und dann ist es auch mit unserem Wohlstand aus."
Der Pädagoge Georg Picht, hier zu hören in einem zeitgenössischen Radiovortrag, prägte 1964 den Ausdruck "Bildungskatastrophe". Die Angst vorm wirtschaftlichen Abstieg und die Veränderung der Arbeitsmärkte ließ die Zahl der Studierenden in den folgenden Jahren regelrecht explodieren. Anfang der 70er-Jahre besuchten weniger als eine halbe Million Deutsche eine Hochschule, Ende der 90er Jahre fast zwei Millionen.
Aber die finanziellen Ressourcen hielten nicht Schritt; das System steckte in den 90er-Jahren in einer Krise. Frank Ziegele ist einer der Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung, kurz C-H-E, und Professor für Wissenschaftsmanagement.
"Das war eine Situation, in der die Hochschulen durch so ein Korsett an staatlichen Regelungen in vielen Bereichen entscheidungsunfähig waren. Es gab staatliche Stellenpläne, die ganz genau vorschreiben, welche Zahl von Professoren und Mitarbeitern wo vorzuhalten ist. Insofern konnten die Hochschulen damals ihre akademische Freiheit gar nicht richtig nutzen, weil sie nicht die Steuerungsfähigkeit hatten, kurzfristig zu sagen, wir müssen vielleicht eine Fakultät schließen und eine neue aufbauen, all das ging nicht."
Neue Hochschulgesetze, die Bologna-Reform und Exzellenzinitiative haben die akademische Bildung verändert. Die Leitbilder waren "Wettbewerb" und "Freiheit". Das C-H-E spielte dabei eine wichtige, wenn auch umstrittene, Rolle.
"Die Freiheit der Hochschulen, also die Entfesselung, so haben wir das ja damals genannt, das war eines unserer wichtigen Anlagen, und ich glaub, wir haben schon ein Stück weit dazu beigetragen, dass das dann auch passiert ist."
"Wenn die jungen Leute nichts mehr lernen, geht es mit der gesamten Wirtschaft bergab, weil wir dann keine geschulten Arbeitskräfte mehr bekommen. Das Wirtschaftswunder wird ein rasches Ende nehmen, denn ohne qualifizierten Nachwuchs kann unsere Industrie nicht konkurrenzfähig bleiben, und dann ist es auch mit unserem Wohlstand aus."
Der Pädagoge Georg Picht, hier zu hören in einem zeitgenössischen Radiovortrag, prägte 1964 den Ausdruck "Bildungskatastrophe". Die Angst vorm wirtschaftlichen Abstieg und die Veränderung der Arbeitsmärkte ließ die Zahl der Studierenden in den folgenden Jahren regelrecht explodieren. Anfang der 70er-Jahre besuchten weniger als eine halbe Million Deutsche eine Hochschule, Ende der 90er Jahre fast zwei Millionen.
Aber die finanziellen Ressourcen hielten nicht Schritt; das System steckte in den 90er-Jahren in einer Krise. Frank Ziegele ist einer der Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung, kurz C-H-E, und Professor für Wissenschaftsmanagement.
"Das war eine Situation, in der die Hochschulen durch so ein Korsett an staatlichen Regelungen in vielen Bereichen entscheidungsunfähig waren. Es gab staatliche Stellenpläne, die ganz genau vorschreiben, welche Zahl von Professoren und Mitarbeitern wo vorzuhalten ist. Insofern konnten die Hochschulen damals ihre akademische Freiheit gar nicht richtig nutzen, weil sie nicht die Steuerungsfähigkeit hatten, kurzfristig zu sagen, wir müssen vielleicht eine Fakultät schließen und eine neue aufbauen, all das ging nicht."
Neue Hochschulgesetze, die Bologna-Reform und Exzellenzinitiative haben die akademische Bildung verändert. Die Leitbilder waren "Wettbewerb" und "Freiheit". Das C-H-E spielte dabei eine wichtige, wenn auch umstrittene, Rolle.
"Die Freiheit der Hochschulen, also die Entfesselung, so haben wir das ja damals genannt, das war eines unserer wichtigen Anlagen, und ich glaub, wir haben schon ein Stück weit dazu beigetragen, dass das dann auch passiert ist."
Hochschulen treten in den gegenseitigen Wettbewerb
Im Jahr 1994 gründeten die Hochschulrektorenkonferenz und die Bertelsmann-Stiftung gemeinsam das Centrum für Hochschulentwicklung. Ihr erster Leiter, Detlef Müller-Böling, beschrieb das Konzept der "entfesselten Hochschule" in einer Rede folgendermaßen:
"Die Hochschule muss Schwerpunkte setzen und sich abkehren von der Fiktion der Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit der deutschen Hochschulen. Das ganze muss im Wettbewerb passieren, die Hochschule sollte auf all ihren Leistungsfeldern, nicht nur in der Forschung, wo das seit Jahrzehnten oder seit Jahrhunderten üblich gewesen ist, sondern auch in der Lehre etwa miteinander konkurrieren und zwar national wie international. Die Hochschule soll zielgerichtet mit ihren Ressourcen umgehen und braucht neben der staatlichen Alimentierung weitere Finanzierungsquellen. Und letztlich setzt das alles eine autonome, als Korporation selbst handlungsfähige Hochschule voraus."
In gewisser Weise wurde die Hochschule erst durch die Reformen seit den 90er-Jahren zu einem strategisch planenden Akteur, einer handlungsfähigen Organisation. Der Soziologe Richard Münch, ein scharfer Kritiker der Hochschulreformen der vergangenen Jahre, sagt dagegen: Die unternehmerische Hochschule habe nur dem Management größere Freiheiten verschafft. Nicht den einzelnen Forschern.
"Die Hochschule muss Schwerpunkte setzen und sich abkehren von der Fiktion der Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit der deutschen Hochschulen. Das ganze muss im Wettbewerb passieren, die Hochschule sollte auf all ihren Leistungsfeldern, nicht nur in der Forschung, wo das seit Jahrzehnten oder seit Jahrhunderten üblich gewesen ist, sondern auch in der Lehre etwa miteinander konkurrieren und zwar national wie international. Die Hochschule soll zielgerichtet mit ihren Ressourcen umgehen und braucht neben der staatlichen Alimentierung weitere Finanzierungsquellen. Und letztlich setzt das alles eine autonome, als Korporation selbst handlungsfähige Hochschule voraus."
In gewisser Weise wurde die Hochschule erst durch die Reformen seit den 90er-Jahren zu einem strategisch planenden Akteur, einer handlungsfähigen Organisation. Der Soziologe Richard Münch, ein scharfer Kritiker der Hochschulreformen der vergangenen Jahre, sagt dagegen: Die unternehmerische Hochschule habe nur dem Management größere Freiheiten verschafft. Nicht den einzelnen Forschern.
"Das führt zu einer ungleichen Verteilung der Forschungsmittel innerhalb der Universität, zu einer Machtverschiebung von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu den Hochschulleitungen, auch zur Administration. Sieht man auch daran, dass die Administration überall gewachsen ist, mehr gewachsen ist als das wissenschaftliche Personal."
Für Richard Münch untergräbt der verschärfte Wettbewerb zwischen den Hochschulen die Freiheit der Forschung. Er spricht von einem "akademische Kapitalismus".
"Der Wettbewerb zwischen Forscherinnen und Forschern, Forschungsteams ist natürlicher Teil aller wissenschaftlichen Arbeit. Zu dem gehört aber auch, dass man Ressourcen und Ergebnisse teilt, weil das Wissen als Kollektivgut betrachtet wird. Jetzt wird über diesen natürlichen wissenschaftlichen Wettbewerb in zunehmendem Maße der Wettbewerb zwischen den Universitäten drübergelegt. Und dieser Wettbewerb gehorcht anderen Gesetzmäßigkeiten. Da wird nicht mehr geteilt, da wird Wissen für sich in Anspruch genommen, das man in Patente und Copyrights umzusetzen versucht.
Ganz anders sieht das Frank Ziegele vom C-H-E:
"Also Freiheit und Wettbewerb passen schon zusammen oder müssen eigentlich auch fast zusammen gehen. Der Staat definiert bestimmte Messwerte, nach denen er das Geld an die Hochschulen vergibt. Der Staat sagt aber, ich sag euch nicht, wie ihr das tun sollt, das ist eure Sache als Hochschule, aber ich belohne euch finanziell in einem Wettbewerb. Also Wettbewerb und Freiheit gehören hier zusammen."
Für Richard Münch untergräbt der verschärfte Wettbewerb zwischen den Hochschulen die Freiheit der Forschung. Er spricht von einem "akademische Kapitalismus".
"Der Wettbewerb zwischen Forscherinnen und Forschern, Forschungsteams ist natürlicher Teil aller wissenschaftlichen Arbeit. Zu dem gehört aber auch, dass man Ressourcen und Ergebnisse teilt, weil das Wissen als Kollektivgut betrachtet wird. Jetzt wird über diesen natürlichen wissenschaftlichen Wettbewerb in zunehmendem Maße der Wettbewerb zwischen den Universitäten drübergelegt. Und dieser Wettbewerb gehorcht anderen Gesetzmäßigkeiten. Da wird nicht mehr geteilt, da wird Wissen für sich in Anspruch genommen, das man in Patente und Copyrights umzusetzen versucht.
Ganz anders sieht das Frank Ziegele vom C-H-E:
"Also Freiheit und Wettbewerb passen schon zusammen oder müssen eigentlich auch fast zusammen gehen. Der Staat definiert bestimmte Messwerte, nach denen er das Geld an die Hochschulen vergibt. Der Staat sagt aber, ich sag euch nicht, wie ihr das tun sollt, das ist eure Sache als Hochschule, aber ich belohne euch finanziell in einem Wettbewerb. Also Wettbewerb und Freiheit gehören hier zusammen."
Alles wird gezählt und bewertet
Messwerte und Zielvereinbarungen finden sich heute im überall im Wissenschaftssystem. Gezählt werden beispielsweise Publikationen, eingeworbene Drittmittel oder angemeldete Patente. Anhand solcher Kennzahlen verteilen Ministerien Geld. Mit Kennzahlen werden Publikationen, Wissenschaftler und Fakultäten bewertet. Kennzahlen entscheiden über Karrieren.
Wissenschaftliche Zeitschriften beispielsweise weisen einen Journal Impact-Faktor aus. Diese Zahl drückt ihre Reputation aus. Für eine Wissenschaftlerin heißt das: Viele Publikationen machen sich gut im Lebenslauf. Aber viele Publikationen in hochrangigen Journals sind um ein Vielfaches besser.
Björn Brembs, ein Neurobiologe von der Universität Regensburg, kritisiert die übergroße Rolle von statistischen Kennzahlen und Ranglisten – rankings – in der Forschungspraxis.
"Mittlerweile ist es ja so, dass alles und jede und jeder gerankt werden. Es werden Universitäten gerankt. Die Journale, in denen wir publizieren, werden gerankt. Es werden dann Wissenschaftler gerankt anhand aller möglichen Kennzahlen."
Diese Zahlen seien aber wenig aussagekräftig und setzten oftmals unerwünschte Anreize.
"Wenn die Quantität auch noch zählt, haben wir natürlich einen Anreiz, wenn ich fünf Experimente habe, die einen Sachverhalt nachweisen, möglichst fünf Publikationen zu machen und dann den Sachverhalt in einer Übersichtsarbeit zu publizieren, so dass ich dann insgesamt sechs Publikationen habe. Das nennt man dann Salami-Slicing, Salami schneiden, dass man seine Forschungsergebnisse auf möglichst viele Artikel verteilen kann."
Noch ein Beispiel: Hohe Summen an Drittmittel einzuwerben, steht für Erfolg. Für die Universitäten sind sie auch deshalb attraktiv, weil ein Teil des Geldes in die Verwaltung fließt. Deshalb besteht ein Anreiz, Experimente möglichst teuer zu machen. Oder anders gesagt: Eine Forscherin, die Steuermittel sparsam einsetzt, schadet ihrer Karriere und ihrer Einrichtung.
Wissenschaftliche Zeitschriften beispielsweise weisen einen Journal Impact-Faktor aus. Diese Zahl drückt ihre Reputation aus. Für eine Wissenschaftlerin heißt das: Viele Publikationen machen sich gut im Lebenslauf. Aber viele Publikationen in hochrangigen Journals sind um ein Vielfaches besser.
Björn Brembs, ein Neurobiologe von der Universität Regensburg, kritisiert die übergroße Rolle von statistischen Kennzahlen und Ranglisten – rankings – in der Forschungspraxis.
"Mittlerweile ist es ja so, dass alles und jede und jeder gerankt werden. Es werden Universitäten gerankt. Die Journale, in denen wir publizieren, werden gerankt. Es werden dann Wissenschaftler gerankt anhand aller möglichen Kennzahlen."
Diese Zahlen seien aber wenig aussagekräftig und setzten oftmals unerwünschte Anreize.
"Wenn die Quantität auch noch zählt, haben wir natürlich einen Anreiz, wenn ich fünf Experimente habe, die einen Sachverhalt nachweisen, möglichst fünf Publikationen zu machen und dann den Sachverhalt in einer Übersichtsarbeit zu publizieren, so dass ich dann insgesamt sechs Publikationen habe. Das nennt man dann Salami-Slicing, Salami schneiden, dass man seine Forschungsergebnisse auf möglichst viele Artikel verteilen kann."
Noch ein Beispiel: Hohe Summen an Drittmittel einzuwerben, steht für Erfolg. Für die Universitäten sind sie auch deshalb attraktiv, weil ein Teil des Geldes in die Verwaltung fließt. Deshalb besteht ein Anreiz, Experimente möglichst teuer zu machen. Oder anders gesagt: Eine Forscherin, die Steuermittel sparsam einsetzt, schadet ihrer Karriere und ihrer Einrichtung.
Nachwuchs steht unter zunehmenden Konkurrenzdruck
Gleichzeitig, so der Neurobiologe Björn Brembs, sei der Arbeitsmarkt für Forscher von Stellenmangel und daher einer scharfen Konkurrenz geprägt.
"Natürlich ist es nicht so, dass jeder der Doktoranden Professor werden will. Aber trotzdem weiß jeder, dass man wirklich viele Leute ausstechen muss, um so eine feste Stelle zu bekommen. So dass man dann sehr schnell bei der Erkenntnis landet: Okay, im Prinzip muss ich ein Superstar sein. Und in dem Moment, wo ich nicht überall exzellent drauf stehen habe auf meinem Lebenslauf, dann bin ich eigentlich raus. Die Vorstellung vieler junger Leute ist: Entweder muss ich in Nature publizieren, oder ich darf Taxi fahren. Das ist so der Druck, unter dem dann die Leute stehen."
Die Forscherin und Forscher stecken in einem Korsett aus formalen Messwerten, das letztlich ihre wissenschaftliche Freiheit einschränkt. Denn Abweichungen werden mit Karrierenachteilen bestraft – selbst wenn diese inhaltlich wissenschaftlich produktiv wären.
Dass zu große Kennzahlengläubigkeit destruktive Folgen hat, ist mittlerweile weitgehend Konsens. Auch Frank Ziegele vom C-H-E sieht diese Fehlentwicklung:
"Es gibt inzwischen Berufungsverfahren, wo die Kommissionen, die diese Berufung machen, fast nur noch auf diese Publikationszahlen gucken und dann zählen und zum Teil wahrscheinlich wirklich auch Fehlentscheidungen treffen, weil einer wie wild publiziert hat, um dieses Ruf zu kriegen, und sich zum Beispiel überhaupt nicht um seine Studenten kümmert."
Aber wie groß dieses Problem wirklich ist – und wie das Anreizsystem reformiert werden könnte, ist unklar. Heute entscheiden Kennzahlen auch über die Verteilung der wichtigen Drittmittel – und ohne die geht in der Forschung kaum noch etwas. Noch einmal Björn Brembs:
"Diese Grundausstattung im Sinne von Budget- und Personalmittel sind so langsam angestiegen, dass ein Großteil der biomedizinischen Forschung mit diesen Mitteln nicht mehr gemacht werden kann. Das heißt: Selbst wenn ich mit meinem Gehalt als verbeamteter Professor gut situiert dastehe und relativ sicher bin, ist es doch so, dass vieler meiner Mitarbeiter von diesen Drittmitteln abhängig sind. Und auch diese Drittmittel werden oft nach Kennzahlen vergeben, das heißt: Wo habe ich publiziert, wie viel habe ich publiziert, sodass dieses Hasenrennen eigentlich nie aufhört."
"Natürlich ist es nicht so, dass jeder der Doktoranden Professor werden will. Aber trotzdem weiß jeder, dass man wirklich viele Leute ausstechen muss, um so eine feste Stelle zu bekommen. So dass man dann sehr schnell bei der Erkenntnis landet: Okay, im Prinzip muss ich ein Superstar sein. Und in dem Moment, wo ich nicht überall exzellent drauf stehen habe auf meinem Lebenslauf, dann bin ich eigentlich raus. Die Vorstellung vieler junger Leute ist: Entweder muss ich in Nature publizieren, oder ich darf Taxi fahren. Das ist so der Druck, unter dem dann die Leute stehen."
Die Forscherin und Forscher stecken in einem Korsett aus formalen Messwerten, das letztlich ihre wissenschaftliche Freiheit einschränkt. Denn Abweichungen werden mit Karrierenachteilen bestraft – selbst wenn diese inhaltlich wissenschaftlich produktiv wären.
Dass zu große Kennzahlengläubigkeit destruktive Folgen hat, ist mittlerweile weitgehend Konsens. Auch Frank Ziegele vom C-H-E sieht diese Fehlentwicklung:
"Es gibt inzwischen Berufungsverfahren, wo die Kommissionen, die diese Berufung machen, fast nur noch auf diese Publikationszahlen gucken und dann zählen und zum Teil wahrscheinlich wirklich auch Fehlentscheidungen treffen, weil einer wie wild publiziert hat, um dieses Ruf zu kriegen, und sich zum Beispiel überhaupt nicht um seine Studenten kümmert."
Aber wie groß dieses Problem wirklich ist – und wie das Anreizsystem reformiert werden könnte, ist unklar. Heute entscheiden Kennzahlen auch über die Verteilung der wichtigen Drittmittel – und ohne die geht in der Forschung kaum noch etwas. Noch einmal Björn Brembs:
"Diese Grundausstattung im Sinne von Budget- und Personalmittel sind so langsam angestiegen, dass ein Großteil der biomedizinischen Forschung mit diesen Mitteln nicht mehr gemacht werden kann. Das heißt: Selbst wenn ich mit meinem Gehalt als verbeamteter Professor gut situiert dastehe und relativ sicher bin, ist es doch so, dass vieler meiner Mitarbeiter von diesen Drittmitteln abhängig sind. Und auch diese Drittmittel werden oft nach Kennzahlen vergeben, das heißt: Wo habe ich publiziert, wie viel habe ich publiziert, sodass dieses Hasenrennen eigentlich nie aufhört."
Das Problem der Drittmittel-Finanzierung
Jeder vierte Mensch, der in Vollzeit in der Forschung tätig ist, wird gegenwärtig aus Drittmitteln finanziert. Das Centrum für Hochschulentwicklung hat sich immer für Wettbewerb und diverse Einkunftsquellen stark gemacht. Aber sogar Frank Ziegele glaubt, man habe die Wettbewerbsorientierung stellenweise zu weit getrieben.
"Wettbewerb wird kontraproduktiv, wenn sein Anteil an der Finanzierung zu groß wird. Wir haben da vor einiger Zeit eine Studie dazu gemacht in Niedersachsen, und festgestellt, dass der Anteil der festen Grundmittel an manchen Hochschulen inzwischen deutlich unter 50 Prozent sind. Das heißt mehr als 50 Prozent muss permanent in Wettbewerben eingeworben werden. Und das ist, glaub ich, ein wenig überzogen und sorgt zum Beispiel auch dafür, dass da eine kontinuierliche Antragsbürokratie zu Stande kommt, wo Hochschulen ununterbrochen Geld beantragen müssen. Und wenn das Geld nur kurzfristig zugesagt ist, dann scheuen die auch davor, damit langfristige Stellen zu schaffen, weil sie eben wissen, wir haben das Geld gar nicht unbedingt langfristig."
"Wettbewerb wird kontraproduktiv, wenn sein Anteil an der Finanzierung zu groß wird. Wir haben da vor einiger Zeit eine Studie dazu gemacht in Niedersachsen, und festgestellt, dass der Anteil der festen Grundmittel an manchen Hochschulen inzwischen deutlich unter 50 Prozent sind. Das heißt mehr als 50 Prozent muss permanent in Wettbewerben eingeworben werden. Und das ist, glaub ich, ein wenig überzogen und sorgt zum Beispiel auch dafür, dass da eine kontinuierliche Antragsbürokratie zu Stande kommt, wo Hochschulen ununterbrochen Geld beantragen müssen. Und wenn das Geld nur kurzfristig zugesagt ist, dann scheuen die auch davor, damit langfristige Stellen zu schaffen, weil sie eben wissen, wir haben das Geld gar nicht unbedingt langfristig."
Vor dem Eingang des Bundesbildungsministeriums protestieren wissenschaftliche Mitarbeiter gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen. Eine junge Frau mit glatten halblangen Haaren nimmt sich das Mikrophon.
"Wo bleibt Zeit für das Betreuen von Hausarbeiten? Wo bleibt Zeit für Sprechstunden? Wo bleibt Zeit, es klingt vielleicht trivial, für das Beantworten von Emails? Wo bleibt Zeit für das gewissenhafte Prüfen von Abschlussarbeiten? Kurz, wo bleibt Zeit für Qualität?"
Aileen Behrendt ist Anglistin und engagiert sich in der Kampagne "Frist ist Frust", für dauerhafte Stellen an Universitäten und Forschungseinrichtungen. Die prekäre finanzielle Situation der Hochschulen muss der sogenannte akademische Mittelbau ausbaden: studentische Mitarbeiter, Promovierende und Stipendiaten, Privatdozentinnen und Lehrbeauftragte. Häufig dauern ihre Verträge nur ein Jahr, manche nur ein halbes oder ein viertel Jahr.
"Es ist natürlich nicht einfach, sich auf eine Sache zu konzentrieren, wenn man sich immer fragt, wo die Miete dann herkommen soll, in einem Monat oder in einem halben Jahr, aber die Frist ist immer da. Das lähmt teilweise."
Mit ihrer Promotion in wenigen Wochen wird ihre Stelle auslaufen. Wie es danach weiter geht, weiß sie nicht.
"An sich bin ich trotzdem davon überzeugt, dass das ein schöner Job an sich ist, nur die Rahmenbedingungen, also die Beschäftigungsbedingungen sind furchtbar. Und so werde ich halt sehen, welche offenen Postdoc-Stellen ausgeschrieben sind und mich darauf bewerben."
"Der einzige Karriereweg, den man hat, wenn man promoviert, ist quasi auf die Professur hinzuarbeiten. Und auf eine Professur kommen ungefähr sechs Doktorandinnen-Stellen."
Die Anglistin Aileen Behrendt forscht und unterrichtet. Sie beklagt, dass Forschung und Lehre auseinanderstreben.
"So wie wir jetzt gerade unser Institut führen, ist es tatsächlich so, dass Leute wie ich sehr viel forschungsbasierte Lehre machen, also sehr viel auf aktuelle Forschung eingehen können. Es entwickelt sich allerdings dahin, dass man irgendwann sehr repetitive Lehre macht, Lehre von der Stange macht, auf bestimmte Studierende nicht mehr eingehen kann, die Betreuung der Studierenden darunter massiv leiden wird."
"Wo bleibt Zeit für das Betreuen von Hausarbeiten? Wo bleibt Zeit für Sprechstunden? Wo bleibt Zeit, es klingt vielleicht trivial, für das Beantworten von Emails? Wo bleibt Zeit für das gewissenhafte Prüfen von Abschlussarbeiten? Kurz, wo bleibt Zeit für Qualität?"
Aileen Behrendt ist Anglistin und engagiert sich in der Kampagne "Frist ist Frust", für dauerhafte Stellen an Universitäten und Forschungseinrichtungen. Die prekäre finanzielle Situation der Hochschulen muss der sogenannte akademische Mittelbau ausbaden: studentische Mitarbeiter, Promovierende und Stipendiaten, Privatdozentinnen und Lehrbeauftragte. Häufig dauern ihre Verträge nur ein Jahr, manche nur ein halbes oder ein viertel Jahr.
"Es ist natürlich nicht einfach, sich auf eine Sache zu konzentrieren, wenn man sich immer fragt, wo die Miete dann herkommen soll, in einem Monat oder in einem halben Jahr, aber die Frist ist immer da. Das lähmt teilweise."
Mit ihrer Promotion in wenigen Wochen wird ihre Stelle auslaufen. Wie es danach weiter geht, weiß sie nicht.
"An sich bin ich trotzdem davon überzeugt, dass das ein schöner Job an sich ist, nur die Rahmenbedingungen, also die Beschäftigungsbedingungen sind furchtbar. Und so werde ich halt sehen, welche offenen Postdoc-Stellen ausgeschrieben sind und mich darauf bewerben."
"Der einzige Karriereweg, den man hat, wenn man promoviert, ist quasi auf die Professur hinzuarbeiten. Und auf eine Professur kommen ungefähr sechs Doktorandinnen-Stellen."
Die Anglistin Aileen Behrendt forscht und unterrichtet. Sie beklagt, dass Forschung und Lehre auseinanderstreben.
"So wie wir jetzt gerade unser Institut führen, ist es tatsächlich so, dass Leute wie ich sehr viel forschungsbasierte Lehre machen, also sehr viel auf aktuelle Forschung eingehen können. Es entwickelt sich allerdings dahin, dass man irgendwann sehr repetitive Lehre macht, Lehre von der Stange macht, auf bestimmte Studierende nicht mehr eingehen kann, die Betreuung der Studierenden darunter massiv leiden wird."
Hochschulen sollen Planungssicherheit bekommen
Anfang Mai einigten sich Bund und Länder über die Finanzierung der Forschung bis zum Jahr 2030. Auch die Grundfinanzierung soll steigen und die Hochschulen Planungssicherheit bekommen. Die Bundesländer wiederum sollen sich freiwillig verpflichten, mehr Dauerstellen im akademischen Mittelbau zu schaffen. Ob und in welchem Umfang sie das tun werden, ist unklar.
Forschung und Lehre sind frei. Freiheit! Ein hohes Gut. Aber auch ein vager Begriff. Fragwürdige Qualitätsstandards, der Einfluss von Kapitalinteressen, prekäre Arbeitsverhältnisse – Probleme in der Forschung gibt es reichlich. Sie zu lösen wäre das einfachste und wirksamste Mittel gegen die grassierende Wissenschaftsskepsis.
Forschung und Lehre sind frei. Freiheit! Ein hohes Gut. Aber auch ein vager Begriff. Fragwürdige Qualitätsstandards, der Einfluss von Kapitalinteressen, prekäre Arbeitsverhältnisse – Probleme in der Forschung gibt es reichlich. Sie zu lösen wäre das einfachste und wirksamste Mittel gegen die grassierende Wissenschaftsskepsis.