"Die Griechen wollen sparen"
Griechenland ist ein Land im Wandel, sagt der Abgeordnete Evangelos Antonaros von der liberal-konservativen Partei Nea Dimokratia. Den Griechen werde immer klarer, "dass sie umdenken müssen". Viele würden sparen und machten sich auf schwierige Zeiten gefasst.
Nana Brink: Die Griechenlandkrise beschäftigt uns in dieser "Ortszeit" natürlich, und zwar in mehreren Facetten. Doch bevor wir zum Beispiel den Blick nach Portugal wenden, den nächsten Wackelkandidaten, blicken wir zuerst einmal nach Griechenland selbst. Wie ist die Stimmung dort nach dem gestrigen Krisentreffen zwischen Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und Bundeskanzlerin Merkel? Das Rettungspaket für Griechenland soll ja auf 100 bis 120 Milliarden Euro aufgestockt werden, die genaue Zahl allerdings weiß niemand so genau. Griechenland soll de facto für drei Jahre vom Finanzmarkt genommen werden. Und genau darüber möchte ich jetzt sprechen mit den Evangelos Antonaros. Er ist Abgeordneter der liberalkonservativen Partei im griechischen Parlament, war früher auch einmal Regierungssprecher. Einen schönen guten Morgen, Herr Antonaros!
Evangelos Antonaros: Guten Morgen!
Nana Brink: Griechenland wird Gelder von der EU und dem IWF bekommen, auch Deutschland wird sich daran beteiligen. Was halten Sie von diesem Ergebnis?
Antonaros: Zunächst einmal wollte ich sagen, dass die Ergebnisse des Krisentreffens gestern in Deutschland mit einer gewissen Erleichterung in Griechenland aufgenommen worden sind. Und zwar deswegen, weil man mit größter Spannung in den letzten Wochen immer nach Berlin geschaut hat und auf die Reaktionen aus Deutschland, insbesondere auf die Stellungnahme von Frau Merkel gewartet hat.
Nana Brink: Warum ausgerechnet auf Deutschland?
Antonaros: Weil man weiß, dass Deutschland sozusagen der entscheidende Faktor ist. Das ist das zahlungskräftigste Land in der Europäischen Union, einmal das, und das Zweite ist, dass die Bundesregierung – so ist das jedenfalls hier in Griechenland interpretiert worden – eine ziemlich zögerliche Haltung bisher eingenommen hatte.
Nana Brink: Die Bundesregierung hat immer klargemacht, erstens Mal halten wir den Lissabon-Vertrag ein, also es gibt kein Bail-out, und dann hat sie aber auch klargemacht, die Eurogruppe wird dann entschlossen handeln. Das tun sie doch jetzt.
Antonaros: Ja, das tun sie auch und das wird auch sehr begrüßt. Ich würde auch sagen, vernünftige Analytiker der Situation haben das immer so betrachtet. Aber wissen Sie, Griechenland ist im Moment ein Land, das sich im Wandel befindet, und deswegen hat man jede kleinere Äußerung, auch von Abgeordneten im Bundestag oder sonst wo, vermutlich so dahingehend interpretiert, dass Deutschland doch nicht daran teilnehmen könnte. Und das hat die Griechen zusehends verunsichert.
Nana Brink: Nun wird ja Deutschland in erheblichem Maße daran teilnehmen, nicht nur mit acht Milliarden, sondern es ist ja jetzt auch von 25 Milliarden die Rede, die Zahlen, wie gesagt, sind noch Spekulation. Sie haben gesagt, Griechenland ist ein Land im Umbruch. Wie würden Sie diesen Umbruch denn in der Reaktion auf diese Krise beschreiben jetzt?
Antonaros: Zunächst mal wird den Griechen immer wieder immer klarer, von Tag zu Tag, dass sie, ich würde sagen, umdenken müssen, dass Entscheidungen auf sie zukommen, was die Kürzung ihres Einkommens betrifft, die nicht mehr zu vermeiden sind. Und wie Sie sicherlich verstehen können, ist das einem Volk nicht von heute auf morgen klarzumachen. Man braucht als Politiker, und zwar im ganzen Parteienspektrum, sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten, um den Leuten klarzumachen, dass sie über ihre Verhältnisse jahrelang, wenn nicht jahrzehntelang gelebt haben und dass sie jetzt umdenken müssen.
Nana Brink: Aber ist denn ...
Antonaros: Das schafft eine große Verunsicherung.
Nana Brink: Aber ist dann das, was in Griechenland ja vorgesehen ist, nämlich eine Streikwelle, am 5. Mai soll ja das ganze Land lahmgelegt werden, hilft das denn wirklich, die Krise zu überwinden? Sie als ehemaliger Regierungssprecher müssen das einschätzen?
Antonaros: Das sollte man nicht überbewerten, das ist ... Wissen Sie, wenn man, natürlich, wenn man von einer großen Streikwelle hört, dann denkt man sofort, das Land wird lahmgelegt, aber allein die Tatsache, dass zurzeit sozusagen nur vereinzelt Streiks stattfinden und dass erst, sagen wir, Ende nächster Woche ein Streik stattfinden soll, zeigt doch, dass die Leute, ich würde sagen, besonnen darauf reagieren.
Die Gewerkschaften versuchen, das Volk zu mobilisieren. Das scheint ihnen zurzeit nicht zu gelingen, ja? Denn die Griechen wissen auf der anderen Seite ganz genau, sie müssen zeigen, ausgerechnet jetzt, dass das Land ruhig bleibt. Wir befinden uns sozusagen vor der Touristensaison, Griechenland braucht die Besucher. Und wenn das den Eindruck erwecken sollte, dass alles unruhig wird, können Sie sich vorstellen, dass viele Besucher, die auf den letzten Drücker die Griechenlandreise reservieren, doch wegbleiben könnten.
Nana Brink: Aber das ist ja genau das Signal, was ja ausgesendet wird. Ein Generalstreik ist ja nicht nur ein Streik von einzelnen Gewerkschaften, sondern man kann ja schon davon ausgehen, dass das eine breite Unterstützung erfährt. Haben Sie denn wirklich den Eindruck, dass die Griechen sparen wollen, dass sie es wirklich eingesehen haben?
Antonaros: Die Griechen wollen sparen. Wissen Sie, ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung ein kleines Erlebnis erzählen. Ich fahre zu Ostern, ich fahre immer zu Ostern auf eine kleine griechische Insel, wo ich auch ein Ferienhaus habe. Normalerweise verbringen das Osterfest bis zu 3500 Leute jedes Jahr und das in den letzten 15 Jahren Urlaube auf dieser Insel. Dieses Jahr gab es nur knapp 2000 Besucher, das ist erheblich weniger. Die Leute bleiben zu Hause und versuchen, das Geld, über das sie verfügen, möglichst nicht auszugeben, weil sie sich eben auf schwierige Zeiten gefasst machen.
Nana Brink: Evangelos Antonaros, Abgeordneter der liberalkonservativen Partei im griechischen Parlament, und wir sprachen über die Reaktionen in Griechenland. Vielen Dank für das Gespräch!
Antonaros: Ich danke Ihnen auch!
Evangelos Antonaros: Guten Morgen!
Nana Brink: Griechenland wird Gelder von der EU und dem IWF bekommen, auch Deutschland wird sich daran beteiligen. Was halten Sie von diesem Ergebnis?
Antonaros: Zunächst einmal wollte ich sagen, dass die Ergebnisse des Krisentreffens gestern in Deutschland mit einer gewissen Erleichterung in Griechenland aufgenommen worden sind. Und zwar deswegen, weil man mit größter Spannung in den letzten Wochen immer nach Berlin geschaut hat und auf die Reaktionen aus Deutschland, insbesondere auf die Stellungnahme von Frau Merkel gewartet hat.
Nana Brink: Warum ausgerechnet auf Deutschland?
Antonaros: Weil man weiß, dass Deutschland sozusagen der entscheidende Faktor ist. Das ist das zahlungskräftigste Land in der Europäischen Union, einmal das, und das Zweite ist, dass die Bundesregierung – so ist das jedenfalls hier in Griechenland interpretiert worden – eine ziemlich zögerliche Haltung bisher eingenommen hatte.
Nana Brink: Die Bundesregierung hat immer klargemacht, erstens Mal halten wir den Lissabon-Vertrag ein, also es gibt kein Bail-out, und dann hat sie aber auch klargemacht, die Eurogruppe wird dann entschlossen handeln. Das tun sie doch jetzt.
Antonaros: Ja, das tun sie auch und das wird auch sehr begrüßt. Ich würde auch sagen, vernünftige Analytiker der Situation haben das immer so betrachtet. Aber wissen Sie, Griechenland ist im Moment ein Land, das sich im Wandel befindet, und deswegen hat man jede kleinere Äußerung, auch von Abgeordneten im Bundestag oder sonst wo, vermutlich so dahingehend interpretiert, dass Deutschland doch nicht daran teilnehmen könnte. Und das hat die Griechen zusehends verunsichert.
Nana Brink: Nun wird ja Deutschland in erheblichem Maße daran teilnehmen, nicht nur mit acht Milliarden, sondern es ist ja jetzt auch von 25 Milliarden die Rede, die Zahlen, wie gesagt, sind noch Spekulation. Sie haben gesagt, Griechenland ist ein Land im Umbruch. Wie würden Sie diesen Umbruch denn in der Reaktion auf diese Krise beschreiben jetzt?
Antonaros: Zunächst mal wird den Griechen immer wieder immer klarer, von Tag zu Tag, dass sie, ich würde sagen, umdenken müssen, dass Entscheidungen auf sie zukommen, was die Kürzung ihres Einkommens betrifft, die nicht mehr zu vermeiden sind. Und wie Sie sicherlich verstehen können, ist das einem Volk nicht von heute auf morgen klarzumachen. Man braucht als Politiker, und zwar im ganzen Parteienspektrum, sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten, um den Leuten klarzumachen, dass sie über ihre Verhältnisse jahrelang, wenn nicht jahrzehntelang gelebt haben und dass sie jetzt umdenken müssen.
Nana Brink: Aber ist denn ...
Antonaros: Das schafft eine große Verunsicherung.
Nana Brink: Aber ist dann das, was in Griechenland ja vorgesehen ist, nämlich eine Streikwelle, am 5. Mai soll ja das ganze Land lahmgelegt werden, hilft das denn wirklich, die Krise zu überwinden? Sie als ehemaliger Regierungssprecher müssen das einschätzen?
Antonaros: Das sollte man nicht überbewerten, das ist ... Wissen Sie, wenn man, natürlich, wenn man von einer großen Streikwelle hört, dann denkt man sofort, das Land wird lahmgelegt, aber allein die Tatsache, dass zurzeit sozusagen nur vereinzelt Streiks stattfinden und dass erst, sagen wir, Ende nächster Woche ein Streik stattfinden soll, zeigt doch, dass die Leute, ich würde sagen, besonnen darauf reagieren.
Die Gewerkschaften versuchen, das Volk zu mobilisieren. Das scheint ihnen zurzeit nicht zu gelingen, ja? Denn die Griechen wissen auf der anderen Seite ganz genau, sie müssen zeigen, ausgerechnet jetzt, dass das Land ruhig bleibt. Wir befinden uns sozusagen vor der Touristensaison, Griechenland braucht die Besucher. Und wenn das den Eindruck erwecken sollte, dass alles unruhig wird, können Sie sich vorstellen, dass viele Besucher, die auf den letzten Drücker die Griechenlandreise reservieren, doch wegbleiben könnten.
Nana Brink: Aber das ist ja genau das Signal, was ja ausgesendet wird. Ein Generalstreik ist ja nicht nur ein Streik von einzelnen Gewerkschaften, sondern man kann ja schon davon ausgehen, dass das eine breite Unterstützung erfährt. Haben Sie denn wirklich den Eindruck, dass die Griechen sparen wollen, dass sie es wirklich eingesehen haben?
Antonaros: Die Griechen wollen sparen. Wissen Sie, ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung ein kleines Erlebnis erzählen. Ich fahre zu Ostern, ich fahre immer zu Ostern auf eine kleine griechische Insel, wo ich auch ein Ferienhaus habe. Normalerweise verbringen das Osterfest bis zu 3500 Leute jedes Jahr und das in den letzten 15 Jahren Urlaube auf dieser Insel. Dieses Jahr gab es nur knapp 2000 Besucher, das ist erheblich weniger. Die Leute bleiben zu Hause und versuchen, das Geld, über das sie verfügen, möglichst nicht auszugeben, weil sie sich eben auf schwierige Zeiten gefasst machen.
Nana Brink: Evangelos Antonaros, Abgeordneter der liberalkonservativen Partei im griechischen Parlament, und wir sprachen über die Reaktionen in Griechenland. Vielen Dank für das Gespräch!
Antonaros: Ich danke Ihnen auch!