Die Herren des Erdöls
Fünf Staaten gründeten in Bagdad die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC). Zu Beginn betrachtete die Welt die OPEC nur als einen Papiertiger. Doch spätestens mit der Ölkrise 1973 demonstrierte sie ihre Macht.
"Wer wird Kartelle bilden, wer wird sich beteiligen wollen, wenn er daraus nicht einen Vorteil erwartet, mindestens einen höheren Gewinn, als er ohne Kartell erreichbar wäre? Und da schließt sich natürlich sofort die zweite Frage an: Wer zahlt dann eigentlich die Zeche?"
So warnte Wirtschaftsminister Ludwig Erhard 1959 vor Unternehmen, die durch Zusammenschlüsse und Preisabsprachen die Marktmechanismen außer Kraft setzen wollen, wobei er nicht erwähnte, dass sein Wirtschaftswunder von billigem Öl angetrieben wurde, dessen Preise bisher noch nie auf einem offenen Markt gebildet worden waren. Etwa drei Dollar kostete ein Barrel Öl 1959 im Jahresdurchschnitt, deutlich weniger als in den Jahren zuvor, was den Ölförderländern erhebliche Probleme bereitete. Während Erhard für ein schärferes deutsches Kartellrecht kämpfte, formte sich hinter dem Rücken der großen Industrienationen ein Verband, der bald einer der wichtigsten Akteure der Weltwirtschaft werden sollte.
" Wir haben einen sehr exklusiven Klub gegründet. Wir kontrollieren 90 Prozent der weltweiten Rohölexporte, und wir sind jetzt vereint. Wir machen Geschichte!",
verkündete der venezolanische Ölminister Perez Alfonso nach der Gründung der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) am 14. September 1960. Alfonso war die treibende Kraft hinter dem Versuch der Länder, mit großen Ölvorkommen, sich auch ein großes Stück von den Gewinnen zu sichern, die damit gemacht wurden. Er hatte den Ölmultis schon in den 40er-Jahren verbesserte Konditionen für sein Land abgetrotzt und sich mit den sogenannten Sieben Schwestern angelegt. Der Politikwissenschaftler Andreas Goldthau:
"Die 'Sieben Schwestern' stehen für die damals führenden und ausnahmslos westlichen Ölgesellschaften, die den Ölmarkt weitestgehend kontrollierten. In den 40er-Jahren noch hatten die 'Sieben Schwestern' einen Marktanteil von 80 Prozent und kontrollierten über 80 Prozent der Reserven."
Dass die Ölfirmen innerhalb weniger Jahre zu den größten Unternehmen der Welt werden konnten, lag zum einen an der ständig wachsenden Nachfrage nach Öl und zum anderen daran, dass die Unternehmen das Geschäft weitgehend kontrollierten. Andreas Goldthau:
"In den 1920er- und 1930er-Jahren, in denen das Kartell am wichtigsten und effizientesten funktionierte, waren die Ölförderländer nicht nur politisch schwach, sondern sie waren auch wirtschaftlich und finanziell nicht in der Lage, Ölvorkommen auszubeuten. Das heißt also, sie hatten weder die technologische Expertise, noch die Managementtechniken, noch die finanziellen Mittel um Ölvorkommen zu explorieren, zu fördern und das Öl dann auch zu verkaufen."
Diese Expertise ließen sich die Ölmultis teuer bezahlen und schlossen sehr profitable Förderverträge ab. Da sie zudem die ganze Verwertungskette bis hin zu den Zapfsäulen kontrollierten, hatten sie sowohl die Macht über den Ölpreis als auch über die Fördermenge. Die legten sie im Rahmen von regelmäßigen Kartellabsprachen fest. Für die Ölländer hieß das, dass ihre Staatseinnahmen im Wesentlichen von ausländischen Konzernen reguliert wurden, was in Zeiten der Dekolonisation und des erwachenden arabischen Nationalismus auf mehr und mehr Widerstand stieß. Andreas Goldthau:
"Diese Länder waren bestrebt, die Ölfirmen wie BP, wie Shell, wie Chevron, die sie als Ressourcenimperialisten betrachteten, abzuschütteln."
Den konkreten Anlass dazu lieferten die Imperialisten selbst: Am 9. August 1960 beschloss die "Standard Oil Company of New Jersey" einseitig die Senkung der Listenpreise für ein Barrel Rohöl um zehn Cent, die anderen sechs Schwestern folgten ihr. Dies löste in den Ölförderländern im Mittleren Osten wütende Proteste aus, denn es bedeutete für sie erneut massive Einnahmeverluste. Als Reaktion darauf kamen einen Monat später in Bagdad Vertreter aus Iran, Irak, Saudi Arabien, Kuwait und Venezuela zusammen und besprachen die Möglichkeiten zukünftiger Zusammenarbeit. Bis zum 14. September fassten die Ölminister allerdings nur drei Beschlüsse. Sie verpflichteten sich:
"- Anstrengungen zu unternehmen, die Preisreduzierungen vom August zurückzunehmen und sicher zu stellen, dass Preisänderungen zukünftig nicht ohne Rücksprache mit ihnen vorgenommen werden.
- ein System zur Preisstabilisierung und Produktionsregulierung zu erarbeiten und eine Organisation mit einem permanenten Sekretariat ins Leben zu rufen, die den Namen Organisation Erdöl exportierender Länder tragen und sich zukünftig alle zwei Jahre treffen soll."
Das war angesichts der Wut, die dem Treffen vorausgegangen war, erstaunlich harmlos, und vielen Beobachtern schien die OPEC ein Papiertiger zu sein. Der zeigte jedoch bald Zähne. Angetrieben von seinen arabischen Mitgliedern beschloss das Kartell im Herbst 1973, im Handstreich die Ölpreise zu verdoppeln, um den Westen so von der Unterstützung Israels im Jom-Kippur-Krieg abzubringen. Jetzt spürten die mächtigen Industrienationen deutlich, dass sie eine Achillesferse hatten.
Deren Reizung ging unter dem Namen Ölkrise in die Geschichtsbücher ein.
So warnte Wirtschaftsminister Ludwig Erhard 1959 vor Unternehmen, die durch Zusammenschlüsse und Preisabsprachen die Marktmechanismen außer Kraft setzen wollen, wobei er nicht erwähnte, dass sein Wirtschaftswunder von billigem Öl angetrieben wurde, dessen Preise bisher noch nie auf einem offenen Markt gebildet worden waren. Etwa drei Dollar kostete ein Barrel Öl 1959 im Jahresdurchschnitt, deutlich weniger als in den Jahren zuvor, was den Ölförderländern erhebliche Probleme bereitete. Während Erhard für ein schärferes deutsches Kartellrecht kämpfte, formte sich hinter dem Rücken der großen Industrienationen ein Verband, der bald einer der wichtigsten Akteure der Weltwirtschaft werden sollte.
" Wir haben einen sehr exklusiven Klub gegründet. Wir kontrollieren 90 Prozent der weltweiten Rohölexporte, und wir sind jetzt vereint. Wir machen Geschichte!",
verkündete der venezolanische Ölminister Perez Alfonso nach der Gründung der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) am 14. September 1960. Alfonso war die treibende Kraft hinter dem Versuch der Länder, mit großen Ölvorkommen, sich auch ein großes Stück von den Gewinnen zu sichern, die damit gemacht wurden. Er hatte den Ölmultis schon in den 40er-Jahren verbesserte Konditionen für sein Land abgetrotzt und sich mit den sogenannten Sieben Schwestern angelegt. Der Politikwissenschaftler Andreas Goldthau:
"Die 'Sieben Schwestern' stehen für die damals führenden und ausnahmslos westlichen Ölgesellschaften, die den Ölmarkt weitestgehend kontrollierten. In den 40er-Jahren noch hatten die 'Sieben Schwestern' einen Marktanteil von 80 Prozent und kontrollierten über 80 Prozent der Reserven."
Dass die Ölfirmen innerhalb weniger Jahre zu den größten Unternehmen der Welt werden konnten, lag zum einen an der ständig wachsenden Nachfrage nach Öl und zum anderen daran, dass die Unternehmen das Geschäft weitgehend kontrollierten. Andreas Goldthau:
"In den 1920er- und 1930er-Jahren, in denen das Kartell am wichtigsten und effizientesten funktionierte, waren die Ölförderländer nicht nur politisch schwach, sondern sie waren auch wirtschaftlich und finanziell nicht in der Lage, Ölvorkommen auszubeuten. Das heißt also, sie hatten weder die technologische Expertise, noch die Managementtechniken, noch die finanziellen Mittel um Ölvorkommen zu explorieren, zu fördern und das Öl dann auch zu verkaufen."
Diese Expertise ließen sich die Ölmultis teuer bezahlen und schlossen sehr profitable Förderverträge ab. Da sie zudem die ganze Verwertungskette bis hin zu den Zapfsäulen kontrollierten, hatten sie sowohl die Macht über den Ölpreis als auch über die Fördermenge. Die legten sie im Rahmen von regelmäßigen Kartellabsprachen fest. Für die Ölländer hieß das, dass ihre Staatseinnahmen im Wesentlichen von ausländischen Konzernen reguliert wurden, was in Zeiten der Dekolonisation und des erwachenden arabischen Nationalismus auf mehr und mehr Widerstand stieß. Andreas Goldthau:
"Diese Länder waren bestrebt, die Ölfirmen wie BP, wie Shell, wie Chevron, die sie als Ressourcenimperialisten betrachteten, abzuschütteln."
Den konkreten Anlass dazu lieferten die Imperialisten selbst: Am 9. August 1960 beschloss die "Standard Oil Company of New Jersey" einseitig die Senkung der Listenpreise für ein Barrel Rohöl um zehn Cent, die anderen sechs Schwestern folgten ihr. Dies löste in den Ölförderländern im Mittleren Osten wütende Proteste aus, denn es bedeutete für sie erneut massive Einnahmeverluste. Als Reaktion darauf kamen einen Monat später in Bagdad Vertreter aus Iran, Irak, Saudi Arabien, Kuwait und Venezuela zusammen und besprachen die Möglichkeiten zukünftiger Zusammenarbeit. Bis zum 14. September fassten die Ölminister allerdings nur drei Beschlüsse. Sie verpflichteten sich:
"- Anstrengungen zu unternehmen, die Preisreduzierungen vom August zurückzunehmen und sicher zu stellen, dass Preisänderungen zukünftig nicht ohne Rücksprache mit ihnen vorgenommen werden.
- ein System zur Preisstabilisierung und Produktionsregulierung zu erarbeiten und eine Organisation mit einem permanenten Sekretariat ins Leben zu rufen, die den Namen Organisation Erdöl exportierender Länder tragen und sich zukünftig alle zwei Jahre treffen soll."
Das war angesichts der Wut, die dem Treffen vorausgegangen war, erstaunlich harmlos, und vielen Beobachtern schien die OPEC ein Papiertiger zu sein. Der zeigte jedoch bald Zähne. Angetrieben von seinen arabischen Mitgliedern beschloss das Kartell im Herbst 1973, im Handstreich die Ölpreise zu verdoppeln, um den Westen so von der Unterstützung Israels im Jom-Kippur-Krieg abzubringen. Jetzt spürten die mächtigen Industrienationen deutlich, dass sie eine Achillesferse hatten.
Deren Reizung ging unter dem Namen Ölkrise in die Geschichtsbücher ein.