Die Jugendkirche effata in Münster

Stylisch chillen mit Jesus

Der Chorraum der Jugendkirche effata in Münster.
Der Chorraum der Jugendkirche effata in Münster. © Deutschlandradio / Kirsten Dietrich
Von Kirsten Dietrich |
Ein Rettungswagen als Oster-Deko, bunte Sitzsäcke statt Betbänke und Soundeffekte im Gottesdienst. In der Jugendkirche effata in Münster entscheiden Jugendliche, wie sie ihren Glauben ausleben wollen.
In der Jugendkirche effata sah die Karwoche vor Ostern in diesem Jahr so aus, sagt Jule Wellmann:
"Wir haben ne Mauer gebaut, hatten dann zu jedem Tag eine andere Frage, haben die dann mit auf die Mauer draufgeschrieben, und da konnten dann die Menschen ihre Antworten oder ihre Fragen oder was ihnen dazu eingefallen ist, auf diese Mauer schreiben, das hat auf dem Kirchplatz stattgefunden und war auf jeden Fall gut genutzt."
Jule Wellmann ist 20 und eine von ungefähr 90 Ehrenamtlichen – pardon:
"Ich bin als Stagehand aktiv."
Bühnenmitarbeiterin – klingt cool und ist passend, denn in der gotischen St. Martini-Kirche dominieren inzwischen professionelle Lichttechnik, Beamer und fest installierte Leinwand. Jugendkirche eben für junge Gottesdienstbesucher und –besucherinnen. Sound, Optik, Inszenierung sind untrennbar Teil der Verkündigung. In dieser Kirche steht wirklich nur, was drin sein soll, sagt Jugendpfarrer Hendrik Drüing.
"Es wird hier schon versucht, regelmäßig den Innenraum zu überprüfen, was hier in der Kirche steht, dass das kein Sammelsurium ist. Was man auch merkt, wenn man die Kirche betritt: Es ist ein sehr aufgeräumter, ein sehr leerer Raum. Und ein flexibler Raum."

Sitzsack statt Betbank

Die Wände weiß, die Stühle leicht zu entfernen, gezielte Akzente mit buntem Licht – Gotik trifft Minimalismus. Im Chorraum zwischen dem schlichten Altar aus Stein und dem Tabernakel liegen Teppiche und Sitzsäcke, farblich aufeinander abgestimmt, dazwischen liegt eine lebensgroße Christusfigur. Ein Ort für stilles Gebet. Mit einer zeitgemäßen Variante zur klassischen Kniebank - Beten und Chillen mit Jesus gewissermaßen.
"Was uns auch bewusst, dass das ein kleiner Luxus ist, den wir hier haben, die Kirche selber als Gebäude, als großer Raum, der vor drei Jahren groß renoviert wurde und mit technisch neusten Sachen ausgestattet wurde, dass die Jugendkirche eben bewusst für Jugendliche da ist."

Ein Rettungswagen als Oster-Deko

Caroline Freitag ist pastorale Mitarbeiterin an der Jugendkirche.
"In unserer Arbeit versuchen wir auch zu vermitteln, dass die Jugendlichen diesen Raum wirklich für sich nutzen sollen und können und wir auch alle Ressourcen dafür zur Verfügung stellen, damit sie den so einrichten, herrichten können, wie sie es schön finden, wie es für sie passt. Also zu Ostern gab‘s zum Beispiel auch mal einen Rettungswagen in der Kirche. Als Jesus, den Heiland, den Retter."
Hendrik Drüing erklärt:
"Wir versuchen, Glaubensinhalte wirklich zu durchdringen und für Jugendliche noch einmal klarer zu machen. Um sie dann Jugendlichen vielleicht auch noch mal anzubieten. In der Form versuchen wir aber dann vielleicht eine Leichtigkeit, eine Niederschwelligkeit reinzubringen, um überhaupt diese Auseinandersetzung herzustellen.
Der Eingangsbereich der Jugendkirche effata in Münster.
Der Eingangsbereich der Jugendkirche effata in Münster. © Deutschlandradio / Kirsten Dietrich
Effata, das ist hebräisch und heißt "öffne dich" – Jesus sagte es, als er einen Gehörlosen heilte, der katholische Priester sagt es noch heute bei jeder Taufe. Auch das Erzbistum Münster will sich mit der Jugendkirche effata öffnen: zur Welt der jungen Menschen und ihrer Kultur. Das geht heute nicht mehr mit einem dunklen Kellerraum irgendwo im Gemeindehaus. 250.000 Euro ist dieser andere Weg dem Bistum wert, aber davon muss auch die Kirche erhalten werden, sagt Diözesanjugendpfarrer Hendrik Drüing. Für Veranstaltungen und Projekte bleiben 30.000 Euro.
"Pastoraltheologisch gibt es Jugendkirchen seit etwa 20-15 Jahren. Der Versuch war, wirklich komplett neue Zielgruppen zu erreichen, Menschen zu erreichen, die vielleicht den Kontakt zu Kirche verloren haben. Das gelingt zum Teil, aber es ist vor allem eben auch ein Angebot für kirchlich sozialisierte Jugendliche, die dann vielleicht noch mal einen ganz besonderen Ausdrucksort haben für ihren Glauben und für ihre Lebensfragen."
Junge Menschen wie Anna Steling:
"Weil mich das total anspricht. Ich kenne es von zuhause nicht, dass ich gerne in den Gottesdienst gehe, und hier bin ich jeden Sonntag dabei, und das steht fest in meinem Terminkalender, dass ich jeden Sonntag um sieben Uhr hier zur Kirche gehe. Das spricht mich an. Das ist jugendlich, das ist modern und packt mich in meinem Alltag, und was mich gerade so beschäftigt, da knüpft das richtig gut an."
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