"Die katholische Kirche hat einen Sinn für Show"
Die Papstwahl beeindruckt mit ihren Ritualen und Regeln nicht nur Gläubige. Das Warten auf den weißen Rauch fasziniert auch Filmschaffende wie den Regisseur Christoph Schrewe. In seinem Film "Das Konklave" inszenierte er die Papstwahl von Pius II. im Jahr 1458.
Stephan Karkowsky: Weltweit wird heute auf den Vatikan geschaut. Im Konklave versammeln sich 118 katholische Kardinäle zur Papstwahl. Dieses Spektakel übt eine merkwürdige Faszination aus, selbst auf Menschen, denen der katholische Glaube egal oder vielleicht sogar suspekt ist. Woran liegt das? Das versuchen wir zu ergründen im Gespräch mit dem Berliner Regisseur Christoph Schrewe, der hat vor ein paar Jahren einen Kinofilm gedreht namens "Das Konklave", der spielte allerdings zur Zeit der Borgia. Guten Morgen Herr Schrewe – jetzt habe ich schon wieder Borger gesagt!
Christoph Schrewe: Ja – Borgia. Guten Morgen!
Karkowsky: Gar nicht so einfach.
Schrewe: Ja.
Karkowsky: Was hatte Sie denn seinerzeit dazu gebracht, einen Spielfilm zu drehen über das Konklave.
Schrewe: Ja, das ist eine deutsch-kanadische Koproduktion gewesen – der Produzent Paul Donovan ist damals an mich herangetreten, mit dem ich schon mehrere Filme vorher zusammen gemacht hatte. Und das war eine gemeinsame Beschäftigung mit der Zeit von der Renaissance, mit diesen besonderen 70 Jahren, wo eine sehr viel liberalere Zeitepoche da war, wo wir das Gefühl hatten, die Themen, die damals verhandelt wurden zwischen Fundamentalismus und Aufbruch in eine Welt, wo der Mensch im Mittelpunkt rückt, und nicht – wie soll ich sagen? – ja, wo der Mensch hingegangen ist, und das Gottgegebene angefangen hat zu verlassen und gesagt hat, ja, wir sind dafür verantwortlich, was unser Schicksal ist, und es kommt nicht von Gott. Und in dieser sehr, sehr spannenden Zeit gibt es eben diese Familie von den Borgias, die mehrere Päpste gestellt hat, und der spannendste und in der Mitte von dieser Renaissance liegende Alexander VI., Rodrigo Borgia, der ist der Mittelpunkt gewesen von unserem Film damals.
Karkowsky: Und in diesem Konklave, wenn ich mich recht erinnere, waren es noch weit weniger Kardinäle, die sich versammeln mussten, 1458, oder?
Schrewe: Ja, wir hatten 18 Kardinäle, und wir haben das damals in Kanada, in Halifax im Studio haben wir die zwei Säle, in denen das damals stattfand – die Sixtinische Kapelle existierte noch gar nicht –, die haben wir gebaut und haben dann innerhalb von 18 Tagen mit 18 Kardinälen uns dort im Wesentlichen eingeschlossen, die durften abends nach Hause und ins Hotel, aber dann morgens wieder weitergemacht, und haben chronologisch uns durch diesen Prozess der Konklave von 1458 durchgearbeitet.
Karkowsky: Für Filmemacher sind Kirchenthemen, nehme ich an, häufig ein sehr dankbares Sujet. Also im Wettbewerb der Berlinale gab es in diesem Jahr gleich zwei Nonnenfilme, in beiden fiel auf diese uralte Ästhetik der kirchlichen Kostüme hat ja nichts von ihrer eigentümlichen Faszination verloren. Hatten die früher einfach die besseren Designer oder ist es das Unveränderte, das Traditionelle, das uns hier in den Bann zieht, auch bei den Roben der Kardinäle?
Schrewe: Die katholische Kirche hat einen unglaublichen Sinn für die Show, für das Darstellen, für die Pracht und für Rituale, die, wenn man die dann anguckt und teilnimmt, helfen in der Entrückung, in der Darstellung von dem, dass es einen Gott gibt. Das kommt … mit Sicherheit hat das verschiedene Teile, es gibt auf der einen Seite, waren das sehr … Leute an der Spitze der Gesellschaft, es war eine Elite, das ist auch immer noch eine, und das ist ein sehr ausgewählter Kreis. Und die haben sich, als die anfingen mit diesen tollen Kostümen, einfach getraut, Sachen zu tun, die die Menge der Menschen nicht getan hat. Und die sind besonders hervorgestanden und sind auf eine Art Vorläufer von dem, worin ich arbeite, also im weitesten Sinne Entertainmentindustrie oder Unterhaltungsindustrie, und die katholische Kirche kann das auf eine Art, einen da verzaubern und entrücken, das fasziniert mich jedes Mal, und auch wenn ich das jetzt sehe und im Fernsehen gucke, obwohl ich selber schon sozusagen im Nachbau der Sixtinischen Kapelle viel Zeit verbracht habe und Rituale inszeniert habe, es ist immer wieder faszinierend.
Karkowsky: Aber sie sucht keinen Anschluss an die moderne Medienwelt, das ist merkwürdig. Also es gibt keine Kameras, keine Mikrofone in der Sixtinischen Kapelle, sogar Störsender, damit niemand das Ergebnis vorher raustwittern kann oder eine SMS schicken. Also ganz anders als bei etwa der Thronbesteigung einer Königin oder einer Adelshochzeit wird ja hier der ansehnlichste Teil des Spektakels versteckt. Verstehen Sie, warum die das so machen, warum die sich Konklave, also mit dem Schlüssel, von der Außenwelt abschließen?
Schrewe: Es geht um einen unbeeinflussten Prozess. Der ist natürlich beeinflusst – es ist so, dass der Vatikan früher so was ist, wie wir es jetzt vielleicht in New York mit den United Nations haben, das heißt, es sind von den verschiedenen Fürstenhäusern in Europa damals die – es musste immer ein Sohn, ein Cousin Kardinal werden und versuchen, dort in Rom Karriere zu machen und die Position des Landes zu verhandeln. Das heißt, es gibt natürlich in jedem – traditionell war jeder Kardinal mit einem Land verbunden, mit einem Kaiser, mit einem König, mit einem Fürstentum, und hat versucht, die Interessen von diesen Fürstentum dort auch durchzusetzen, versuchen zu schützen, und das, da kommt das her, dass man aber sagt, dann ist auch Schluss mit dem Einfluss, und wir sind Gott gegenüber verantwortlich. Und dieses Gott gegenüber verantwortlich Sein heißt dann auch, im Gebet verantwortlich sein, sich einschließen und nur mit sich selbst zu beschäftigen, und dann für einen Moment diesen Rummel draußen zu lassen. Und das hat auch einen großen Vorteil, weil bei uns ja alle Prozesse mit diesem Rummel stattfinden, mit den Medien in jeder Sekunde dabei, und hier gibt es nicht mehr zu gucken seit Jahrhunderten als Rauch, weiß oder schwarz.
Karkowsky: Sie hören den Berliner Filmregisseur Christoph Schrewe, der gerade neue Folgen abgedreht hat von "Borgia", der Fernsehserie für das ZDF, und sich sehr beschäftigen musste mit den Kardinälen. Herr Schrewe, einige Details kennt man vom Konklave, aber die sind so skurril, dass sie den Mythos Konklave nur weiter befördern. Also Beispiel: Jeder Kardinal schreibt den Namen des von ihm favorisierten Kandidaten mit verstellter Schrift, dass man nicht erkennt, wer das geschrieben hat, auf einen Wahlzettel, faltet ihn zweimal – der ist dann genau zwei mal zwei Zentimeter groß – und steckt ihn in die Wahlurne. Jeder Wahlschein trägt die Aufschrift: "Ich wähle zum höchsten Pontifex." Dann tritt jeder in der Reihenfolge seiner Rangordnung an den Altar, hält den Zettel in die Höhe, kniet zum Gebet nieder und schwört: "Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich wähle, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden muss." Wäre das nicht aus Ihrer Sicht als Filmregisseur ein echter Quotenhit, wenn da das Fernsehen dabei sein dürfte?
Schrewe: Na ja, das Schöne ist ja, dass wir das jetzt in der Fiktion machen durften, und nachinszeniert haben und versucht haben, das dann auch so darzustellen, wie das historisch gewesen ist, und ich glaube, dass, wenn wir da live dabei wären, dann wäre die Magie weg. Das ist ein Akt der – ich glaube, dass die katholische Kirche das nicht geplant haben, damit wir uns darüber, damit besonders beschäftigen, sondern es ist gewachsen über Jahrhunderte. Und das Ritual verändert sich ja immer in ganz kleinen Schritten ein bisschen. Aber ich glaube, nein, da muss man sich wegschließen, und das war ja auch so, dass zu dem Beginn der Konklave, da kamen die nicht zu Potte und haben ewig rumdiskutiert, und dann wurde von außen beschlossen, wir geben denen jetzt weniger zu essen. Es gibt eine Anekdote, da wurde sogar das Dach des Hauses entfernt, einfach damit es reinregnet und die Sonne reinscheint, damit es unbequemer wird da drin. Es ist ja auch bisher – das ist ja eine Neuerung –, aber bisher haben die dann auch immer dort geschlafen, also da wurden kleine Buden gebaut mit einem Bett drin, kleine Zellen, und in denen die Kardinäle dann auch in diesen Räumen eingeschlossen waren. Jetzt ist es dieses Jahr, hat sich das verändert, und die dürfen dann in das Gästehaus gehen.
Karkowsky: Papst Benedikt hat das so verfügt, zum ersten Mal. Dass nun die Wartenden im Vatikan seit Jahrhunderten über Rauchzeichen informiert werden, über den Erfolg eines Wahlganges, ist das Rückständigkeit oder ist das doch eher raffiniertes Mythenmanagement für Sie?
Schrewe: Oh … das ist eine schöne Frage, die betrifft die ganze Kirche. Es gibt was, einen großen Wert in Traditionen in der katholischen Kirche. Diese Tradition, den Versuch – und das hat ja auch Benedikt immer versucht, nicht mit der Zeit so schnell nachzudenken, sondern in einem der Kirche, der Wichtigkeit der Themen angemessenen Zeitrahmen nachzudenken, was dann … wir denken heute in unserer Welt innerhalb von Tagen, Wochen über wichtige Themen nach, und nach zwei Monaten ist ein Gesetz da. Und die Kirche betrachtet es mehr in Jahrzehnten, Jahrhunderten in den Zeiten, wo sich dann Dinge verändern. Und ähnlich ist das mit den Veränderungsprozessen in der katholischen Kirche, bis auf – es gibt dann immer wieder Phasen, da beschleunigt sich das ungemein, das war in der Renaissance dann, in den Reaktionen auf Luther. Da war ein ganz großes Tempo da, da musste man reagieren, und es ging nicht anders. Und ich bin sehr gespannt, was uns jetzt bevorsteht, weil die Zeiten sich doch auch in einem Tempo verändert haben, das jetzt hochgradig spannend ist, ob die Kirche, welchen Weg die jetzt gehen wird. Ich glaube, da steht uns noch einiges bevor.
Karkowsky: Immerhin hat der Vatikan auf seiner eigenen Internetseite einen Livestream eingerichtet – natürlich nicht aus der Sixtinischen Kapelle, aber man kann draufschauen. Christoph Schrewe, danke für das Gespräch! In seinem Spielfilm "Das Konklave" sehen Sie die Papstwahl von Pius II. im Jahr 1458 und ich glaube, im Herbst kommen die neuen Folgen von "Borgia" im ZDF. Herzlichen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Christoph Schrewe: Ja – Borgia. Guten Morgen!
Karkowsky: Gar nicht so einfach.
Schrewe: Ja.
Karkowsky: Was hatte Sie denn seinerzeit dazu gebracht, einen Spielfilm zu drehen über das Konklave.
Schrewe: Ja, das ist eine deutsch-kanadische Koproduktion gewesen – der Produzent Paul Donovan ist damals an mich herangetreten, mit dem ich schon mehrere Filme vorher zusammen gemacht hatte. Und das war eine gemeinsame Beschäftigung mit der Zeit von der Renaissance, mit diesen besonderen 70 Jahren, wo eine sehr viel liberalere Zeitepoche da war, wo wir das Gefühl hatten, die Themen, die damals verhandelt wurden zwischen Fundamentalismus und Aufbruch in eine Welt, wo der Mensch im Mittelpunkt rückt, und nicht – wie soll ich sagen? – ja, wo der Mensch hingegangen ist, und das Gottgegebene angefangen hat zu verlassen und gesagt hat, ja, wir sind dafür verantwortlich, was unser Schicksal ist, und es kommt nicht von Gott. Und in dieser sehr, sehr spannenden Zeit gibt es eben diese Familie von den Borgias, die mehrere Päpste gestellt hat, und der spannendste und in der Mitte von dieser Renaissance liegende Alexander VI., Rodrigo Borgia, der ist der Mittelpunkt gewesen von unserem Film damals.
Karkowsky: Und in diesem Konklave, wenn ich mich recht erinnere, waren es noch weit weniger Kardinäle, die sich versammeln mussten, 1458, oder?
Schrewe: Ja, wir hatten 18 Kardinäle, und wir haben das damals in Kanada, in Halifax im Studio haben wir die zwei Säle, in denen das damals stattfand – die Sixtinische Kapelle existierte noch gar nicht –, die haben wir gebaut und haben dann innerhalb von 18 Tagen mit 18 Kardinälen uns dort im Wesentlichen eingeschlossen, die durften abends nach Hause und ins Hotel, aber dann morgens wieder weitergemacht, und haben chronologisch uns durch diesen Prozess der Konklave von 1458 durchgearbeitet.
Karkowsky: Für Filmemacher sind Kirchenthemen, nehme ich an, häufig ein sehr dankbares Sujet. Also im Wettbewerb der Berlinale gab es in diesem Jahr gleich zwei Nonnenfilme, in beiden fiel auf diese uralte Ästhetik der kirchlichen Kostüme hat ja nichts von ihrer eigentümlichen Faszination verloren. Hatten die früher einfach die besseren Designer oder ist es das Unveränderte, das Traditionelle, das uns hier in den Bann zieht, auch bei den Roben der Kardinäle?
Schrewe: Die katholische Kirche hat einen unglaublichen Sinn für die Show, für das Darstellen, für die Pracht und für Rituale, die, wenn man die dann anguckt und teilnimmt, helfen in der Entrückung, in der Darstellung von dem, dass es einen Gott gibt. Das kommt … mit Sicherheit hat das verschiedene Teile, es gibt auf der einen Seite, waren das sehr … Leute an der Spitze der Gesellschaft, es war eine Elite, das ist auch immer noch eine, und das ist ein sehr ausgewählter Kreis. Und die haben sich, als die anfingen mit diesen tollen Kostümen, einfach getraut, Sachen zu tun, die die Menge der Menschen nicht getan hat. Und die sind besonders hervorgestanden und sind auf eine Art Vorläufer von dem, worin ich arbeite, also im weitesten Sinne Entertainmentindustrie oder Unterhaltungsindustrie, und die katholische Kirche kann das auf eine Art, einen da verzaubern und entrücken, das fasziniert mich jedes Mal, und auch wenn ich das jetzt sehe und im Fernsehen gucke, obwohl ich selber schon sozusagen im Nachbau der Sixtinischen Kapelle viel Zeit verbracht habe und Rituale inszeniert habe, es ist immer wieder faszinierend.
Karkowsky: Aber sie sucht keinen Anschluss an die moderne Medienwelt, das ist merkwürdig. Also es gibt keine Kameras, keine Mikrofone in der Sixtinischen Kapelle, sogar Störsender, damit niemand das Ergebnis vorher raustwittern kann oder eine SMS schicken. Also ganz anders als bei etwa der Thronbesteigung einer Königin oder einer Adelshochzeit wird ja hier der ansehnlichste Teil des Spektakels versteckt. Verstehen Sie, warum die das so machen, warum die sich Konklave, also mit dem Schlüssel, von der Außenwelt abschließen?
Schrewe: Es geht um einen unbeeinflussten Prozess. Der ist natürlich beeinflusst – es ist so, dass der Vatikan früher so was ist, wie wir es jetzt vielleicht in New York mit den United Nations haben, das heißt, es sind von den verschiedenen Fürstenhäusern in Europa damals die – es musste immer ein Sohn, ein Cousin Kardinal werden und versuchen, dort in Rom Karriere zu machen und die Position des Landes zu verhandeln. Das heißt, es gibt natürlich in jedem – traditionell war jeder Kardinal mit einem Land verbunden, mit einem Kaiser, mit einem König, mit einem Fürstentum, und hat versucht, die Interessen von diesen Fürstentum dort auch durchzusetzen, versuchen zu schützen, und das, da kommt das her, dass man aber sagt, dann ist auch Schluss mit dem Einfluss, und wir sind Gott gegenüber verantwortlich. Und dieses Gott gegenüber verantwortlich Sein heißt dann auch, im Gebet verantwortlich sein, sich einschließen und nur mit sich selbst zu beschäftigen, und dann für einen Moment diesen Rummel draußen zu lassen. Und das hat auch einen großen Vorteil, weil bei uns ja alle Prozesse mit diesem Rummel stattfinden, mit den Medien in jeder Sekunde dabei, und hier gibt es nicht mehr zu gucken seit Jahrhunderten als Rauch, weiß oder schwarz.
Karkowsky: Sie hören den Berliner Filmregisseur Christoph Schrewe, der gerade neue Folgen abgedreht hat von "Borgia", der Fernsehserie für das ZDF, und sich sehr beschäftigen musste mit den Kardinälen. Herr Schrewe, einige Details kennt man vom Konklave, aber die sind so skurril, dass sie den Mythos Konklave nur weiter befördern. Also Beispiel: Jeder Kardinal schreibt den Namen des von ihm favorisierten Kandidaten mit verstellter Schrift, dass man nicht erkennt, wer das geschrieben hat, auf einen Wahlzettel, faltet ihn zweimal – der ist dann genau zwei mal zwei Zentimeter groß – und steckt ihn in die Wahlurne. Jeder Wahlschein trägt die Aufschrift: "Ich wähle zum höchsten Pontifex." Dann tritt jeder in der Reihenfolge seiner Rangordnung an den Altar, hält den Zettel in die Höhe, kniet zum Gebet nieder und schwört: "Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich wähle, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden muss." Wäre das nicht aus Ihrer Sicht als Filmregisseur ein echter Quotenhit, wenn da das Fernsehen dabei sein dürfte?
Schrewe: Na ja, das Schöne ist ja, dass wir das jetzt in der Fiktion machen durften, und nachinszeniert haben und versucht haben, das dann auch so darzustellen, wie das historisch gewesen ist, und ich glaube, dass, wenn wir da live dabei wären, dann wäre die Magie weg. Das ist ein Akt der – ich glaube, dass die katholische Kirche das nicht geplant haben, damit wir uns darüber, damit besonders beschäftigen, sondern es ist gewachsen über Jahrhunderte. Und das Ritual verändert sich ja immer in ganz kleinen Schritten ein bisschen. Aber ich glaube, nein, da muss man sich wegschließen, und das war ja auch so, dass zu dem Beginn der Konklave, da kamen die nicht zu Potte und haben ewig rumdiskutiert, und dann wurde von außen beschlossen, wir geben denen jetzt weniger zu essen. Es gibt eine Anekdote, da wurde sogar das Dach des Hauses entfernt, einfach damit es reinregnet und die Sonne reinscheint, damit es unbequemer wird da drin. Es ist ja auch bisher – das ist ja eine Neuerung –, aber bisher haben die dann auch immer dort geschlafen, also da wurden kleine Buden gebaut mit einem Bett drin, kleine Zellen, und in denen die Kardinäle dann auch in diesen Räumen eingeschlossen waren. Jetzt ist es dieses Jahr, hat sich das verändert, und die dürfen dann in das Gästehaus gehen.
Karkowsky: Papst Benedikt hat das so verfügt, zum ersten Mal. Dass nun die Wartenden im Vatikan seit Jahrhunderten über Rauchzeichen informiert werden, über den Erfolg eines Wahlganges, ist das Rückständigkeit oder ist das doch eher raffiniertes Mythenmanagement für Sie?
Schrewe: Oh … das ist eine schöne Frage, die betrifft die ganze Kirche. Es gibt was, einen großen Wert in Traditionen in der katholischen Kirche. Diese Tradition, den Versuch – und das hat ja auch Benedikt immer versucht, nicht mit der Zeit so schnell nachzudenken, sondern in einem der Kirche, der Wichtigkeit der Themen angemessenen Zeitrahmen nachzudenken, was dann … wir denken heute in unserer Welt innerhalb von Tagen, Wochen über wichtige Themen nach, und nach zwei Monaten ist ein Gesetz da. Und die Kirche betrachtet es mehr in Jahrzehnten, Jahrhunderten in den Zeiten, wo sich dann Dinge verändern. Und ähnlich ist das mit den Veränderungsprozessen in der katholischen Kirche, bis auf – es gibt dann immer wieder Phasen, da beschleunigt sich das ungemein, das war in der Renaissance dann, in den Reaktionen auf Luther. Da war ein ganz großes Tempo da, da musste man reagieren, und es ging nicht anders. Und ich bin sehr gespannt, was uns jetzt bevorsteht, weil die Zeiten sich doch auch in einem Tempo verändert haben, das jetzt hochgradig spannend ist, ob die Kirche, welchen Weg die jetzt gehen wird. Ich glaube, da steht uns noch einiges bevor.
Karkowsky: Immerhin hat der Vatikan auf seiner eigenen Internetseite einen Livestream eingerichtet – natürlich nicht aus der Sixtinischen Kapelle, aber man kann draufschauen. Christoph Schrewe, danke für das Gespräch! In seinem Spielfilm "Das Konklave" sehen Sie die Papstwahl von Pius II. im Jahr 1458 und ich glaube, im Herbst kommen die neuen Folgen von "Borgia" im ZDF. Herzlichen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.