Die Kirchenmusik steckt in der Krise
Seit Martin Luther hat die Kirchenmusik in Deutschland einen herausragenden Stellenwert. Rund 800.000 Menschen singen auch heute noch im Kirchenchor. Doch immer weniger junge Menschen wollen sich professionell zum Kantor ausbilden lassen - für die Kirchen eine bedrohliche Entwicklung.
"Kirchenmusik in ihrem Inneren ist die Ergänzung, die Verstärkung der innerkirchlichen Gemeindearbeit und ist darüber hinaus geeignet, auch Menschen zu erreichen, die an den Rändern sind oder die sich der Kirche eher kritisch gegenüber sehen."
Jörg Fuhr ist seit 2004 Kantor an der evangelischen St. Bartholomäuskirche in Pegnitz, einer Kleinstadt mit knapp 14.000 Einwohnern im bayerischen Oberfranken. Mit seiner Kantorei erarbeitet er jährlich zwei große chorsinfonische Werke der Kirchenmusik: Die Requiem-Vertonungen von Mozart, Brahms oder Dvorak, die Passionen Bachs, sowie Messen und Oratorien von der Klassik bis in die Moderne. Und selbst unbekanntere Werke wie das selten aufgeführte Oratorium "Die letzten Dinge" von Louis Spohr bringen die engagierten Sängerinnen und Sänger der Pegnitzer Kantorei zu Gehör.
"Es gibt Familien, die sich seit Generationen der Kirche und der Kirchenmusik verpflichtet fühlen - bei denen ich jetzt zum Beispiel die Großmutter, die Mutter und die Tochter in einem der Chöre habe - zum Teil auch in den gleichen Chören. Da setzt sich eine Tradition fort, Musik zu machen, die sehr weit reichen kann, und ein Engagement, das dann jenseits des kirchenmusikalischen Engagements auch in die Kirchengemeinde hineinreicht. Das ergänzt sich im Grunde genommen gegenseitig ziemlich sinnvoll."
Pegnitz steht mit seiner Kirchenmusik stellvertretend für viele Gemeinden, die der Kirche eine enorme kulturelle Strahlkraft verleihen. Insgesamt singen gut 800.000 Menschen in etwa 30.000 Kirchenchören. Rechnet man noch die Instrumentalensembles der Kirchen hinzu, kommt man auf gut eine Millionen ehrenamtliche Hobby-Musiker. Dementsprechend stellt die Bundestags-Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" fest:
"Die christlichen Kirchen Deutschlands tragen mit ihren Chören und Musikensembles … wesentlich zum kulturellen Leben in unserem Land bei. Sie gehören zu den zentralen kulturpolitischen Akteuren Deutschlands."
Dennoch, so wichtig und beeindruckend die musikalischen Arbeiten der Kirchen sind, Tatsache ist: Die Kirchenmusik steckt derzeit in einer Krise. Hauptgrund dafür ist ein sich abzeichnender Mangel an fähigen Nachwuchsmusikern. Die Zukunft der Kirchenmusik hängt wesentlich davon ab, ob es gelingt, genügend musikbegeisterte Talente zu finden, die sich für das Studium und den späteren Beruf des Kantors entscheiden.
In Deutschland gibt es 26 kirchliche oder staatliche Hochschulen, an denen man evangelische Kirchenmusik studieren kann, sowie 19 Hochschulen für katholische Kirchenmusik. Einige dieser Institute, wie etwa das in Berlin oder München, sind zudem ökumenisch ausgerichtet, andere wiederum stehen mit katholischen Hochschulen in Kooperation.
Die evangelische Hochschule für Kirchenmusik in Bayreuth. Knapp 40 Studierende gibt es hier und zwar in sämtlichen Jahrgängen. Damit gehört die Einrichtung bereits zu den größeren Instituten. Man hofft, die Zahl der Studierenden aufrechtzuerhalten, wenn möglich anzuheben. Die Situation erscheint ein wenig grotesk, denn in kaum einem anderen Studienfach finden Studierende derart gute Bedingungen. Dies gilt sowohl für die individuelle Betreuung durch die Professoren und Dozenten, als auch in Bezug auf das Spektrum der Studieninhalte. Außerdem versucht man den Studierenden Brücken zu bauen, denn die Erfüllung der notwendigen Zugangsvoraussetzungen fällt jungen Menschen anscheinend immer schwerer, wie Thomas Albus, der Rektor der Hochschule betont.
"Wenn jetzt jemand zum Beispiel sehr gut Klavier spielt, aber auf der Orgel noch kaum Erfahrung hat, dann können wir so einen Gast hier anbieten, damit derjenige oder diejenige dann die Defizite in den entsprechenden Bereichen auch aufarbeiten kann."
Eine Trendwende für ein neues Interesse an diesem Beruf ist allerdings noch nicht in Sicht. Für Gunter Kennel, Landeskirchenmusikdirektor in der Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, zeichnet sich durch den Nachwuchsmangel eine bedrohliche Entwicklung ab.
Das fragile kirchenmusikalische Gebäude mit seiner Struktur des Ineinandergreifens von professionell ausgebildeten Kantoren auf der einen Seite sowie neben- oder ehrenamtlichen Kirchenmusikern auf der anderen, droht auseinanderzufallen.
"Die Gefahr, die meiner Meinung im Moment besteht, ist die, dass mit dem Wegbrechen von Kirchenmusikerstellen - möglicherweise auch einfach dadurch, dass sie nicht besetzt werden können, das ganze System implodiert und dass diejenigen, die auch nebenberuflich Kirchenmusik machen – klassisch sagen wir nebenamtlich oder ehrenamtlich – dass die natürlich quasi ihrer Anleitung beraubt sind. Und das ist die große Gefahr und dafür haben wir noch keine richtigen Rezepte."
Vor 1918 waren es zum Beispiel Lehrer, die in Dörfern und Gemeinden verpflichtet wurden, auch kirchenmusikalische Dienste zu übernehmen. Der Dorfschullehrer, der sonntags im Gottesdienst an der Orgel saß, gehörte zum Bild. Erst durch die Trennung von Staat und Kirche entstand unser heutiges kirchenmusikalisches System, bei dem professionell ausgebildete Kantorinnen und Kantoren größere Kirchenbezirke leiten. Dieses System führte zu einer singulären kirchenmusikalischen Blüte und erwies sich über Jahrzehnte als ausgesprochen erfolgreich. So zum Beispiel im badischen Schopfheim, einer Kleinstadt mit gut 19.000 Einwohnern. Hier betreut Kirchenmusikdirektor Christoph Bogon als Bezirkskantor zugleich viele Nachbargemeinden.
"Ich selber habe in meiner Region 18 Gemeinden, bin also unter 18 festen Stellen, wo Gottesdienste stattfinden, der einzige Hauptberufliche. Meine Nebenberufler erleben mich hoffentlich als musikalische Bezugsfigur. Das heißt, sie können auch mit ihren Nöten jederzeit zum Bezirkskantor kommen, können fragen, was für Literatur man beispielsweise am besten singt, was man auch machen kann, um Nachwuchsförderung für die Chorarbeit zu gewinnen, können mich in musikalischen Fachfragen jederzeit kontaktieren. Wir halten im Prinzip unsere Nebenberuflichen bei der Stange, durch unsere Fachberatung, durch unser Dasein, durch unsere Veranstaltungen, die wir auch unternehmen, um die Leute überhaupt aus- und fortzubilden."
Es war Martin Luther, der durch die Einführung des Gemeindegesangs die Gläubigen stärker am Gottesdienst beteiligte. Viele der ersten Kirchenlieder wurden von Luther gedichtet und vertont, sie bilden bis heute den Kern des protestantischen Kirchenliedguts.
An dem herausragenden Stellenwert der Kirchenmusik hat sich bis heute nichts geändert. In dem sogenannten "Leitbild für Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker", das im Mai 2010 von der evangelischen Kirchenleitung verabschiedet wurde, heißt es:
"Kirchenmusik ist eine der ganzen Gemeinde übertragene Aufgabe. Sie ist Wort und Antwort, Verkündigung und Lobpreis, Kommunikation des Evangeliums im Medium der Musik. Sie bringt die biblische Botschaft und den christlichen Glauben zum Singen und zum Klingen."
"Gegen den Satz: ‚Die Kirchenmusik dient der Verkündigung’ sind wir allergisch – die Kirchenmusik ist Verkündigung! Auf jeden Fall - und auch in guter lutherischer Tradition. Martin Luther hat ja der Kirchenmusik neben der Theologie eigentlich den wichtigsten Platz mit eingeräumt. Also, das ist einerseits in lutherischer Tradition, aber auch selbst abgesehen davon auf jeden Fall eine untrennbare Einheit für uns. Und so verstehen wir auch unser Tun."
Kirchenmusik ist Verkündigung, weil die geistlichen Worte durch die Musik eine künstlerische und damit auch sinnliche, emotionale und transzendentale Qualität bekommen. Jenseits dieser wichtigen theologischen Bedeutung darf man nicht vergessen, dass die Kirche ein vitales Interesse daran haben sollte, die Attraktivität der Kirchenmusik aufrechtzuerhalten.
Bogon: "Ich denke auch, wir schaffen langfristige Bindungen von Leuten an die Kirche. Wenn sie zwei große Chöre haben, haben sie wöchentlich den Kontakt ungefähr mit 150 bis 170 Leuten, die einfach regelmäßig jede Woche zu ihnen kommen. Ich möchte das jetzt auch gar nicht gegen die Besucherzahlen im Gottesdienst ausspielen, aber langfristig haben sie Leute, die sicher Woche für Woche zu ihnen ins Gemeindehaus und in die Kirche kommen und die durch diese kirchliche Chorarbeit geprägt werden können."
Darüber hinaus erfüllen die Kantorinnen und Kantoren einen wichtigen bildungspolitischen Auftrag, nämlich bei der musikalischen Erziehung von Kindern und Jugendlichen.
"Gar nicht so sehr vom kirchlichen Hintergrund geprägt, sondern mehr von der Motivation geprägt: Wir möchten eine gute Lebenserfahrung – und Singen ist ja eine gute Lebenserfahrung und Singen ist auch eine gute Körpererfahrung - das möchten wir Kindern eigentlich nicht vorenthalten."
Der Kantor Jörg Fuhr aus Pegnitz wiederum leitet gleich mehrere kirchliche Kinderchöre, wodurch schon die Kleinsten in den Genuss einer musikalischen Förderung kommen.
"Da ja auch ich bezahlt werde, ist es jetzt letztendlich die Kirchengemeinde oder die Kirche, die es ermöglicht, dass so etwas stattfinden kann. Ich denke auch, dass es enorm wichtig ist, dass so etwas stattfinden kann und dass es enorm wichtig ist, dass es auch allen zur Verfügung gestellt werden kann. Ich erlebe das jetzt im Bereich der Spatzen- und Kinderchorseite vielleicht sogar noch stärker, in der etliche Familien einfach dankbar sind, dass es eine musikalische Früherziehung gibt, die nicht bezahlt werden muss, weil sie einfach schlicht die finanziellen Möglichkeiten nicht haben."
In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob die Kirchenmusik mit ihren vielfältigen kirchlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Aufgaben in der heutigen Form erhalten bleiben kann. Hierfür bedarf es eines soliden Fundaments aus gut ausgebildeten Kantorinnen und Kantoren in Zusammenarbeit mit den vielen nebenberuflichen und ehrenamtlichen Kirchenmusikern.
Jörg Fuhr ist seit 2004 Kantor an der evangelischen St. Bartholomäuskirche in Pegnitz, einer Kleinstadt mit knapp 14.000 Einwohnern im bayerischen Oberfranken. Mit seiner Kantorei erarbeitet er jährlich zwei große chorsinfonische Werke der Kirchenmusik: Die Requiem-Vertonungen von Mozart, Brahms oder Dvorak, die Passionen Bachs, sowie Messen und Oratorien von der Klassik bis in die Moderne. Und selbst unbekanntere Werke wie das selten aufgeführte Oratorium "Die letzten Dinge" von Louis Spohr bringen die engagierten Sängerinnen und Sänger der Pegnitzer Kantorei zu Gehör.
"Es gibt Familien, die sich seit Generationen der Kirche und der Kirchenmusik verpflichtet fühlen - bei denen ich jetzt zum Beispiel die Großmutter, die Mutter und die Tochter in einem der Chöre habe - zum Teil auch in den gleichen Chören. Da setzt sich eine Tradition fort, Musik zu machen, die sehr weit reichen kann, und ein Engagement, das dann jenseits des kirchenmusikalischen Engagements auch in die Kirchengemeinde hineinreicht. Das ergänzt sich im Grunde genommen gegenseitig ziemlich sinnvoll."
Pegnitz steht mit seiner Kirchenmusik stellvertretend für viele Gemeinden, die der Kirche eine enorme kulturelle Strahlkraft verleihen. Insgesamt singen gut 800.000 Menschen in etwa 30.000 Kirchenchören. Rechnet man noch die Instrumentalensembles der Kirchen hinzu, kommt man auf gut eine Millionen ehrenamtliche Hobby-Musiker. Dementsprechend stellt die Bundestags-Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" fest:
"Die christlichen Kirchen Deutschlands tragen mit ihren Chören und Musikensembles … wesentlich zum kulturellen Leben in unserem Land bei. Sie gehören zu den zentralen kulturpolitischen Akteuren Deutschlands."
Dennoch, so wichtig und beeindruckend die musikalischen Arbeiten der Kirchen sind, Tatsache ist: Die Kirchenmusik steckt derzeit in einer Krise. Hauptgrund dafür ist ein sich abzeichnender Mangel an fähigen Nachwuchsmusikern. Die Zukunft der Kirchenmusik hängt wesentlich davon ab, ob es gelingt, genügend musikbegeisterte Talente zu finden, die sich für das Studium und den späteren Beruf des Kantors entscheiden.
In Deutschland gibt es 26 kirchliche oder staatliche Hochschulen, an denen man evangelische Kirchenmusik studieren kann, sowie 19 Hochschulen für katholische Kirchenmusik. Einige dieser Institute, wie etwa das in Berlin oder München, sind zudem ökumenisch ausgerichtet, andere wiederum stehen mit katholischen Hochschulen in Kooperation.
Die evangelische Hochschule für Kirchenmusik in Bayreuth. Knapp 40 Studierende gibt es hier und zwar in sämtlichen Jahrgängen. Damit gehört die Einrichtung bereits zu den größeren Instituten. Man hofft, die Zahl der Studierenden aufrechtzuerhalten, wenn möglich anzuheben. Die Situation erscheint ein wenig grotesk, denn in kaum einem anderen Studienfach finden Studierende derart gute Bedingungen. Dies gilt sowohl für die individuelle Betreuung durch die Professoren und Dozenten, als auch in Bezug auf das Spektrum der Studieninhalte. Außerdem versucht man den Studierenden Brücken zu bauen, denn die Erfüllung der notwendigen Zugangsvoraussetzungen fällt jungen Menschen anscheinend immer schwerer, wie Thomas Albus, der Rektor der Hochschule betont.
"Wenn jetzt jemand zum Beispiel sehr gut Klavier spielt, aber auf der Orgel noch kaum Erfahrung hat, dann können wir so einen Gast hier anbieten, damit derjenige oder diejenige dann die Defizite in den entsprechenden Bereichen auch aufarbeiten kann."
Eine Trendwende für ein neues Interesse an diesem Beruf ist allerdings noch nicht in Sicht. Für Gunter Kennel, Landeskirchenmusikdirektor in der Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, zeichnet sich durch den Nachwuchsmangel eine bedrohliche Entwicklung ab.
Das fragile kirchenmusikalische Gebäude mit seiner Struktur des Ineinandergreifens von professionell ausgebildeten Kantoren auf der einen Seite sowie neben- oder ehrenamtlichen Kirchenmusikern auf der anderen, droht auseinanderzufallen.
"Die Gefahr, die meiner Meinung im Moment besteht, ist die, dass mit dem Wegbrechen von Kirchenmusikerstellen - möglicherweise auch einfach dadurch, dass sie nicht besetzt werden können, das ganze System implodiert und dass diejenigen, die auch nebenberuflich Kirchenmusik machen – klassisch sagen wir nebenamtlich oder ehrenamtlich – dass die natürlich quasi ihrer Anleitung beraubt sind. Und das ist die große Gefahr und dafür haben wir noch keine richtigen Rezepte."
Vor 1918 waren es zum Beispiel Lehrer, die in Dörfern und Gemeinden verpflichtet wurden, auch kirchenmusikalische Dienste zu übernehmen. Der Dorfschullehrer, der sonntags im Gottesdienst an der Orgel saß, gehörte zum Bild. Erst durch die Trennung von Staat und Kirche entstand unser heutiges kirchenmusikalisches System, bei dem professionell ausgebildete Kantorinnen und Kantoren größere Kirchenbezirke leiten. Dieses System führte zu einer singulären kirchenmusikalischen Blüte und erwies sich über Jahrzehnte als ausgesprochen erfolgreich. So zum Beispiel im badischen Schopfheim, einer Kleinstadt mit gut 19.000 Einwohnern. Hier betreut Kirchenmusikdirektor Christoph Bogon als Bezirkskantor zugleich viele Nachbargemeinden.
"Ich selber habe in meiner Region 18 Gemeinden, bin also unter 18 festen Stellen, wo Gottesdienste stattfinden, der einzige Hauptberufliche. Meine Nebenberufler erleben mich hoffentlich als musikalische Bezugsfigur. Das heißt, sie können auch mit ihren Nöten jederzeit zum Bezirkskantor kommen, können fragen, was für Literatur man beispielsweise am besten singt, was man auch machen kann, um Nachwuchsförderung für die Chorarbeit zu gewinnen, können mich in musikalischen Fachfragen jederzeit kontaktieren. Wir halten im Prinzip unsere Nebenberuflichen bei der Stange, durch unsere Fachberatung, durch unser Dasein, durch unsere Veranstaltungen, die wir auch unternehmen, um die Leute überhaupt aus- und fortzubilden."
Es war Martin Luther, der durch die Einführung des Gemeindegesangs die Gläubigen stärker am Gottesdienst beteiligte. Viele der ersten Kirchenlieder wurden von Luther gedichtet und vertont, sie bilden bis heute den Kern des protestantischen Kirchenliedguts.
An dem herausragenden Stellenwert der Kirchenmusik hat sich bis heute nichts geändert. In dem sogenannten "Leitbild für Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker", das im Mai 2010 von der evangelischen Kirchenleitung verabschiedet wurde, heißt es:
"Kirchenmusik ist eine der ganzen Gemeinde übertragene Aufgabe. Sie ist Wort und Antwort, Verkündigung und Lobpreis, Kommunikation des Evangeliums im Medium der Musik. Sie bringt die biblische Botschaft und den christlichen Glauben zum Singen und zum Klingen."
"Gegen den Satz: ‚Die Kirchenmusik dient der Verkündigung’ sind wir allergisch – die Kirchenmusik ist Verkündigung! Auf jeden Fall - und auch in guter lutherischer Tradition. Martin Luther hat ja der Kirchenmusik neben der Theologie eigentlich den wichtigsten Platz mit eingeräumt. Also, das ist einerseits in lutherischer Tradition, aber auch selbst abgesehen davon auf jeden Fall eine untrennbare Einheit für uns. Und so verstehen wir auch unser Tun."
Kirchenmusik ist Verkündigung, weil die geistlichen Worte durch die Musik eine künstlerische und damit auch sinnliche, emotionale und transzendentale Qualität bekommen. Jenseits dieser wichtigen theologischen Bedeutung darf man nicht vergessen, dass die Kirche ein vitales Interesse daran haben sollte, die Attraktivität der Kirchenmusik aufrechtzuerhalten.
Bogon: "Ich denke auch, wir schaffen langfristige Bindungen von Leuten an die Kirche. Wenn sie zwei große Chöre haben, haben sie wöchentlich den Kontakt ungefähr mit 150 bis 170 Leuten, die einfach regelmäßig jede Woche zu ihnen kommen. Ich möchte das jetzt auch gar nicht gegen die Besucherzahlen im Gottesdienst ausspielen, aber langfristig haben sie Leute, die sicher Woche für Woche zu ihnen ins Gemeindehaus und in die Kirche kommen und die durch diese kirchliche Chorarbeit geprägt werden können."
Darüber hinaus erfüllen die Kantorinnen und Kantoren einen wichtigen bildungspolitischen Auftrag, nämlich bei der musikalischen Erziehung von Kindern und Jugendlichen.
"Gar nicht so sehr vom kirchlichen Hintergrund geprägt, sondern mehr von der Motivation geprägt: Wir möchten eine gute Lebenserfahrung – und Singen ist ja eine gute Lebenserfahrung und Singen ist auch eine gute Körpererfahrung - das möchten wir Kindern eigentlich nicht vorenthalten."
Der Kantor Jörg Fuhr aus Pegnitz wiederum leitet gleich mehrere kirchliche Kinderchöre, wodurch schon die Kleinsten in den Genuss einer musikalischen Förderung kommen.
"Da ja auch ich bezahlt werde, ist es jetzt letztendlich die Kirchengemeinde oder die Kirche, die es ermöglicht, dass so etwas stattfinden kann. Ich denke auch, dass es enorm wichtig ist, dass so etwas stattfinden kann und dass es enorm wichtig ist, dass es auch allen zur Verfügung gestellt werden kann. Ich erlebe das jetzt im Bereich der Spatzen- und Kinderchorseite vielleicht sogar noch stärker, in der etliche Familien einfach dankbar sind, dass es eine musikalische Früherziehung gibt, die nicht bezahlt werden muss, weil sie einfach schlicht die finanziellen Möglichkeiten nicht haben."
In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob die Kirchenmusik mit ihren vielfältigen kirchlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Aufgaben in der heutigen Form erhalten bleiben kann. Hierfür bedarf es eines soliden Fundaments aus gut ausgebildeten Kantorinnen und Kantoren in Zusammenarbeit mit den vielen nebenberuflichen und ehrenamtlichen Kirchenmusikern.