Hier geht es zur Playlist der Sendung.
Glockenklänge
Seine Klavierkonzerte machten Sergej Rachmaninow berühmt. Die Klaviersonaten des russischen Komponisten und Pianisten sind dagegen weniger bekannt. Eine Entdeckungsreise durch das russische Repertoire.
Sergej Rachmaninow war einer der bedeutendsten russischen Komponisten und Pianisten, ein Romantiker in Jahren des Umbruchs. Er komponierte noch in Dur und Moll, als der ein Jahr jüngere Arnold Schönberg längst die Zwölftonmusik geschaffen hatte. Anders als viele Romantiker hatte Rachmaninow (1873-1943) die Gelegenheit, seine Musik selbst einzuspielen, sein musikalisches Denken zu dokumentieren. Daran lässt sich heute erkennen, als wie wenig romantisch im klischeehaften Sinne Rachmaninow seine eigene Musik verstand; wie schlicht im Grunde sein interpretatorischer Ansatz war – wobei "schlicht" nicht zu verwechseln ist mit dem gleichnamigen Gemütszustand.
Die Macht des Schicksals
Und doch: Sergej Rachmaninow war ein Kind des 19. Jahrhunderts, ein Schwärmer und Melancholiker, beharrlich schwankend zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Zum Glücklich-Sein war dieser Künstler nicht bestimmt; sein Leben stand eher unter dem Motto einer Oper von Giuseppe Verdi "La forza del destino" – die Macht des Schicksals. Wie sehr er dagegen aufbegehrte, und wie dieses Schicksal doch immer wieder Besitz von ihm ergriff, davon erzählt Rachmaninows Musik: seine Symphonien und Opern, die Kammermusik und natürlich all jene Kompositionen, in denen das Klavier im Zentrum steht. Wer wäre nicht mindestens einmal dem phantastischen Rausch der Klavierkonzerte verfallen? Weit weniger bekannt sind des Meisters Klaviersonaten: das d-Moll-Opus von 1907 und die sechs Jahre später entstandene b-Moll-Sonate. Beide sind Gegenstand dieser Sendung, in der u.a. Aufnahmen von Vladimir Horowitz, Olli Mustonen, John Ogdon und Alexis Weissenberg vorgestellt werden.
Beim Läuten der Glocken
Wie in so vielen Werken Rachmaninows sind auch hier charakteristische Klänge erfahrbar, die auf ein zentrales Erlebnis des Komponisten zurückgehen, wie er einmal schrieb: "Der Klang der Kirchenglocken beherrschte alle russischen Städte, die ich kannte – Nowgorod, Kiew, Moskau. Sie begleiteten jeden Russen von der Kindheit bis zum Tod, und kein Komponist konnte sich ihrem Einfluss entziehen. Wenn es mir gelungen ist, in meiner Musik das Schlagen der Glocken und das Fühlen der Menschen zum Klingen zu bringen, dann vor allem deshalb, weil ich den größten Teil meines Lebens inmitten der klingenden Glocken von Moskau verbracht habe."