Die Königin des lyrischen Soprans

Von Stefan Zednik |
Bei Aufnahmen der Opern Mozarts in den 60er- und 70er-Jahren durfte eine Stimme nicht fehlen, die in jenen Jahren als Idealbesetzung der Rollen des sogenannten lyrischen Fachs galt: die Stimme von Lucia Popp. Als 24-Jährige bereits Mitglied der Wiener Staatsoper, machte sie in wenigen Jahren eine steile Karriere, beendet 1993 durch eine bösartige Krankheit und einen schnellen Tod.
Die Leinwandkarriere der jungen Frau, die als weibliche Protagonistin in einem Filmepos über den slowakischen Nationalhelden Jánošik hier zu hören ist, war bereits beendet, als der Film 1963 in die Kinos kam. 1939 im Westen der Slowakei geboren hatte Lucia Poppova nach abgebrochenem Medizinstudium zunächst eine Schauspielausbildung begonnen. Bei einer studentischen Theaterproduktion, in der sie ein Couplet zu singen hatte, wurde man auf ihre Singstimme aufmerksam. Sie nahm professionellen Gesangsunterricht und gab bald ihr Debüt am Opernhaus in Bratislava mit der "sternflammenden Königin der Nacht", einer Glanzrolle in Mozarts Zauberflöte. Bei einem privaten Besuch im nahe gelegenen Wien nutzte sie die Gelegenheit zum Vorsingen an der Wiener Oper, wurde 24-jährig von Herbert von Karajan engagiert und blieb fortan in Westeuropa.

"Was mich noch so besonders bewegt ist die allererste Aufnahme von mir und das ist die Zauberflöte unter Prof. Klemperer, die eigentlich meine gesamte Laufbahn verursacht hat, wollen wir es so sagen, die Platte wurde gehört vom Herrn Bing, der mich wiederum an die Metropolitan Opera engagiert hat, und so ging es wie eine Lawine. Dieser Platte vielleicht verdanke ich meine ganze Laufbahn, und dass ich da noch mit dem Otto Klemperer singen durfte, war für mich sicher eine ganz große Auszeichnung."

Dennoch erlag Lucia Popp nicht der Versuchung, allein mit der an allen Häusern begehrten "Königin der Nacht" ihre Karriere fortzusetzen. Sie entschloss sich sogar, ihr Festengagement in Wien zu beenden, um an weniger exponiertem Ort ein breiteres Rollenrepertoire erarbeiten zu können. So gelangte die Sopranistin 1966 nach Köln, wo sie als festes Ensemblemitglied der Oper im Mozart-Zyklus von Jean-Pierre Ponelle alle wichtigen Partien ihres Fachs ausprobieren konnte. Der Name Popp wurde zum Inbegriff des lyrischen Soprans, die - auch internationale - Kritik überschlug sich.

"... außergewöhnlich, glänzend, kraftvoll, mit rundem platziertem Ton und gutem Legato, ungemein sauber ...", "... Musik in jedem Atemzug ...",

"... strahlend und klar in der Qualität, voll von Milch und Honig ...",

"... hell und funkelnd ...", "... Vollprofi mit Herz ..."


Die immer wieder zur Beschreibung ihrer Stimme verwendeten Attribute: Wärme, Innigkeit, Leuchtkraft, Heiterkeit. Während Lucia Popp durch unzählige Plattenproduktionen Berühmtheit erlangte, weltweit begehrter Gast großer Häuser und internationaler Festivals war, blieb sie in ihrer slowakischen Heimat bis zum Fall des Eisernen Vorhangs nahezu unbekannt. Ihr Name war ein Tabu, auf die triumphale Rückkehr der als "Republikflüchtling" verschmähten Sängerin musste Bratislava bis 1990 warten. Die mittlerweile vielsprachige Lucia Popp auf die Frage, was ihr wirklich wichtig sei:

"Vielleicht je älter man wird und je länger man von zu Hause vielleicht sind das die kleinen Volkslieder, die man als Kind noch gehört hat."

Am 16. November 1993 erlag die Sopranistin im Alter von 54 Jahren - für die Opernwelt völlig überraschend - in München einem Gehirntumor.