Die Komponistin Tona Scherchen-Hsiao

"heraus, anderswohin"

Die Herstellung einer chinesischen traditionellen Laute wird gezeigt.
Ein Instrumentenbauer bei der Herstellung einer chinesischen Laute © imago/Xinhua
Von Stefan Fricke |
Tona Scherchens Poesien von Klang und Konzept sind ebenso betörend wie beschwörend. Ihre Kompositionen bewegen zwischen europäischer Avantgarde und asiatischem Ritual.
Die in der Schweiz und in der Volksrepublik China aufgewachsene Komponistin Tona Scherchen (*1938) ist Tochter des Dirigenten und ebenso vielseitig wie unermüdlich für die Neue Musik engagierten Hermann Scherchen und der chinesischen Komponistin Hsiao Shu-Hsien.

Interkulturelle Erfahrungen

Als ihr wahres Selbstporträt gab sie einmal an: "Diese eurasische Mischung von Herkünften, die französisch-chinesische Doppelkultur, die Tatsache, ein sehr empfindlicher Spross gewesen zu sein, der während seines Heranwachsens x-mal verpflanzt wurde, ergibt schließlich als Resultat ein extrem nervöses, hypersensibles Wesen, unfähig, echte Wurzeln zu schlagen – eine Wildkatze, die auf dem Planeten Erde ihre Erkundungsgänge tut."

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Ästhetische Exkursionen führen die unter anderem von Hans-Werner Henze, Olivier Messiaen und György Ligeti ausgebildete Komponistin zu den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik nach Darmstadt und wiederholt zu den Donaueschinger Musiktagen – in die Zentren der europäischen Nachkriegsavantgarde.
Nach 47 Jahren Festivalgeschichte ist Tona Scherchen 1968 die erste Frau, von der in Donaueschingen ein Stück aufgeführt wird. Weitere prominente Spielplätze der zeitgenössischen Musik folgen, nicht nur in Paris, wo sei seit 1972 lebt.
In Deutschland kennt man sie heute kaum mehr. 1987 gab es noch ein großes Orchesterwerk, "L’illegitime", dass beim Festival "Musik im 20. Jahrhundert" des Saarländisches Rundfunks (erneut aufgeführt bei "Ultraschall" im Januar 2019 in Berlin) Premiere hatte.
Seither realisiert Tona Scherchen viele Multimedia-Shows, abseits der Neuen Musik und auch mit anderer Idiomatik.
Wiederbegegnungen mit ihrem offenen Klangdenken lohnen.
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