Die konservierte Stadt nach dem Vulkanausbruch

Von Michael Schornstheimer |
Im Jahre 79 nach Christus wurde die römische Stadt Herculaneum von einem Vulkanausbruch verschüttet. Die Schau "Die letzten Stunden von Herkulaneum" im Berliner <papaya:link href="http://www.smb.spk-berlin.de/smb/de/kalender/details.php?objectId=7588&typeId=10&PHPSESSID=590c1f771adb08e27c882b8bdbb32721&PHPSESSID=590c1f771adb08e27c882b8bdbb32721" text="Pergamonmuseum" title="Pergamonmuseum: &quot;Die letzten Stunden von Herculaneum&quot;" target="_blank" /> zeigt Skelette von Verschütteten, Mobiliar, Papyrusrollen und sogar Lebensmittel.
Es war ein lauer Sommertag im Jahre 79 nach Christus. Wohlhabende Römer entspannten sich auf den Terrassen ihrer luxuriösen Villen. Die Fischer zogen ihre vollbeladenen Schiffe an den Strand. Da zeigte sich gegen Mittag über dem Vesuv eine hohe Gaswolke. Südöstlich des Vulkans regnete es feines Gestein, sogenannte Lapilli. In Pompeji begannen die Häuser einzustürzen.

Doch die Bewohner Herculaneums ahnten noch nichts von der herannahenden Katastrophe. Sie gingen abends ruhig zu Bett. Erst gegen Mitternacht begriffen sie ihr Unglück. Hunderte von Menschen eilten zum Strand, um sich dort in den Bootshäusern in Sicherheit zu bringen. Vielleicht hofften sie auch noch, mit den Schiffen aufs offene Meer zu gelangen. In dem Moment traf sie eine 500 Grad heiße Gaswelle. Die Menschen in den Bootschuppen waren sofort tot, erzählt der Bremer Kulturhistoriker Dieter Richter:

" Wissenschaftliche Untersuchungen dieser Skelette haben ergeben, dass diese Menschen in den Bootsschuppen durch einen thermalen Schock ums Leben gekommen sind, wie sie forensische Mediziner bei Opfern von Blitzschlägen beobachtet haben. (...) Es ist nicht eine sich langsam heranwälzende Schlammasse gewesen, vor der sich die Bewohner von Herkulaneum noch hätten retten können, sondern eine 500 (Grad) heiße Wolke, eine sogenannte pyroklastische Wolke, die mit rasender Geschwindigkeit den Berg heruntergefahren ist und die Menschen so schnell vom Tod ereilt hat, dass sie sich noch nicht einmal mehr schützen konnten."

Die Ausstellung veranschaulicht das Grauen: Nachbildungen der Skelette liegen dicht beieinandergedrängt in der originalen Ascheschicht. Binnen weniger Stunden wurde die Stadt damals dreißig Meter hoch verschüttet, und noch heute ist längst nicht alles freigelegt. Entdeckt wurde sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als ein Bauer einen Brunnen graben wollte.

Die Schwester von Friedrich dem Großen, Wilhelmine von Bayreuth, kaufte bei ihrer Italienreise mehrere Fragmente großer Marmormöbel sowie die schönsten Skulpturen: Darunter die drei sogenannten Herkulanerinnen, die jetzt als exklusive Leihgabe des Dresdner Albertinums ins Pergamonmuseum gekommen sind.

Die Ausstellung führt ihre Besucher in eine andere Welt. Wir sehen Teile der bescheidenen Wohnung des Granianus. Er lebte mit seiner Familie einst in einer kleinen Kellerwohnung, eine Etage über den Bootshäusern. Aus seiner Küche hat sich ein dreibeiniger Holztisch erhalten, preiswertes Tongeschirr und eine schlichte schwarze Kinderwiege.

Deutlich besser gestellt lebte die Familie im "Haus der Hirsche". Ihr Mobiliar bestand aus Marmor und Bronze, das kunstvoll verziert war mit Ornamenten und Skulpturen. Auch unterschiedliche Lebensmittel haben die Zeit überdauert, erläutert der Projektleiter Josef Mühlenbrock:

" Wir haben in dem Haus ein Brot, das in dem Haus gefunden wurde, ein verkohltes schwarzes Brot wie so ein heutiges Pizzabrot, und da ist auch ein Stempel des Herstellers, des Bäckers, zu lesen, "ein Sklave des Quintus Granius Verus hat dieses Brot gemacht und Quintus Granius Verus ist der vermutliche Besitzer des "Hauses der Hirsche". "

Das prächtigste Gebäude von Herkulaneum war jedoch die Papyrus-Villa, die Villa dei Papiri, die möglicherweise dem Schwiegervater von Cäsar gehörte. Über 80 Marmor- und Bronzeskulpturen sind bisher über Tunnel und Schächte geborgen worden. Darunter die beiden Statuen zweier nackter Läufer. Ihre Augen sind aus Knochen und Glas so natürlich nachempfunden, dass sie wie lebendig wirken.

Ganz ausgegraben ist die Villa noch immer nicht. Doch soviel ist sicher: Sie verfügte über eine riesige Terrasse mit Meeresblick. Sowie über eine Säulenhalle, ein Schwimmbad und eine umfangreiche Bibliothek mit mehr als 1700 Papyrusrollen. Zwei schwärzlich verkohlte Rollen sind davon erstmals im Berliner Pergamon-Museum zu sehen, so Projektleiter Josef Mühlenbrock:

" Dieses Material ist noch nie außerhalb Italiens gezeigt worden, äußerst kostbar, äußerst fragil, und diese Rollen sind noch nicht entrollt und entziffert worden. Die bergen immer noch den ursprünglichen Text, den sie enthalten haben. (...) Es sind ausschließlich griechische Texte, die man bisher entziffert hat. Und es war typisch für einen römischen Gebildeten, dass man eine griechische Bibliothek hat und eine lateinische Bibliothek. Und die lateinische Bibliothek ist komplett noch nicht entdeckt, die muss dort also noch im Boden liegen."

Exklusiv zeigt das Pergamonmuseum außerdem den "Bronzeschatz von Boscoreale". In der Umgebung der heutigen Ortschaft Boscoreale nördlich von Pompeii befanden sich damals zahlreiche römische Landgüter. Dort wurden Weine und Öle hergestellt. Davon zeugt der erstaunliche Reichtum an bronzenen Gefäßen: Weinkessel, Amphoren, Kannen, Schalen, Siebe und Becken. Die Gestaltung und Qualität dieser Bronzen lassen auf ein bedeutendes Fertigungszentrum schließen. Doch ist bisher keine derartige Werkstatt ausgegraben worden.

Service:

Die Ausstellung "Die letzten Stunden von Herculaneum" ist vom 22. September 2005 bis 1. Januar 2006 im Pergamonmuseum in Berlin zu sehen.