"Die Kunst des stilvollen Verarmens"
Da liegt er vor mir der Bestseller, dank dessen der Autor, ein angeblich verarmter Graf, mittlerweile über einiges Bargeld verfügen dürfte. Zumindest ist Alexander von Schönburg mit dem Erscheinen seines Buches zum gefragten Talkgast avanciert, er darf zur besten Sendezeit Lebenstipps für Arme geben und hat jetzt auch als Ideengeber für ein neues, den Zeitgeist treffendes Journal, einen Beratervertrag ergattert.
Quelle vive, möchte man da rufen, was für ein Leben! Und all das hat der Mann nur erreicht, weil er gekonnt über stilvolles Verarmen parliert und einfache wie praktische Lebensphilosophien zu Papier gebracht hat. Die da etwa lauten:
" Der wahre Luxus bedeutet eben nicht, Dinge zu haben, sondern auf sie verzichten zu können. "
Konsumwahn das war gestern. Heute lockt das einfache, das glückliche Leben.
" Reichtum ist schon lange nichts Exklusives mehr. Krethi und Plethi sind heutzutage reich. "
Ja, und wer will da schon dazu gehören, wenn es doch auch anders geht:
" Als Verarmender hingegen gehört man einer Avantgarde an. (…) Doch die Kunst des stillvollen Verarmens will gelernt sein. Es gibt ein paar Geheimnisse, wie man reich wird, ohne dafür einen einzigen Heller zu benötigen. "
Toll! Da will ich mitmachen! Wie genau das geht, beschreibt Herr von Schönburg tatsächlich äußerst unterhaltsam. Dabei lautet sein einfacher Rat: Halb so oft shoppen, doppelter Spaß! Also: unerschwingliche Automobile, teure Kurzreisen in ferne Länder und edle Markenklamotten - Adieu ihr Lieben. Es geht schließlich auch ohne, so der Autor. Aha. Wer hätte das gedacht! Fragt sich nur: von wem spricht der Mann da. Von den fünf Millionen Arbeitslosen bestimmt nicht. Die Gutbetuchten sind es, die den Gürtel jetzt mal ein bisschen enger schnallen sollen. Dass man trotzdem auch als Normalo weiter liest, liegt am Schreibstil des Autors: humoresk und witzig. Über eine Abendeinladung bei Shawn Borer-Fielding, Ehefrau des einstigen Schweizer Botschafters und Sinnbild der Berliner High Society liest man:
" Die gesamte Tischdekoration, einschließlich des Porzellans war von Versace. Alles ertrank in einem Traum von Gold und Weiß. Was es zu Essen gab, habe ich verdrängt, ich erinnere mich nur noch, dass (...) mir wochenlang leicht übel wurde, wenn ich etwas von Versace sah. "
Der arme Adelige hingegen zieht zwar ein schlichtes Mahl in einer Zwei-Zimmerwohnug auf Bettkanten sitzend und billigen Wein schlürfend solch einem Gelage vor, hingegangen ist er trotzdem. Geschickt verbindet von Schönburg Geschichten wie diese mit den Aussagen wirklich schlauer Köpfe aus neuer und alter Zeit: Er zitiert den populären Kulturkritiker Neil Postmann aus den USA, den deutschen Soziologen Arnold Gehlen und aus dem 16. Jahrhundert den englischen Staatstheoretiker Thomes Hobbes. Dadurch gewinnt das Buch an Tiefe, es bildet sogar, auch wenn es letztlich immer darum geht zu zeigen: Geld macht dumm, träge und unglücklich.
" Erst als Verarmender habe ich angefangen auf Qualität zu achten. Nur wenn man nicht mehr umhinkann, Prioritäten zu setzen, beginnt man, überflüssige Dinge zu meiden, und die Dinge, an denen einem wirklich etwas liegt, schätzen zu lernen. "
Prima. Arm sein, so scheint es, ist doch ganz wunderbar. Der Arme ist nicht vulgär. Er ist es der Qualität zu schätzen weiß. Kurz: der Arme ist überhaupt einfach glücklicher, weil unabhängiger von äußeren Maßstäben. So liest sich das zumindest bei Alexander von Schönburg. Und genau das kommt an, in Zeiten, wo Armsein für jedermann möglich wird: Wer weiß schon, was morgen aus ihm wird? Die Kunst des stilvollen Verarmens knüpft genau an diese Lebensangst an und bietet dazu noch Wege aus der Krise. Einfache dazu. Und das macht wohl auch den Erfolg des Buches aus. Ganz nach dem Motto: Wenn arm sein so schön ist, dann bitte sehr. Plötzlich ist Armut in. Es ist hip, darüber zu schreiben, und noch hipper, darüber zu reden. Vor allem, wenn man das in dem behaglichen Wissen tut: Mir kann eigentlich nichts passieren, denn der verarmte Alexander von Schönburg ist Bruder der schwerreichen Gloria von Thurn und Taxis sowie der millionenschweren Maja Flick. Und außerdem ist die Queen, die Tante seiner Ehefrau. Na dann. Geld ist wirklich vulgär.
Alexander von Schönburg: Die Kunst des stilvollen Verarmens
Wie man ohne Geld reich wird.
Rowohlt Berlin Verlag, Januar 2005
239 Seiten
17,90 Euro
" Der wahre Luxus bedeutet eben nicht, Dinge zu haben, sondern auf sie verzichten zu können. "
Konsumwahn das war gestern. Heute lockt das einfache, das glückliche Leben.
" Reichtum ist schon lange nichts Exklusives mehr. Krethi und Plethi sind heutzutage reich. "
Ja, und wer will da schon dazu gehören, wenn es doch auch anders geht:
" Als Verarmender hingegen gehört man einer Avantgarde an. (…) Doch die Kunst des stillvollen Verarmens will gelernt sein. Es gibt ein paar Geheimnisse, wie man reich wird, ohne dafür einen einzigen Heller zu benötigen. "
Toll! Da will ich mitmachen! Wie genau das geht, beschreibt Herr von Schönburg tatsächlich äußerst unterhaltsam. Dabei lautet sein einfacher Rat: Halb so oft shoppen, doppelter Spaß! Also: unerschwingliche Automobile, teure Kurzreisen in ferne Länder und edle Markenklamotten - Adieu ihr Lieben. Es geht schließlich auch ohne, so der Autor. Aha. Wer hätte das gedacht! Fragt sich nur: von wem spricht der Mann da. Von den fünf Millionen Arbeitslosen bestimmt nicht. Die Gutbetuchten sind es, die den Gürtel jetzt mal ein bisschen enger schnallen sollen. Dass man trotzdem auch als Normalo weiter liest, liegt am Schreibstil des Autors: humoresk und witzig. Über eine Abendeinladung bei Shawn Borer-Fielding, Ehefrau des einstigen Schweizer Botschafters und Sinnbild der Berliner High Society liest man:
" Die gesamte Tischdekoration, einschließlich des Porzellans war von Versace. Alles ertrank in einem Traum von Gold und Weiß. Was es zu Essen gab, habe ich verdrängt, ich erinnere mich nur noch, dass (...) mir wochenlang leicht übel wurde, wenn ich etwas von Versace sah. "
Der arme Adelige hingegen zieht zwar ein schlichtes Mahl in einer Zwei-Zimmerwohnug auf Bettkanten sitzend und billigen Wein schlürfend solch einem Gelage vor, hingegangen ist er trotzdem. Geschickt verbindet von Schönburg Geschichten wie diese mit den Aussagen wirklich schlauer Köpfe aus neuer und alter Zeit: Er zitiert den populären Kulturkritiker Neil Postmann aus den USA, den deutschen Soziologen Arnold Gehlen und aus dem 16. Jahrhundert den englischen Staatstheoretiker Thomes Hobbes. Dadurch gewinnt das Buch an Tiefe, es bildet sogar, auch wenn es letztlich immer darum geht zu zeigen: Geld macht dumm, träge und unglücklich.
" Erst als Verarmender habe ich angefangen auf Qualität zu achten. Nur wenn man nicht mehr umhinkann, Prioritäten zu setzen, beginnt man, überflüssige Dinge zu meiden, und die Dinge, an denen einem wirklich etwas liegt, schätzen zu lernen. "
Prima. Arm sein, so scheint es, ist doch ganz wunderbar. Der Arme ist nicht vulgär. Er ist es der Qualität zu schätzen weiß. Kurz: der Arme ist überhaupt einfach glücklicher, weil unabhängiger von äußeren Maßstäben. So liest sich das zumindest bei Alexander von Schönburg. Und genau das kommt an, in Zeiten, wo Armsein für jedermann möglich wird: Wer weiß schon, was morgen aus ihm wird? Die Kunst des stilvollen Verarmens knüpft genau an diese Lebensangst an und bietet dazu noch Wege aus der Krise. Einfache dazu. Und das macht wohl auch den Erfolg des Buches aus. Ganz nach dem Motto: Wenn arm sein so schön ist, dann bitte sehr. Plötzlich ist Armut in. Es ist hip, darüber zu schreiben, und noch hipper, darüber zu reden. Vor allem, wenn man das in dem behaglichen Wissen tut: Mir kann eigentlich nichts passieren, denn der verarmte Alexander von Schönburg ist Bruder der schwerreichen Gloria von Thurn und Taxis sowie der millionenschweren Maja Flick. Und außerdem ist die Queen, die Tante seiner Ehefrau. Na dann. Geld ist wirklich vulgär.
Alexander von Schönburg: Die Kunst des stilvollen Verarmens
Wie man ohne Geld reich wird.
Rowohlt Berlin Verlag, Januar 2005
239 Seiten
17,90 Euro