Die Letzten vom Stamme der Hoywoy

Von Alexa Hennings |
Da sitzt in Cambridge einer an seiner Doktorarbeit. Das ist normal. Nicht normal ist, er reist nicht wie seine Kommilitonen studienhalber zu den letzten Indianerstämmen am Amazonas, sondern er quartiert sich bei den letzten Angehörigen des Stammes der Hoywoy ein. Hoywoy - so sagen die Hoyerswerdaer zu ihrer Stadt, die ihnen unter den Händen weg schrumpft.
Beginnt so eine Sendung über Hoyerswerda? Mit wilder Musik aus einem Keller?

Eigentlich beginnen Berichte über Hoyerswerda so:

Man schildert eine menschenleere Straße, Brachen, auf denen einst Häuser standen und die jetzt von Pflanzen und Tieren besiedelt sind, sagen wir: Tauben. Man beschreibt die Kaufhalle, die in einzelne Läden zerstückelt ist, von denen aber außer Rudis Resterampe und Wiener Bäcker alle geschlossen haben. Man findet den alten Mann, der gerade vom Brötchenholen kommt und der sagt:

"Alles weg. Vor allen Dingen für die alten Leute hier. Oh, das kommt ja noch viel weg."

Der alte Mann mit den Brötchen zeigt dann auf sein Seniorenwohnheim.

"Das soll hier stehen bleiben."

Und dann deutet er auf die Nachbarblöcke, Baujahr 1978.

"Der ganze Straßenzug, der hier vorguckt, das kommt alles weg. Und das ist noch nicht alles."

2009, so vermelden dann gemeinhin die Reporter, rückte Hoyerswerda nach Baden-Baden zur zweitältesten Stadt Deutschlands auf. Dann schultern sie ihre Kameras und filmen Hartz-IV-Empfänger an der Imbissbude.

Felix Ringel, 27, geboren in Ostberlin, kennt andere Locations in Hoyerswerda. Die Kulturfabrik zum Beispiel, ein ehemaliges Kinderheim, DDR-Flachbau. Dort proben Bands, treffen sich Jüngere und Ältere zum Film, zu Lesungen und Prohibitions-Partys. Und zu unendlich vielen Sitzungen, bei denen es immer um eines geht: Wie bringen wir Leben in die Stadt?

"Nimm doch Rehe oder Wildschweine, du brauchst große Wildtiere!"."

In der Kulturfabrik, zu der man hier kurz Kufa sagt, geht es gerade um das "Wohngebietstreffen ohne Wohngebiet", eine große Open-Air-Party im Abrissbezirk. Man schwankt, ob man Rehe, Hirsche, Vogel Strauß, Wendehälse oder Leoparden aufstellen soll – als Symbol dafür, wie sich die Natur das einst dichtbesiedelte Land zurückerobert.

Hier in der Kufa fühlt sich Felix Ringel zuhause. Anderthalb Jahre wohnt er jetzt in Hoyerswerda, in Hoy oder Hoywoy, wie die Bewohner sagen. Jetzt geht seine Zeit hier zu Ende. Er muss zurück nach Cambridge, die englische Elite-Uni, seine Doktorarbeit schreiben. Das Material dafür hat er in Hoyerswerda gesammelt. 60 Notizbücher hat er vollgeschrieben, hunderte Interviews aufgenommen. Felix Ringel ist Anthropologe – ein Wissenschaftler, der den Menschen als soziales Wesen erforscht. Seine Cambridger Kommilitonen machen derzeit Untersuchungen bei den Warao-Indianern in Venezuela und bei der Nu-Minderheit in China. Felix Ringel fand Hoyerswerda spannender. Hier leben die Letzten vom Stamme Hoywoy.

" "Das Thema selber, da habe ich letztens immer wieder drüber nachgedacht, hängt schon mit meiner eigenen Biographie zusammen. Mit den Wendeerfahrungen, die natürlich immer über die Familie in mein Leben hineinragen. Dieser große Schnitt mit vielen Hoffnungen und vielen Ängsten. Und als Anthropologe habe ich mir gedacht: Mensch, das müsste man mal erforschen, ein bisschen intensiver, auch 20 Jahre nach der Wende. Mit dem Blick auf ein Feld, was mal irgendwann Sozialismus war, da ist, die Menschen also zwingt, damit umzugehen. Aber dies untersucht mit dem Blick auf die Gegenwart und natürlich mit dem Blick auf die Zukunft."

Es hätte Eisenhüttenstadt werden können, Schwedt, Frankfurt (Oder), Neubrandenburg – irgendeine der schrumpfenden ostdeutschen Städte. Doch es wurde Hoyerswerda. Keine Stadt in Ostdeutschland ist so von Abwanderung betroffen wie diese, 43 Prozent zogen nach der Wende weg, noch mal 40 Prozent weniger Bürger sollen es im Jahr 2025 werden, wird prophezeit.

"Kannte eigentlich nur Gundermann und Brigitte Reimann und was man so kennt. Und ich komme an, und meine erste Gastfamilie hatte mit zwei Interviews besorgt. Und bei beiden – ich dachte so, na, ein Stündchen jeweils - torkelte ich nach viereinhalb Stunden raus, voll mit Ideen und Widersprüchen und Fragen. So dass dann ganz klar entschieden wurde: Dadurch, dass sich die Menschen so an ihrer Stadt reiben, sich so toll mit ihr auseinandersetzen, dann muss es einfach Hoyerswerda werden!"

Nach der Kufa-Sitzung wechselt Felix Ringel die Generation, verlässt die Mittvierziger und trifft im Nebenraum die 18jährigen, die gerade über das Projekt "Malplatte" beratschlagen. Als Teilnehmer eines von Felix Ringel organisierten "Anthro-Camps", wo alternative Ideen für Hoyerswerda entwickelt werden sollten, hatte man unter anderem die "Malplatte" beschlossen. Für zwei Wochen sollen Jugendliche in einen Abrissblock einziehen, ihn innen und außen bemalen, sich treffen, Musik machen und feiern.

"Hab ich mir angeschaut. Ist `ne gute Location, wir haben dort mehrere Räume. Da kann man in einen Raum `ne Bar reinmachen, in einen anderen `ne Chill-Ecke. In andere wieder unsere Aktionsflächen reinmachen und `ne Tanzfläche."

Felix mischt sich ein. Jeans, Cambridge-T-shirt, Turnschuhe, Kapuzenjacke. Rein äußerlich ist er kaum von den Jugendlichen zu unterscheiden. Aber zehn Lebensjahre mehr - und davon anderthalb Jahre Hoyerswerda - haben dem jungen Elite-Studenten Erfahrung beschert und strukturiertes Denken. Er macht gern Nägel mit Köpfen.

"Generell müssen wir jetzt ein bisschen schneller denken. Und wenn ihr noch dahinter steht, davon gehe ich mal aus, weil es ja auch ein geiles Projekt sein wird, dann müssen wir ein bisschen rascher rangehen."

Felix Ringel spricht schnell, denkt schnell und handelt schnell. Wenn es ihm zu langsam geht, puscht er etwas. Redet, überzeugt, motiviert. Der kleine, drahtige Mann mit dem schwarzen Wuschelhaar, der randlosen Brille und dem jungenhaften Gesicht ist bekannt wie ein bunter Hund in der Stadt. Wenn nicht im Cambridge-Shirt, so ist er in seinem I-love-Hoyerswerda-T-Shirt in der Stadt unterwegs. Und wenn er mit seinem Fahrrad vorbeikommt oder im Eilschritt zu Fuß, so halten ihn die Leute an und begrüßen ihn herzlich. Alte Damen mit Hund geben ihm einen Schmatz auf die Wange, junge Mädchen hauchen links und rechts einen Kuss auf den schwarzen Drei-Tage-Bart, alte und junge Männer umarmen ihn schulterklopfend. Er scheint Everybodys-Darling zu sein, dieser Menschenforscher, der auch ein großer Menschenfreund ist.

"Man kann ihn eigentlich nur liebhaben. Ja.
Der hat auch unwahrscheinlich viel aus uns rausgeholt, das hätte ich mir nie vorstellen können! Er hat einfach dieses Charisma, er ist als Mensch so.
Felix ist jemand mit enorm viel Kraft und Energie und Ausstrahlung.
Und er weeß och, wie man mit den Menschen umgehen muss, damit sie ihm zuhören und auch reden.
Also, er kann Menschen auf alle Fälle fesseln. Und er kann so offen auf Menschen zugehen, seine Hemmschwelle die liegt so weit unten, ich glaube, der hat gar keine!
Das Geile ist ja, wenn man mit Felix auf der Straße geht, der kennt jeden! Und Felix kennt jeder, ob das `ne Oma ist oder `ne Frau oder ein Kind. Man braucht für diese Strecke von 100 Metern mindestens `ne halbe Stunde mit Felix!
Felix kennt jeden, wirklich jeden! Mein Papa hat auch mal gesagt: Oh, da ist doch der Anthropologe! Was, du kennst den och?"

Die hier die Lobeshymnen auf "ihren Felix" singen, sind die Macher des Schülertheaters vom Lessing-Gymnasium in Hoyerswerda. Anderthalb Jahre haben sie mit Felix Ringel geprobt. Er, der selbst Schülertheater gespielt hat, hatte Lust, sein Wissen weiterzugeben. Brachte die Kids vom deutschen Standtheater ab hin zum freien Improvisieren.

Locker sollen sie sein und selbstsicher, das wünscht Felix den jungen Hoyerswerdaern. Oft haben sie übers Weggehen aus ihrer Stadt gesprochen, das unvermeidlich ist, wenn man studieren möchte.

"Ich denke, ein ganz großes Problem ist, dass man einfach hier nicht bleiben will, weil man hat in Hoyerswerda eigentlich keine Zukunft. Dass man daran arbeitet – aber das ist ja gerade in Planung, dass man auch an weiterführende Schulen denkt. Ich denke, dann wäre es auch möglich, dass man hier was herbekommt – nicht nur Rentner."

Felix steht vor seinen Theaterschülern und strahlt sie an. Obwohl: Heute ist er auch ein wenig wehmütig gestimmt, denn es ist ihr letztes Treffen vor seinem Abflug nach Cambridge. Er findet, wenn solche jungen Leute wie diese hier heranwachsen, dann kann das Umfeld nicht so schlecht sein, wie es von vielen geredet wird.

"Die Stadt hat die Aufgabe, sie fit zu machen. Und sie sind doch ganz fit geworden, nicht? Tolle Menschen. Tolle Menschen! Dass sie weggehen nach dem Abi, ist allen klar. Du gehst ja nach Chile, nicht? Und du gehst nach Lettland, da war doch so ein Typ...?! Wie hieß der, Erik – aha, aha! Dass die rausgehen in die Welt, ist doch voll normal, habe ich doch auch gemacht. Aber dass man ihnen auch irgendwann die Chance geben kann, zurückzukommen, das wäre das Wichtige. – klatscht in die Hände: So, können wir jetzt mal anfangen."

Nach der Probe wieder Generationenwechsel. Ein Wohnblock im WK 1, dem Wohnkomplex 1, Brigitte Reimann wohnte einst um die Ecke. Felix Ringel hat die Augen offen für das, woran andere achtlos vorbei laufen.

"Ach, das ist ja auch schön, so ein kleines Detail: Eine Leiter für das Tier zum Hochkommen. Ist doch schön! Ja, hier ist der Mann mit dem Jungen von Jürgen von Woysski. In Hoyerswerda wurde konsequent die Fünf-Prozent-Regel umgesetzt, das heißt, fünf Prozent der Baukosten mussten in Kunst gehen, und deswegen findet man in Hoyerswerda ganz viel Kunst. Das Paradoxe wieder: Die auch zurückgebaut werden muss. Und da hängen ja immer Menschen dran. Wenn die Freunde wegziehen, man selber umziehen muss, damit muss man erst mal klarkommen. Das machen die Menschen schon, da habe ich keine Sorgen, aber ein einfacher Prozess ist es trotzdem nicht."

Vorbei an der leerstehenden Glück-Auf-Gaststätte und dem geschlossenen Gymnasium steuert Felix Ringel eines der ersten Plattenbauhäuser der Welt an. Hier wohnt der 74jährige Gerhard Schlegel. Schnell schlüpft Felix aus seinen Turnschuhen. Schuhe aus im Hausflur, war eine der ersten Regeln, die er in Hoy lernte. Gerhard Schlegel, einst leitender Ingenieur in Schwarze Pumpe, dem großen Kohleenergiestandort, der Hoyerswerda so wachsen ließ, hat sich Notizen gemacht. Er will sie dem jungen Mann mitgeben. Dem 74-Jährigen geht es vor allem darum, dass der Erfahrungsschatz der Alten, die nun mal viele sind in Hoyerswerda, beachtet und genutzt wird.

"Das setzt aber voraus, dass die Alten wieder diesen Mut bekommen, mitzumachen. Dass sie mit reingenommen werden. Dass sie nicht sagen: Ach, ich hab’ draußen `ne Datsche, lasst mich doch in Ruhe mit dem Mist. Ich kriege mein Geld und fahr mit der Aida da rum. Das Problem ist diese depressive Grundstimmung an vielen Stellen: Hat sowieso keen Zweck. Auf uns hört ja sowieso keener! Und das ist für mich die hohe Tragik."

Der Ingenieur, der wie Tausende in den 60er-Jahren nach Hoyerswerda zog, weil es hier Wohnungen gab und gutbezahlte Arbeit, gründete damals einen Kunstverein, der bis heute besteht. Die Stadt atmete Kultur damals, sagt der alte Mann, und erinnert sich mit leuchtenden Augen, wer damals alles hier las: Brigitte Reimann, Maxi Wander, Christa und Gerhard Wolf. Hoyerswerda war ein Schmelztiegel, eine sozialistische Musterstadt, die kritische Geister anzog und beflügelte.

"Lasst uns pflügen, lasst uns bauen, lernt und schafft wie nie zuvor, und der eignen Kraft vertrauend, steigt ein frei Geschlecht empor. Dieser Geist, diese Aufbruchstimmung, die fehlt uns heute."

Aber es gibt ja Felix. Der alte Mann lächelt den jungen, der sein Enkel sein könnte an. Jede Woche liest er dessen Kolumnen, die er für die Tageszeitung schreibt. Bei vielen sind sie schon Familien-Gesprächsthema. Es geht in den Kolumnen, von denen Felix Ringel heute die 52., seine letzte, veröffentlichte, um seine Sicht auf die Stadt, um Menschen, die er traf, um Ideen, die sie haben, um ihren Kampf um die Stadt und um den Mut. Gute Nachricht in einer Zeit der Bad News.

"Ich sag ja: Er hat eine Funktion bei uns. Er kommt als Jesus und hält die Bergpredigt oder wie Obama, der macht das genauso. Und das ist für mich wichtig: Den Leuten wieder Mut zu machen. Dann finden wir auch Wege!"

Dorit Baumeister ist, wie ihr Name schon andeutet, Architektin. Sie ist die siebente Gastmutter für Felix Ringel. Die letzten Hoyerswerda-Tage verbringt er mit ihr, die sich in der einstigen "Stadt der Moderne" in der Kulturfabrik engagiert, für alternative Bildung und einen Stadtumbau, der die Bewohner und ihre Ideen einbezieht. Und nicht an ihnen vorbei geht, so wie sie es jetzt empfindet.

"Und es wäre doch spannend, wenn gerade so ein Ort, auch mit dieser spannenden Geschichte, die wir erlebt haben, einen eigenen Weg finden würde. Ein bisschen Experimentelles wagt und hier Erfahrungen sammelt, die wir dann auch weitergeben können. Denn wir sind ja bei weitem nicht der einzige Ort. Wir sind auch nur ein Vertreter von vielen, wenn auch ein sehr bekannter Vertreter. Die Geschichte, die Stadt der Moderne, war ja auch ein Pilot in dem Sinne. Das verpflichtet mich, dass wir nicht so konservativ hinterher leben. Eigentlich sollten wir noch einmal ein Pilot wagen. Im Moment sieht’s nicht so aus, aber mit Felix werden wir darüber philosophieren."

Es gibt nach wie vor große Arbeitgeber in der Umgebung: Vattenfall, BASF, Neuansiedlungen in Schwarze Pumpe. Fachkräfte finden sie in der Region oft nicht mehr, es müssen Leute hierher gelockt werden – und wie kann man das besser als durch gute Lebensbedingungen in einer mittelgroßen Stadt, mit hohem Bildungs- und bunt- bis schrägem Kulturangebot? Die schöne Landschaft mit den vielen Seen, Wäldern und Radwegen allein reicht nicht, argumentiert die Architektin. Hoyerswerda, wo einst 70.000 Menschen wohnten und heute 40.000, muss eine attraktive Stadt zum Leben werden - einen anderen Weg sieht sie nicht.

"Dann kann ich mir vorstellen, dass man die Stadt mal bei 20.000 bis 25.000 wird halten können. Was wir so ungefähr in 10, 15 Jahren im Schrumpfungsprozess erreicht haben werden. Das geht weiter stark nach unten. Wenn das nicht passiert, wird die Stadt von der Landkarte verschwinden. Die harten Fakten, die demographischen Zahlen sprechen keine andere Sprache. Das ist wirklich ein trauriges Ende und das möchte ich ehrlich gesagt persönlich nicht erleben."

"Als wir endlich alt genug warn, nahmen wir unser Schuh, die bemalte Kinderzimmertür fiel hinter uns zu. Vater gab uns seinen Mantel und seinen blauen Hut. Mutter gab uns ihrer Tränen und machte uns ein Zuckerbrot ..."

Schuhe aus vor Florians Wohnungstür im WK 4. Florian verehrt den Liedermacher Gerhard Gundermann, neben Brigitte Reimann der bekanntste Hoyerswerdaer. Florian ist noch hiergeblieben, er hat einen Ausbildungsplatz gefunden in seiner Heimatstadt. Gundermann- und andere Lieder spielt er in diesem Frühjahr wie in jedem Jahr mit seiner Band auf Jugendweihen.

"Gundermann ist sehr umstritten in der Stadt. Die Kulturfabrik pflegt sein Erbe, aber bei anderen ist er immer nur der linke Stasi-sonsterwie-Typ. Ganz schlimm. In ganz Deutschland hat er einen unheimlichen Ruf, hat mit seinen Texten Tausende begeistert. Aber die eigene Stadt hadert. Aber es ist Hoffnung: Der Bürgermeister widmet sich jetzt auch ein bisschen dem Erbe der Stadt. Diesem wichtigen Erbe."

Im Büro der Wohnungsgenossenschaft darf man die Schuhe anbehalten. Auf Axel Vietzecks Schreibtisch steht ein sehr stacheliger Kaktus. Er bedeutet: Durchhalten auch in Dürrezeiten, langes Leben und Robust-Sein, sagt Felix Ringel, der dem Chef der Hoyerswerdaer "Lebensräume" diesen Kaktus schenkte. Der Anthroploge bekam von der Genossenschaft für seinen Jugend- und Kunstprojekte nicht nur Häuser, sondern auch Farbe, Strom, Gas – eben Hilfe aller Art.

"Seine Art und Weise hat immer wieder andere anstecken können. Das hoffe ich, dass immer wieder jemand da ist, der uns auf den Boden der Realität bringt und uns zeigt, dass Hoyerswerda ein ganz anderes Bild vielleicht nach außen hat, als wir innen manchmal glauben. Und ich hoffe – nee, ich hoffe nicht nur, sondern ich bin überzeugt, er hat ein bisschen dazu beigetragen – und das bisschen ist ganz schön viel, dass man wieder an sich selber glaubt."

Felix Ringel gab den Menschen in Hoyerswerda das Obamasche Mantra – nicht umsonst studierte er schließlich ein Jahr im amerikanischen Berkley: Yes, we can. Sein unerschütterlicher Optimismus wurde belohnt mit Herzlichkeit und mit der Bereitschaft, ihn in langen Interviews in viele Leben blicken zu lassen - all das kann der Cambridge-Doktorand manchmal immer noch nicht recht fassen.

"Das ist ganz schön. Das tut auch gut so als Person. Wer bin ich denn eigentlich? Ich bin auch nur ein Berliner, der da und da studiert. Was kann ich auch geben? Ich bin immer baff, dass Leute sich freuen, dass das, was ich mache, so ist, wie es ist. Dass jeder was rauszieht, ich finde das ganz toll. Und für einen persönlich ist das eine unheimliche Bereicherung. Ich hätte nie gedacht, dass ich so viele verschiedene Menschen mal meine Freunde nennen könnte. So viele verschiedene Menschen im Sinne von Alter, sozialer Herkunft und ähnlichem. Das sind so viele Menschen, die mir ganz viel geben."

"Als wir endlich alt genug warn stopften wir sie in den Schrank. Die viel zu oft geflickten Flügel und Gott sagte Gott sei dank ..."

Der Sänger Florian wird Felix vermissen. Der ehemalige technische Direktor von Schwarze Pumpe wird Felix vermissen. Er wünscht sich, dass der junge Wissenschaftler, nachdem er 2010, das ist bereits versprochen, seine Doktorarbeit in Hoyerswerda vorstellt, gleich noch eine Habitilation hinterherschiebt. Die Frauen von der Kulturfabrik wünschen sich, Felix solle doch zur Bürgermeisterwahl antreten. Und auch Großvater Schlegel stimmt ein:

"Jetzt würde ich das gern, dass er die Fahne in die Hand nimmt. Wie bei der französischen Revolution – wenn ich daran denke!"

"Immer wieder wächst das Gras, klammert alle Wunden zu, manchmal stark und manchmal blass, so wie ich und du ..."