Die Liebe des greisen Dichterfürsten
Seit vielen Jahren hat Martin Walser keine Stücke mehr geschrieben. Mit "Ein liebender Mann" gab es im Theater in Meiningen nach langer Zeit wieder eine Uraufführung eines Theaterstücks von Walser.
Walser betrachtet seine Theaterfassung als "Spiel mit den Materialien des Romans". Er hat wie im Roman die wichtigsten überlieferten Fakten wie die von Eckermann berichtete Begegnung Goethes mit der Familie Levetzow in Weimar oder die Eheantragstellung Karl Augusts für Goethe bei der Mutter Levetzow erhalten.
Die wesentlichen Änderungen im Theaterstück: Der Autor hat die Figur des Dieners Stadelmann zu einem Erzähler und Spielleiter ausgebaut und er hat den ganzen dritten Teil, der im Roman von den Briefen Goethes und den Antworten Ulrikes eingenommen zu einem ständigen Dialog umgearbeitet.
In Ansgar Haags Meininger Inszenierung sehen wir beide Protagonisten in ihren Zimmern in Strasburg und Weimar. Ihr Dialog ist mit Texten aus den von Walser im Roman gestalteten Briefen gespeist. Die oft seitenlangen, von der Kritik zu Recht als geschwätzig und bejammernd beschriebenen Briefe werden auf ihren Kernpunkt gebracht, lyrische Texte Goethes wie die "Marienbader Elegie" werden im Wechsel, gleichsam im Zwiegespräch, gesprochen.
Schauspielerisch ist manches kaum zu gestalten. Was Walser dank seines epischen Nuancierungsvermögens glaubhaft machen kann, muss mitunter auf der Strecke bleiben. Wenn Goethe bei seiner Begegnung mit Ulrike von deren Blick wie vom Blitz getroffen wird, wenn sich, wie er später in den "Marienbader Elegien" schreibt die Liebe wie in "Flammenschrift" in sein Herz legt, da müssen dem Darsteller die Mittel fehlen, das gegenwärtig werden zu lassen.
Peter Bernhardt spielt den 73-jährigen Goethe. Er führt ihn ein als einen beifallgewöhnten Erfolgsmenschen. Wo er spricht, horcht ein Herzogtum beziehungsweise eine Festgesellschaft auf. Zu Beginn umgibt er sich mit den ehrfürchtig hörenden Levetzow-Mädchen. Keine Spur davon, dass er vom Blick der Ulrike getroffen wird. Im folgenden hat Bernhardt durchaus überzeugende weil sinnlich konkrete Szenen. Bei seinen Betrachtungen zur Zahl der sie trennenden Jahre steigert er sich in einen wahren tänzerischen Rausch, seine Diktate an Stadelmann, zu denen auch Ulrike geholt werden musste, absolviert er in der sieggewohnten Allüre des Machtmenschen. Ein Höhepunkt wenn er sich im Spiegel betrachtet und sich angesichts der unverkennbaren Spuren des Alters als selbstverliebten Illusionisten beschimpft und sich die Erkenntnis von der eigenen Selbstüberhebung gleichsam eintrichtert.
Als hätte es diese Erkenntnis nicht gegeben, hebt er wenig später im Moment scheinbarer Zuneigung Ulrikes zu einer wahrhaft schwebend/schwelgenden Kennzeichnung der Geliebten an. Am Ende dann, wenn Goethe mit großer Geste der Liebe entsagt, verlassen den Darsteller die Mittel sprachlicher Differenzierung. Vieles wirkt nun angestrengt und überfordert. Trotzdem: eine bemerkenswerte Leistung.
Schwerer als er hat es die Darstellerin der Ulrike Josephine Fabian - vielleicht auch deshalb weil ihr weniger an konkretem darstellerischen Material vom Text her gegeben ist. Sie versucht, dem sieggewohnten Meister auf ihre Weise zu widersprechen, ihre von den Naturwissenschaften geprägte Weltsicht ins Spiel zu bringen, wirkt aber auf Dauer im Widerspruch zu trotzig, in Momenten auch zu hysterisch. Im zweiten Teil, wenn die Figur zur Ruhe gekommen ist, ihren Frieden damit findet, dass sie von Goethe zur literarischen Figur erhoben worden ist, da wird sie auch fraulicher und erotisch anziehender. Insgesamt ein bemühter Abend, der das Unspielbare nicht spielbar machen kann.
Die wesentlichen Änderungen im Theaterstück: Der Autor hat die Figur des Dieners Stadelmann zu einem Erzähler und Spielleiter ausgebaut und er hat den ganzen dritten Teil, der im Roman von den Briefen Goethes und den Antworten Ulrikes eingenommen zu einem ständigen Dialog umgearbeitet.
In Ansgar Haags Meininger Inszenierung sehen wir beide Protagonisten in ihren Zimmern in Strasburg und Weimar. Ihr Dialog ist mit Texten aus den von Walser im Roman gestalteten Briefen gespeist. Die oft seitenlangen, von der Kritik zu Recht als geschwätzig und bejammernd beschriebenen Briefe werden auf ihren Kernpunkt gebracht, lyrische Texte Goethes wie die "Marienbader Elegie" werden im Wechsel, gleichsam im Zwiegespräch, gesprochen.
Schauspielerisch ist manches kaum zu gestalten. Was Walser dank seines epischen Nuancierungsvermögens glaubhaft machen kann, muss mitunter auf der Strecke bleiben. Wenn Goethe bei seiner Begegnung mit Ulrike von deren Blick wie vom Blitz getroffen wird, wenn sich, wie er später in den "Marienbader Elegien" schreibt die Liebe wie in "Flammenschrift" in sein Herz legt, da müssen dem Darsteller die Mittel fehlen, das gegenwärtig werden zu lassen.
Peter Bernhardt spielt den 73-jährigen Goethe. Er führt ihn ein als einen beifallgewöhnten Erfolgsmenschen. Wo er spricht, horcht ein Herzogtum beziehungsweise eine Festgesellschaft auf. Zu Beginn umgibt er sich mit den ehrfürchtig hörenden Levetzow-Mädchen. Keine Spur davon, dass er vom Blick der Ulrike getroffen wird. Im folgenden hat Bernhardt durchaus überzeugende weil sinnlich konkrete Szenen. Bei seinen Betrachtungen zur Zahl der sie trennenden Jahre steigert er sich in einen wahren tänzerischen Rausch, seine Diktate an Stadelmann, zu denen auch Ulrike geholt werden musste, absolviert er in der sieggewohnten Allüre des Machtmenschen. Ein Höhepunkt wenn er sich im Spiegel betrachtet und sich angesichts der unverkennbaren Spuren des Alters als selbstverliebten Illusionisten beschimpft und sich die Erkenntnis von der eigenen Selbstüberhebung gleichsam eintrichtert.
Als hätte es diese Erkenntnis nicht gegeben, hebt er wenig später im Moment scheinbarer Zuneigung Ulrikes zu einer wahrhaft schwebend/schwelgenden Kennzeichnung der Geliebten an. Am Ende dann, wenn Goethe mit großer Geste der Liebe entsagt, verlassen den Darsteller die Mittel sprachlicher Differenzierung. Vieles wirkt nun angestrengt und überfordert. Trotzdem: eine bemerkenswerte Leistung.
Schwerer als er hat es die Darstellerin der Ulrike Josephine Fabian - vielleicht auch deshalb weil ihr weniger an konkretem darstellerischen Material vom Text her gegeben ist. Sie versucht, dem sieggewohnten Meister auf ihre Weise zu widersprechen, ihre von den Naturwissenschaften geprägte Weltsicht ins Spiel zu bringen, wirkt aber auf Dauer im Widerspruch zu trotzig, in Momenten auch zu hysterisch. Im zweiten Teil, wenn die Figur zur Ruhe gekommen ist, ihren Frieden damit findet, dass sie von Goethe zur literarischen Figur erhoben worden ist, da wird sie auch fraulicher und erotisch anziehender. Insgesamt ein bemühter Abend, der das Unspielbare nicht spielbar machen kann.