Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen

Krude Songtitel, coole Musik

Die Hamburger Band Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen ist die Nachfolgeband von Superpunk.
Die Hamburger Band Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen ist die Nachfolgeband von Superpunk. © Martin Morris
Von Kerstin Poppendieck |
Aus der Band "Superpunk" wurde "Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen". Geblieben ist das Talent der Musiker für witzige Texte und einprägsamen Soul. Das gilt auch für das neue Album "Rüttel mal am Käfig, die Affen sollen was machen".
"Wir haben einen Freund, der heißt Jan. Der hat einen ziemlich guten Humor. Und den hab ich mal gefragt, Jan, wie würdest du eine Platte nennen, ein Album? Meint er, ganz klar: rüttel mal am Käfig, die Affen sollen was machen. Da haben wir sehr gelacht und gesagt, das machen wir."
Es ist einer von mehreren Momenten im Interview mit Carsten Friedrichs, bei dem man nicht weiß, ob das Gesagte Ernst gemeint ist oder Quatsch. Aber egal wie, die Geschichte ist schön und das neue und dritte Album der Liga der gewöhnlichen Gentlemen heißt tatsächlich "Rüttel mal am Käfig, die Affen sollen was machen." Zehn Songs voller Witz, Hamburger Soul und großen Melodien.
"Wir machen ja Popmusik, und ich bin da vielleicht ein bisschen alte Schule, aber mir sind Melodien bei Popmusik schon relativ wichtig. Also ich hör auch gerne 'Sister Ray' von Velvet Underground, das ist ja nicht so melodisch, aber ich hör auch gerne Burt Bacharach, Beach Boys und solche Sachen. Da würde ich sagen, dass Melodien neben dem Rhythmus sehr wichtig sind für unsere Musik."
Auch das neue Album ist darauf ausgelegt, den Zuhörer zu verlocken, mit dem Kopf im Takt zu nicken. Sänger und Songschreiber Carsten Friedrichs macht kein Geheimnis daraus, dass er sich von Bands wie Sparks, Housemartins oder Madness inspirieren lässt. Außerdem profitiert der Sound der Band von Gunther Buskies, der nicht nur Keyboard spielt, sondern auch ein Faible für alte elektronische Drumcomputer hat und auch sonst gern mit Instrumenten experimentiert.
Gastauftritt von Andreas Dorau
"Es gibt sauviele Bands, die als Trio gut funktionieren, The Jam zum Beispiel oder Dinosaur Jr., Gitarre, Bass, Schlagzeug, Gesang. Aber ich mag auch gerne Songs, wo ganz viel passiert, mir kann gar nicht genug passieren, mein Motto ist mehr ist mehr. Und wenn ein Glockenspiel da rumstand, dann haben wir's benutzt. Und wenn jemand Tuba spielen kann und wir den kennen, dann kommt die Tuba auf die Platte."
Was für die Instrumente bei der Liga der gewöhnlichen Gentlemen gilt, gilt auch für die Gastmusiker: mehr ist mehr. Manchmal hat man das Gefühl, die Hamburger Musikszene ist eine riesige Band, denn es ist gang und gäbe, dass sich Hamburger Bands aushelfen, zusammen Musik machen und sich gegenseitig inspirieren. Auch beim neuen Album bleiben die fünf Musiker der Band nicht allein. Neben Andreas Dorau und der Sängerin Peta Devlin ist auch (der in der Hamburger Pop-Szene offenbar unvermeidliche) Bernd Begemann dabei.
"Das sind eigentlich sehr gute Freunde von uns. Ich hab zum Beispiel auf Bernds letztem Album mitgesungen in Anführungsstrichen, oder das letzte Album von Andreas Dorau haben wir zusammen eingespielt. Und wir wollen auf dem Album gerne viele unterschiedliche Stimmen haben. Da haben wir Bernd oder Andreas oder Peter Devlin gefragt, ob die Lust haben, mal einen Nachmittag vorbeizukommen ins Studio. Macht einfach Spaß, mit ganz vielen Leuten Musik zu machen. Und da die auch schöner Weise alle in Hamburg wohnen, ist das ein Privileg, dass das so unbürokratisch geht."
Alkoholkranke Esel
So euphorisch und mitreißend die Melodien auch sind, man würde wirklich etwas verpassen, wenn man nicht auch auf die Texte achtet. Pointiert, witzig und voller Geschichten über spannende Menschen, die aber nur wenige kennen. Zum Beispiel die Britin Elisabeth Svendsen, die Ende der 1960er ein Eselheim gegründet hat.
"Also ich hatte mal einen Artikel gelesen, da ging´s um alkoholkranke Esel in England. Zum Beispiel hatten die englischen Regimenter im Militär, die hatte Maskottchen, tierische Maskottchen, und oft waren das wohl Esel. Und die haben dann halt mit ihren menschlichen Kameraden nach Dienstschluss Bier getrunken. Und die haben dann auch Bier gekriegt und die mochten das auch sehr gerne, die Esel. Und die Menschen haben die Esel auch gerne mit Bier abgefüllt, weil die dann immer so lustig wurden. Dann rotierten zum Beispiel die Ohren."
"Und dann hab ich mir gedacht, was passiert wohl mit den ganzen, armen, alkoholkranken Eseln in England? Und dann bin ich darauf gestoßen, dass Mrs Svenson ein Herz für Esel hat und ein Eselsheim eingerichtet hat für geschundene Esel, für kranke Esel, und da dachten wir, dieser Dame widmen wir mal einen Song."
Song über James Deans Mechaniker
Oder die Geschichte von Rolf Wütherich. Das war der Mechaniker von James Dean und Beifahrer bei der Autofahrt, bei der James Dean tödlich verunglückte.
Beim Schreiben von "Rolf Wütherich" hat Carsten Friedrichs herausgefunden, dass viele Leute ihm die Schuld gegeben haben an diesem Unfall, obwohl der Mechaniker nachgewiesenermaßen nichts dafür konnte.
"Ich kenn das auch: Man macht alles richtig, man macht alles gut und trotzdem kriegt man die Schuld für alles, was schief läuft. Und wie fühlt man sich dann? Wie Rolf Wütherich. Und so ist dieser Song entstanden."
Diese Hamburger Mischung aus cool und charmant der Liga der gewöhnlichen Gentlemen funktioniert gut. Egal ob auf Platte – oder CD oder live auf der Bühne. Musikalisch bleiben sie allerdings bei ihrem Hamburger Soul Rezept und probieren kaum etwas Neues aus. Dafür macht die Musik nach wie vor Spaß und auch die Texten bleiben unterhaltsam.
"Ich versuch immer so kurze musikalische Spielfilme zu machen über interessante Leute. Das unterhält mich zumindest und vielleicht auch noch ein paar andere. Und wenn man zu tanzen kann, noch besser."

Das Album "Rüttel mal am Käfig, die Affen sollen was machen" von Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen ist bei Tapete Records erschienen.

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