Aufklärungswille und Glaubwürdigkeit fehlten: Mit dem stasibelasteten Stadtsoziologen Andrej Holm, der nun von seinem Regierungsamt zurückgetreten ist, habe sich die Berliner Linke "einen personellen Fehlgriff sondergleichen geleistet", kommentiert Claudia van Laak.
Berlin hat Glück – der Hauptstadt und damit auch dem politischen Projekt Rot-Rot-Grün ist dieser Mann auf Dauer erspart geblieben. Der stasibelastete Stadtsoziologe Andrej Holm ist nur ganz knapp seiner Entlassung zuvorgekommen und selber zurückgetreten. Seine persönliche Erklärung spricht Bände. Keine Spur von Demut, keine Spur von Selbstkritik, keine Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit.
Stattdessen hat sich Andrej Holm eine linke Verschwörungstheorie zurechtgebastelt. Die lautet so: Die böse Immobilienindustrie hat gemeinsam mit den Mainstream-Medien die Stasi-Keule aus dem Sack geholt, den armen Andrej Holm beiseite geräumt und damit eine Wende hin zu einer sozialen Mieten- und Wohnungspolitik verhindert.
Mangelnder Respekt vor den Opfern der SED-Diktatur
Heute Abend lässt sich der Mann von seinen Anhängern feiern – und hat dazu Gentrifizierungsgegner und Mieter-Initiativen eingeladen. "Die Stadt gehört uns" – fettgedruckt und mit Ausrufezeichen, so steht es am Ende seiner persönlichen Erklärung. Das klingt nach Straßenkampf und so ist es wohl auch gemeint.
Ein knappes halbes Jahr stand Andrej Holm als Offiziersschüler auf der Gehaltsliste des Ministeriums für Staatssicherheit. Es ist nicht diese lässliche Jugendsünde, die den 46-Jährigen für das Amt eines Staatssekretärs disqualifiziert. Es ist sein fehlender Aufklärungswille heute, der mangelnde Respekt vor den Opfern der SED-Diktatur, die allzu späte Entschuldigung und nicht zuletzt seine fehlende Glaubwürdigkeit.
Seinen Arbeitgeber, die Humboldt-Universität, hatte Andrej Holm belogen und ihr gegenüber bestritten, hauptamtlicher Mitarbeiter der Stasi gewesen zu sein. Seine heute behaupteten Erinnerungslücken hätte er schnell schließen können, in dem er beim Stasi-Bundesbeauftragten seine damalige Personalakte angefordert hätte. Das hat er nicht getan.
Regierender Bürgermeister Müller als führungsschwach vorgeführt
Mit Andrej Holm hat sich die Berliner Linke – die eigentlich über schlaues Führungspersonal verfügt – einen personellen Fehlgriff sondergleichen geleistet. War es Naivität? Oder war es vielleicht Berechnung? Auf jeden Fall ist es der Linken gelungen, den Regierenden Bürgermeister Michael Müller von der SPD wochenlang als führungsschwach vorzuführen - zu lange hat er der Causa Holm nur zugesehen, zu spät ist Müller eingeschritten. Die Linke hat dem gesamten rot-rot-grünen Politprojekt einen schlechten Dienst erwiesen. Modell für den Bund? So auf keinen Fall.
Claudia van Laak, Jahrgang 1963, zog nach ihrem Studium von Germanistik, Journalistik und Wirtschaftswissenschaften in die "Noch-DDR". In Thüringen arbeitete sie beim MDR, wechselte dort als Landeskorrespondentin zum Deutschlandradio. Danach Korrespondentin in Brandenburg, jetzt Leiterin des Landesstudios Berlin.