Die Macht der Bücher
Es klingt fast wie ein Märchen: Ein junger, völlig unbekannter Westschweizer aus Genf schreibt einen mehr als 700 Seiten starken Roman, der quasi über Nacht zum Bestseller wird und seinen Schöpfer in die Top-Riege des Literaturbetriebs katapultiert. Joël Dicker heißt der Mann.
"I wish I was [...] " "Ich wünschte, ich wäre Musiker. Oder Fußballspieler. Aber im Moment bin ich eben Schriftsteller." " [...] but I ended up being a writer for now."
In Joël Dickers Leben gibt es viele Leidenschaften: Er spielt Schlagzeug, er liebt Fußball und Tiere, er hat ein Jurastudium abgeschlossen - und er ist Schriftsteller. Jahrelang verfasste er ein Manuskript nach dem anderen, schickte seine Texte an Verlage, kassierte Absagen, begann von neuem. Sein erstes Buch erschien im Januar 2012 - und floppte. Umso erstaunter ist Dicker jetzt über den Erfolg seines zweiten Romans "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert":
"Als Bernard de Fallois, mein französischer Verleger, mir sagte, er wolle den zweiten Roman veröffentlichen, es werde ein Riesenerfolg, konnte ich es nicht glauben. Kurz davor war mein erstes Buch herausgekommen und es war gar nicht erfolgreich gewesen. Und nur wenig später sollte das zweite Buch ein Erfolg werden, mit demselben Autor, demselben Verleger, demselben Procedere? Ich habe wirklich keinen Erfolg erwartet."
Aber es hat funktioniert: Das Buch begeistert Kritiker wie Leser, es wurde mit dem Romanpreis der Académie française ausgezeichnet und verpasste nur knapp den renommierten Prix Goncourt:
"Es ist genau ein Jahr her, dass ich das Manuskript Bernard de Fallois gegeben habe, aber ich habe das Gefühl, als ob inzwischen 20 Jahre vergangen wären. Ich fühle mich, als sei ich jetzt 20 Jahre älter. Ich habe so viel gelernt, so viel entdeckt, ich habe so viel begriffen, über mich selbst, über das Leben, über die Menschen."
Joël Dicker ist weit davon entfernt, Allüren zu entwickeln. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein später Student, groß und ein bisschen schlaksig, ein offenes Gesicht mit sehr blauen Augen, ein charmantes Lächeln, das schnell in ein herzliches Lachen münden kann. Kein Star, keine Diva, vielmehr ein junger Mann, der nicht den Ruhm sucht, sondern sich selbst:
"Ja, es ist ein großartiges Leben, ich reise viel, ich werde auf der Straße erkannt, aber darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, wie sehr ich mich verändert habe, wie ich in einem Jahr erwachsen geworden bin. Es ist eine Veränderung zum Besseren, denke ich."
Veränderung - das ist für Joël Dicker wichtig. Er sucht die Herausforderung und liebt es, immer neue Hürden zu überwinden. Die Messlatte liegt nun hoch, sehr hoch sogar, aber das ist für ihn ein Ansporn:
"Ich bin erst 28 Jahre alt, das heißt, es wäre schrecklich, wenn dieses Buch perfekt wäre. Dann könnte ich nur mehr herumsitzen und auf den Tod warten. Aber es ist wunderbar, zu wissen, dass es viele Dinge gibt, die ich besser machen kann und an denen ich arbeiten kann, beim nächsten Roman, und beim darauffolgenden. Weiterentwicklung ist etwas Großartiges, in der Lage zu sein, sein Bestes zu geben und zu versuchen, etwas immer noch besser und besser zu machen."
Und daran arbeitet er mit eiserner Disziplin. Wenn Joël Dicker etwas tut, dann tut er es ganz, wenn er etwas beginnt, vollendet er es auch. So wie sein Jurastudium - dabei ist er eigentlich nicht der akademische Typ:
"Meine Schulnoten waren sehr schlecht, vor allem in den Naturwissenschaften und auch in Literatur. Nach der Schule besuchte ich eine Schauspielschule in Paris, aber ich erkannte, dass ich etwas fürs Leben brauchte, etwas Sicheres. Also beschloss ich, an die Universität zu gehen, aber ich war schlecht in Naturwissenschaften und Literatur wäre katastrophal geworden. In welchem Fach geht es also nicht um Naturwissenschaften, um Mathematik oder Literatur? In der Juristerei. Also begann ich in Genf Jura zu studieren."
Ein guter Student war er nicht, aber er biss sich durch und erhielt 2010 seinen Master. Seine Freizeit nutzte er zum Schreiben - und zum Lesen. Denn auch das ist eine Passion des jungen Schweizers. Als Teenager las er sich durch die französische, russische und amerikanische Literatur. Sein Lieblingsautor ist ein Franzose, nämlich Romain Gary:
"Er hat sich umgebracht, bevor ich geboren wurde, und es ist interessant, wie man sich einen Menschen durch ein Buch vorstellen kann, sogar einen Autor, sogar Romain Gary. Es ist, als würde ich ihn kennen und für mich ist diese Macht der Bücher sehr spannend, die Macht der Literatur."
Und dann ist da noch Dickers Liebe zur Natur. Mit gerade mal zehn Jahren beschloss Klein-Joël, eine Zeitschrift herauszugeben, die Gazette des Animaux - auf deutsch etwa: "Das Tierjournal":
"Ich liebe die Natur, die Tiere, ich liebe es, im Wald spazieren zu gehen, ich war oft in Kanada und Alaska, um Tiere zu beobachten. Und ich habe versucht, meine Tierliebe über diese Zeitschrift zu transportieren. Es ging auch um den Spaß, etwas zu erschaffen, nicht nur zu schreiben, Geschichten über Vögel oder was immer zu erzählen, sondern es auch zu drucken, es in einen Umschlag zu stecken und anderen Leuten zu schicken, es zu teilen."
Auch hier ging er konsequent vor: Sieben Jahre lang war er Herausgeber, Redakteur und Bürobote in einer Person und schickte das Blatt an rund 300 Abonnenten, die 20 Euro pro Jahr bezahlten - was die Kosten natürlich nicht annähernd deckte. Seine Eltern halfen, die finanzielle Schieflage zu glätten, bis ihr rastloser Sohn das Projekt beendete, um mehr Zeit für seine anderen Interessen zu haben. Das Zeichnen etwa oder die Musik. Er mag Rock und Jazz, Switchfoot, "The Script", Oswald Petersen oder Dave Brubeck, und er träumt von einer Musikerkarriere:
"Ich höre immer irgendwelche Musik, ich schreibe nur mit Kopfhörern mit Musik, um in meiner eigenen Welt zu sein. Und wenn ich Musik höre, wenn ich in einem Konzert bin, dann denke ich nur - wow, das möchte ich mit meinem Leben machen! Wir werden sehen."
Man kann von Joël Dicker noch viel erwarten. Einen weiteren Roman, eine bahnbrechende Komposition oder etwas ganz anderes. Mit dem Erfolgsdruck geht er pragmatisch um:
"Was, wenn ich nicht in der Lage bin, noch einen Roman zu schreiben? Vielleicht lähmt mich der Erfolg komplett. Wenn, dann würde ich lieber sagen: ich habe es versucht, aber jetzt wende ich mich der Musik zu. Oder dem Fußball. Ich denke, es ist besser, zu schauen, was herauskommt."
In Joël Dickers Leben gibt es viele Leidenschaften: Er spielt Schlagzeug, er liebt Fußball und Tiere, er hat ein Jurastudium abgeschlossen - und er ist Schriftsteller. Jahrelang verfasste er ein Manuskript nach dem anderen, schickte seine Texte an Verlage, kassierte Absagen, begann von neuem. Sein erstes Buch erschien im Januar 2012 - und floppte. Umso erstaunter ist Dicker jetzt über den Erfolg seines zweiten Romans "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert":
"Als Bernard de Fallois, mein französischer Verleger, mir sagte, er wolle den zweiten Roman veröffentlichen, es werde ein Riesenerfolg, konnte ich es nicht glauben. Kurz davor war mein erstes Buch herausgekommen und es war gar nicht erfolgreich gewesen. Und nur wenig später sollte das zweite Buch ein Erfolg werden, mit demselben Autor, demselben Verleger, demselben Procedere? Ich habe wirklich keinen Erfolg erwartet."
Aber es hat funktioniert: Das Buch begeistert Kritiker wie Leser, es wurde mit dem Romanpreis der Académie française ausgezeichnet und verpasste nur knapp den renommierten Prix Goncourt:
"Es ist genau ein Jahr her, dass ich das Manuskript Bernard de Fallois gegeben habe, aber ich habe das Gefühl, als ob inzwischen 20 Jahre vergangen wären. Ich fühle mich, als sei ich jetzt 20 Jahre älter. Ich habe so viel gelernt, so viel entdeckt, ich habe so viel begriffen, über mich selbst, über das Leben, über die Menschen."
Joël Dicker ist weit davon entfernt, Allüren zu entwickeln. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein später Student, groß und ein bisschen schlaksig, ein offenes Gesicht mit sehr blauen Augen, ein charmantes Lächeln, das schnell in ein herzliches Lachen münden kann. Kein Star, keine Diva, vielmehr ein junger Mann, der nicht den Ruhm sucht, sondern sich selbst:
"Ja, es ist ein großartiges Leben, ich reise viel, ich werde auf der Straße erkannt, aber darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, wie sehr ich mich verändert habe, wie ich in einem Jahr erwachsen geworden bin. Es ist eine Veränderung zum Besseren, denke ich."
Veränderung - das ist für Joël Dicker wichtig. Er sucht die Herausforderung und liebt es, immer neue Hürden zu überwinden. Die Messlatte liegt nun hoch, sehr hoch sogar, aber das ist für ihn ein Ansporn:
"Ich bin erst 28 Jahre alt, das heißt, es wäre schrecklich, wenn dieses Buch perfekt wäre. Dann könnte ich nur mehr herumsitzen und auf den Tod warten. Aber es ist wunderbar, zu wissen, dass es viele Dinge gibt, die ich besser machen kann und an denen ich arbeiten kann, beim nächsten Roman, und beim darauffolgenden. Weiterentwicklung ist etwas Großartiges, in der Lage zu sein, sein Bestes zu geben und zu versuchen, etwas immer noch besser und besser zu machen."
Und daran arbeitet er mit eiserner Disziplin. Wenn Joël Dicker etwas tut, dann tut er es ganz, wenn er etwas beginnt, vollendet er es auch. So wie sein Jurastudium - dabei ist er eigentlich nicht der akademische Typ:
"Meine Schulnoten waren sehr schlecht, vor allem in den Naturwissenschaften und auch in Literatur. Nach der Schule besuchte ich eine Schauspielschule in Paris, aber ich erkannte, dass ich etwas fürs Leben brauchte, etwas Sicheres. Also beschloss ich, an die Universität zu gehen, aber ich war schlecht in Naturwissenschaften und Literatur wäre katastrophal geworden. In welchem Fach geht es also nicht um Naturwissenschaften, um Mathematik oder Literatur? In der Juristerei. Also begann ich in Genf Jura zu studieren."
Ein guter Student war er nicht, aber er biss sich durch und erhielt 2010 seinen Master. Seine Freizeit nutzte er zum Schreiben - und zum Lesen. Denn auch das ist eine Passion des jungen Schweizers. Als Teenager las er sich durch die französische, russische und amerikanische Literatur. Sein Lieblingsautor ist ein Franzose, nämlich Romain Gary:
"Er hat sich umgebracht, bevor ich geboren wurde, und es ist interessant, wie man sich einen Menschen durch ein Buch vorstellen kann, sogar einen Autor, sogar Romain Gary. Es ist, als würde ich ihn kennen und für mich ist diese Macht der Bücher sehr spannend, die Macht der Literatur."
Und dann ist da noch Dickers Liebe zur Natur. Mit gerade mal zehn Jahren beschloss Klein-Joël, eine Zeitschrift herauszugeben, die Gazette des Animaux - auf deutsch etwa: "Das Tierjournal":
"Ich liebe die Natur, die Tiere, ich liebe es, im Wald spazieren zu gehen, ich war oft in Kanada und Alaska, um Tiere zu beobachten. Und ich habe versucht, meine Tierliebe über diese Zeitschrift zu transportieren. Es ging auch um den Spaß, etwas zu erschaffen, nicht nur zu schreiben, Geschichten über Vögel oder was immer zu erzählen, sondern es auch zu drucken, es in einen Umschlag zu stecken und anderen Leuten zu schicken, es zu teilen."
Auch hier ging er konsequent vor: Sieben Jahre lang war er Herausgeber, Redakteur und Bürobote in einer Person und schickte das Blatt an rund 300 Abonnenten, die 20 Euro pro Jahr bezahlten - was die Kosten natürlich nicht annähernd deckte. Seine Eltern halfen, die finanzielle Schieflage zu glätten, bis ihr rastloser Sohn das Projekt beendete, um mehr Zeit für seine anderen Interessen zu haben. Das Zeichnen etwa oder die Musik. Er mag Rock und Jazz, Switchfoot, "The Script", Oswald Petersen oder Dave Brubeck, und er träumt von einer Musikerkarriere:
"Ich höre immer irgendwelche Musik, ich schreibe nur mit Kopfhörern mit Musik, um in meiner eigenen Welt zu sein. Und wenn ich Musik höre, wenn ich in einem Konzert bin, dann denke ich nur - wow, das möchte ich mit meinem Leben machen! Wir werden sehen."
Man kann von Joël Dicker noch viel erwarten. Einen weiteren Roman, eine bahnbrechende Komposition oder etwas ganz anderes. Mit dem Erfolgsdruck geht er pragmatisch um:
"Was, wenn ich nicht in der Lage bin, noch einen Roman zu schreiben? Vielleicht lähmt mich der Erfolg komplett. Wenn, dann würde ich lieber sagen: ich habe es versucht, aber jetzt wende ich mich der Musik zu. Oder dem Fußball. Ich denke, es ist besser, zu schauen, was herauskommt."