Die Mensch-Maschine im Museum
Sie gelten als Vorreiter der elektronischen Musik und kreierten in den 1970er Jahren eine zukunftsgläubige Ästhetik. Nun ist die Düsseldorfer Gruppe "Kraftwerk" im Kunst-Olymp angekommen: An acht Abenden zelebrieren sie im New Yorker Museum of Modern Art ihre acht Alben als Gesamtkunstwerk.
Es ist halb neun abends im Museum of Modern Art. Die Gänge sind leer. Das Museum ist normalerweise um diese Zeit geschlossen. Doch beim Treppenaufgang in der großen Lobby ist eine Cocktailbar eingerichtet. Im Marron Atrium, in dem normalerweise Barnett Newmans "Zerbrochener Obelisk" steht, ist eine Bühne aufgebaut. Auf der großen Wand dahinter ist in großen Buchstaben das Wort "Maschine" projiziert.
Der mehr als 20 Meter hohe, jetzt fast dunkle Raum ist voller Menschen. Mit ihren weißen 3D Brillen scheinen sie aus einer anderen Welt zu kommen. Die Beleuchtung geht an, vier Männer stehen im Gegenlicht an Konsolen mit blassem Neonschein und die bis dato erste synthetische Retrospektive des Gesamtkunstwerkes Kraftwerk beginnt.
An acht aufeinanderfolgenden Abenden zeigt das MoMA "Kraftwerk – Retrospektive 1,2,3,4,5,6,7,8" und damit das gesamte Repertoire der visionären Düsseldorfer Gruppe um die Musiker Ralf Hütter und Florian Schneider, wenn man mal von ihren drei frühen Alben absieht. Die Ausstellung beginnt an diesem Abend mit ihrem ersten großen Erfolg, dem Album "Autobahn" aus dem Jahre 1974. Doch es ist nicht einfach nur ein Konzert, das man hört, sondern es ist gleichzeitig eine Videoinstallation, eine Performance.
Die Musiker als ikonische Roboter mit streng limitierten Bewegungsabfolgen hinter ihren Neon-Synthesizern mit schwarzen Overalls und weißen Linien, der VW-Käfer und der Mercedes 200, die durch die minimalistische Landschaft einer digitalen Autobahn fahren und natürlich ihr synthetischer Gesamtsound mit immer wiederkehrenden Melodienfolgen – all dies sind die Details, die zusammen das Erlebnis Kraftwerk ausmachen.
Klaus Biesenbach, der Chefkurator des MoMA, erklärt dazu die Besonderheit des "Kraftwerkschen" Verfahrens im Kontext zeitgenössischer Kunst, ein Thema, das ihm als Kurator ein besonderes Anliegen ist:
"Zeitgenössische Kultur ist nicht wie vor 300 Jahren, wo das einzige bildgebende Verfahren Malerei oder Skulptur ist, sondern man geht mit den Mitteln und Bildern um, den visuellen medientechnischen, audiovisuellen Mitteln, die uns täglich umgeben."
Die gesamte Videoinstallation ist mit 3-D-Technologie aufgearbeitet, sodass man hinter der Brille das Gefühl hat, alles ganz frisch und neu zu sehen. Gleichzeitig ist es genau diese Brille, die letztendlich die Performance zu einem individuellen Kunstraum macht und verhindert, dass ein gemeinschaftliches Konzertgefühl entsteht. Ein interessantes Detail.
Ungebrochen erlebt man die frühe Faszination von Mobilität, des Themas Mensch und Maschine und den assoziativen Möglichkeiten elektronischer Frequenzabfolgen, was bahnbrechend die gesamte Musikindustrie beeinflussen sollte. Aber Kraftwerk ist eben sehr viel mehr:
"Kraftwerk ist extrem einflussreich, was ihre künstlerischen Videos angeht, was ihre Performances angeht, was das Generieren von kinetischen Objekten wie den Robotern angeht, natürlich, aber auch was ein konzeptionelles Vorgehen angeht und ganz wichtig extrem einflussreich in der Musik."
Faszinierend ist auch der frühe, der Pop-Art entlehnte Gebrauch alltäglicher Symbole wie das Autobahnschild oder das Zeichen für Radioaktivität, die hier zum populistischen Symbol einer neuen Welt transformiert sind. Teil jedes Abends ist eine zusätzliche Komposition aus dem Repertoire von Kraftwerk. Diesmal erklingt plötzlich die berühmte Roboterstimme mit "Radioaktivität", man hört die Morsezeichen, das Zischen der Synthesizer und die Melodie des Albums, dem eigentlich der folgende Abend gewidmet ist. Die Worte "Tschernobyl", "Harrisburg", "Sellafield" und "Hiroshima" erscheinen. Unwillkürlich ergänzt man "Fukushima" im Kopf. Und dann groovt das begeisterte Publikum mit den kultischen Lyrics "Radioactivity – is in the air for you an me".
Es ist nicht neu, dass Kraftwerk in einem Kunstzusammenhang auftritt. Neu ist das Gesamtkonzept dieser Retrospektive. Und neben dem visuellen und akustischen Vergnügen an dieser Performance beschert das MoMA den Besuchern mit farbigen Cocktails und einer Partyatmosphäre zwischen Futurismus und Retro gleichzeitig das Gefühl, an diesem Abend am coolsten Ort in New York zu sein – sicher ein Effekt, der auch den Künstlern gefallen dürfte.
Für ein Interview standen sie allerdings nicht bereit – schließlich handele es sich "um Kunst und nicht um sie", lassen sie den wartenden Journalisten durch Klaus Biesenbach bestellen. Auch damit bleiben die mittlerweile 60-jährigen Musiker ihrem Ansatz treu.
Der mehr als 20 Meter hohe, jetzt fast dunkle Raum ist voller Menschen. Mit ihren weißen 3D Brillen scheinen sie aus einer anderen Welt zu kommen. Die Beleuchtung geht an, vier Männer stehen im Gegenlicht an Konsolen mit blassem Neonschein und die bis dato erste synthetische Retrospektive des Gesamtkunstwerkes Kraftwerk beginnt.
An acht aufeinanderfolgenden Abenden zeigt das MoMA "Kraftwerk – Retrospektive 1,2,3,4,5,6,7,8" und damit das gesamte Repertoire der visionären Düsseldorfer Gruppe um die Musiker Ralf Hütter und Florian Schneider, wenn man mal von ihren drei frühen Alben absieht. Die Ausstellung beginnt an diesem Abend mit ihrem ersten großen Erfolg, dem Album "Autobahn" aus dem Jahre 1974. Doch es ist nicht einfach nur ein Konzert, das man hört, sondern es ist gleichzeitig eine Videoinstallation, eine Performance.
Die Musiker als ikonische Roboter mit streng limitierten Bewegungsabfolgen hinter ihren Neon-Synthesizern mit schwarzen Overalls und weißen Linien, der VW-Käfer und der Mercedes 200, die durch die minimalistische Landschaft einer digitalen Autobahn fahren und natürlich ihr synthetischer Gesamtsound mit immer wiederkehrenden Melodienfolgen – all dies sind die Details, die zusammen das Erlebnis Kraftwerk ausmachen.
Klaus Biesenbach, der Chefkurator des MoMA, erklärt dazu die Besonderheit des "Kraftwerkschen" Verfahrens im Kontext zeitgenössischer Kunst, ein Thema, das ihm als Kurator ein besonderes Anliegen ist:
"Zeitgenössische Kultur ist nicht wie vor 300 Jahren, wo das einzige bildgebende Verfahren Malerei oder Skulptur ist, sondern man geht mit den Mitteln und Bildern um, den visuellen medientechnischen, audiovisuellen Mitteln, die uns täglich umgeben."
Die gesamte Videoinstallation ist mit 3-D-Technologie aufgearbeitet, sodass man hinter der Brille das Gefühl hat, alles ganz frisch und neu zu sehen. Gleichzeitig ist es genau diese Brille, die letztendlich die Performance zu einem individuellen Kunstraum macht und verhindert, dass ein gemeinschaftliches Konzertgefühl entsteht. Ein interessantes Detail.
Ungebrochen erlebt man die frühe Faszination von Mobilität, des Themas Mensch und Maschine und den assoziativen Möglichkeiten elektronischer Frequenzabfolgen, was bahnbrechend die gesamte Musikindustrie beeinflussen sollte. Aber Kraftwerk ist eben sehr viel mehr:
"Kraftwerk ist extrem einflussreich, was ihre künstlerischen Videos angeht, was ihre Performances angeht, was das Generieren von kinetischen Objekten wie den Robotern angeht, natürlich, aber auch was ein konzeptionelles Vorgehen angeht und ganz wichtig extrem einflussreich in der Musik."
Faszinierend ist auch der frühe, der Pop-Art entlehnte Gebrauch alltäglicher Symbole wie das Autobahnschild oder das Zeichen für Radioaktivität, die hier zum populistischen Symbol einer neuen Welt transformiert sind. Teil jedes Abends ist eine zusätzliche Komposition aus dem Repertoire von Kraftwerk. Diesmal erklingt plötzlich die berühmte Roboterstimme mit "Radioaktivität", man hört die Morsezeichen, das Zischen der Synthesizer und die Melodie des Albums, dem eigentlich der folgende Abend gewidmet ist. Die Worte "Tschernobyl", "Harrisburg", "Sellafield" und "Hiroshima" erscheinen. Unwillkürlich ergänzt man "Fukushima" im Kopf. Und dann groovt das begeisterte Publikum mit den kultischen Lyrics "Radioactivity – is in the air for you an me".
Es ist nicht neu, dass Kraftwerk in einem Kunstzusammenhang auftritt. Neu ist das Gesamtkonzept dieser Retrospektive. Und neben dem visuellen und akustischen Vergnügen an dieser Performance beschert das MoMA den Besuchern mit farbigen Cocktails und einer Partyatmosphäre zwischen Futurismus und Retro gleichzeitig das Gefühl, an diesem Abend am coolsten Ort in New York zu sein – sicher ein Effekt, der auch den Künstlern gefallen dürfte.
Für ein Interview standen sie allerdings nicht bereit – schließlich handele es sich "um Kunst und nicht um sie", lassen sie den wartenden Journalisten durch Klaus Biesenbach bestellen. Auch damit bleiben die mittlerweile 60-jährigen Musiker ihrem Ansatz treu.