Von Indie-Idealisten zu Weltstars?
Vor drei Jahren sind die Mighty Oaks aus Berlin echte Shooting-Stars auf dem deutschen Musikmarkt gewesen. Schon ihr Debutalbum schaffte es in die Top Ten. Mit ihrem neuen Album "Dreamers" könnte es noch höher hinaus gehen.
Wenn sie diesen so typischen wie abgedroschenen Uhu-Gesang anstimmen, klingt das ein bisschen nach US-Westküste, nach den Eagles. Und vielleicht werden die Mighty Oaks ja auch bald die Heimat ihres Sängers südlich von Seattle erobern - wenn nicht die gesamte USA oder gleich die ganze Welt. Denn vieles hat sich getan bei dem internationalen Trio mit Wahlheimat Berlin, seit ich sie vor knapp vier Jahren zum ersten Mal getroffen habe in ihrem Übungsraum in einem Kreuzberger Hinterhof. Ian Hooper ist dieser Sänger:
"Wir haben uns gesehen, bevor die erste Platte überhaupt rauskam. Und damals waren wir noch gegen große Plattenfirmen und wollten halt alles Indie machen und so. Dann haben wir eine EP selbst veröffentlicht. Und dann haben wir sehr schnell gemerkt, dass wir auf gar keinen Fall alles allein machen können."
Aus dem schäbigen Kreuzberger Hinterhof ging es bald hinaus auf alle kleinen und großen Bühnen in Deutschland, in Europa. Und manche prophezeiten den Mighty Oaks schon eine ähnlich steile Karriere wie den vergleichbaren britischen Folk-Kollegen Mumford and Sons: Vom Debut- bis zum Grammy-Album des Jahres in drei Jahren.
Statt Kreuzberger Hinterhof lieber Vertrag mit Universal
Ganz so schnell ging es dann doch noch nicht. Aus den Indie-Idealen wurde schnell ein Majorvertrag. Und mit Hilfe der größten deutschen Plattenfirma kam schon das Debutalbum "Howl" vor genau drei Jahren in die Top Ten der deutschen Albencharts:
"Wir sind dann halt zu Universal gegangen, weil die uns die besten Möglichkeiten geben konnten, um unser Ding weiter zu machen. Und die kommen halt mit ihren Ideen und der kompletten Maschinerie dahinter. Und die bringen dann unsere Ideen größer raus als wir das selber machen könnten."
Kleiner wird's halt nicht beim Majorlabel. Und ob die große Umsetzung und die vielen Ideen dazu von der Plattenfirma oder eigentlich von den Musikern stammten - das verschwimmt dann irgendwann im Meer der Harmonieseligkeit dieses stadiontauglichen Breitwand-Klangbildes.
Es war eine dieser typischen Berlin-Geschichten: Die Mighty Oaks, das sind nach wie vor die drei Folkfreunde in Holzfällerhemden, die in der deutschen Hauptstadt zum Musikmachen zusammen gefunden haben. Craig Saunders, Bassist aus Englands Südwesten. Claudio Donzelli, Banjo- und Mandolinenspieler von der italienischen Adria. Und eben Sänger und Gitarrist Ian Hooper, der schon vor zehn Jahren aus dem Nordwesten der USA nach Deutschland kam.
Ganz in der Nähe seiner Heimat haben sie nun ihr neues Album "Dreamers" aufgenommen. In den Bear Creek Studios mit seinem 70er Jahre Equipment und dem jungen Produzenten Ryan Hadlock, der auch schon den Lumineers - noch so eine fast vergleichbare Folkrockband - zur Weltkarriere verholfen hat. Das also ist der Plan - oder, Claudio Donzelli?
"Jaa (lacht), noch nicht. Wir freuen uns erst mal wieder auf Tour zu sein. Im April sind wir einen ganzen Monat auf Tour durch Europa und wir spielen auch wieder in Italien, wo ich herkomme. Wir freuen uns darauf, das ganze Album live zu übersetzen."
Mighty Oaks-Sound zwischen Fernweh-Folk und Road Trip-Rock
Brav und unbedarft strahlt der italienische Saitenzupfer aus seinen dunklen Augen. Und während der Pressetext von den massiven gesellschaftlichen Umbrüchen erzählt, mit denen die drei Musiker vor der Albumproduktion in ihren Heimatländern USA, England und Italien konfrontiert gewesen seien, ist in den Texten davon nicht viel zu spüren. Wandel und Vergänglichkeit, ja vielleicht, das passt immer. Liebe und Hoffnung sowieso.
Ian Hooper fasst die Atmosphäre des Mighty Oaks-Sounds zwischen Fernweh-Folk und Road Trip Rock - nicht ganz klischeefrei - lieber so zusammen:
"Die erste Platte ist eher so Lagerfeuer am Strand oder so. Und die zweite Platte ist dann eher so weite Horizonte und man rast im Auto so auf'm Road Trip. Es ist einfach ein größeres Gefühl bei dieser Platte, das ist ein bisschen weiter."
Gewaltige Streicher bieten emotionale Überhöhung, ein zartes Klavier den entsprechenden Gegenpart. Das gab's so in dieser Breitenwirkung bei den Mighty Oaks bisher nicht. Weniger Banjo und Mandoline, mehr Piano, auch Pianissimo und Fortissimo. Aus Lagerfeuer-Folksongs werden große Pophymnen, die nun endgültig den Weg aus dem Kreuzberger Hinterhof zur weltweiten Vermarktung ebnen. Globales Bewusstsein haben die Musiker jedenfalls schon:
"Der ganzen Welt geht's nicht so gut im Moment und die Situation ist ziemlich kritisch, denke ich. Also auch die Musiker und jeder - alle Bürger - müssen ein bisschen Verantwortung (über) nehmen. Weil man kann nicht mehr die Tür zu machen und außer unser Garten alles vergessen. Wir müssen etwas machen."