Die mittelalterliche Gesetzeskeule ad ACTA legen
Jeder weiß es: Wenn im Urlaubsort am Strand eine fantastische Armbanduhr eines Markenherstellers für wirklich kleines Geld angepriesen wird - da muss was faul sein. Und auch das weiß eigentlich jeder: Wenn ein aktueller Hollywoodstreifen auf einer Downloadplattform für lau steht - na ja, da muss auch was faul sein. Produktpiraterie ist eine Straftat. Sie fügt uns allen großen Schaden zu.
Darüber muss man sich in der Wissensgesellschaft - die die Industriestaaten ja gerne sein möchten - sicher nicht streiten.
Doch bei ACTA, dem Anti Counterfeiting Trade Agreement, geht es im Kern um etwas anderes. Es geht um eine nervöse und profitgeile Medienindustrie, die auf die gewaltigen Herausforderungen des Internets keine zukunftsweisenden Antworten hat. Und deshalb will sie sowohl den Staat als auch die Internetindustrie zum Handlanger ihrer Interessen machen. Und es geht um nervöse Ordnungspolitiker, die selbst gewöhnliche Straftaten mit Mitteln bekämpfen wollen, die eigentlich nur bei den allerschlimmsten Verbrechen zum Einsatz kommen sollten.
Schon seit Jahren macht die Medienindustrie Front gegen Kopierer im Internet - nicht nur gegen Raubkopierer, die dies ohne Zweifel aus niederen, kriminellem Motiven tun. Sondern auch gegen harmlose Jugendliche, die aus Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit gegen das Urheberrecht verstoßen. Sie wurden und werden von der Platten- und Filmindustrie kriminalisiert und von ebenso geldgierigen Abmahnanwälten malträtiert. Das alles angeblich, um das Urheberrecht zu schützen. Dabei wird aber vielfach vergessen, dass es gar nicht um die Rechte der Urheber geht. Sondern um die Rechte der Verwertungsindustrie, die im Übrigen mit den Rechten der Urheber auch nicht gerade zimperlich umgeht.
Auch bei ACTA haben die Lobbyisten der Medienindustrie vermutlich die Fäden gezogen. Anfangs sollte das Abkommen sogar Netzsperren vorsehen. Wer anderen urheberrechtlich geschützte Werke im Internet zugänglich macht, zum Beispiel weil er einen Spielfilm oder eine CD auf eine Downloadplattform hoch lädt, und wer dreimal dabei auffällt, dem sollte der Zugang zum Internet versperrt werden. Schon die Sperre wäre ein schwerer Eingriff in das Grundrecht auf Information. Doch die dazu nötige Überwachung des Datenverkehrs - das wäre ein Gau für jede demokratische Gesellschaft, nämlich die totale Überwachung.
Doch leider ist das nicht vom Tisch - denn nach dem gegenwärtigen Stand sieht Acta vor, dass die Internetprovider ihre Kunden überwachen sollen, um nicht der sogenannten Störerhaftung zu unterliegen. Hier wird mit allerschärfsten Instrumenten, die etliche Grundrechte einschränken, gegen Straftaten gekämpft, die im weiten Spektrum der Kriminalität eher zu den leichten Vergehen gehören. Und darüber hinaus werden auch noch technische Dienstleister zu Handlangern der Medienindustrie gemacht, die offenbar nur auf Repression statt auf neue Geschäftsmodelle setzt. Eine prima Lösung für alle, die das Netz nicht verstehen und deshalb am liebsten alles überwachen wollen.
Das ist das eigentliche Problem an ACTA - es ist eine, in Zeiten des Internets mittelalterlich anmutende Gesetzeskeule, mit der man ein hochaktuelles Gesellschaftsproblem in den Griff bekommen will. Das verlustfreie Kopieren ist die größte Errungenschaft der digitalen Welt - Wissen, Bilder, Töne und Worte fast ohne Beschränkung duplizieren und verteilen zu können, das ist eigentlich ein Geschenk - aber es wird kriminalisiert. Jeder Urheber will, dass seine kreative Schöpfung möglichst viele andere Menschen erreicht. Und jeder, der das berufsmäßig macht, will davon auch leben können.
Erste Vorschläge, wie die Kreativen in Zeiten der digitalen Kopie angemessen entlohnt werden können, sie sind da. Sicher müssen Kulturflatrate oder Kulturwertmark noch weiter diskutiert werden - vielleicht muss auch etwas ganz anderes her.
Doch klar ist: Die Verwertungsindustrie hat in der digitalen Welt einen dramatischen Bedeutungsverlust erlitten, und dieser Niedergang ist noch nicht zu Ende. Ihre eigentliche Leistung, das Kopieren und Verteilen von Wissen und Kunst, hat das Internet übernommen. Das ist der Grund, warum sie mit all ihrer Lobbymacht überkommene Gesetze und Abkommen unterstützt. Helfen wird es ihr nicht.
Manfred Kloiber (geboren 1962), berichtet als Autor und Reporter über die Bereiche IT und Technik im Deutschlandradio Kultur und im Deutschlandfunk.
Seit 2011 ist er Chefredakteur des IT-Magazins "DIGITAL - Die Zeitschrift für die Informationsgesellschaft".
Doch bei ACTA, dem Anti Counterfeiting Trade Agreement, geht es im Kern um etwas anderes. Es geht um eine nervöse und profitgeile Medienindustrie, die auf die gewaltigen Herausforderungen des Internets keine zukunftsweisenden Antworten hat. Und deshalb will sie sowohl den Staat als auch die Internetindustrie zum Handlanger ihrer Interessen machen. Und es geht um nervöse Ordnungspolitiker, die selbst gewöhnliche Straftaten mit Mitteln bekämpfen wollen, die eigentlich nur bei den allerschlimmsten Verbrechen zum Einsatz kommen sollten.
Schon seit Jahren macht die Medienindustrie Front gegen Kopierer im Internet - nicht nur gegen Raubkopierer, die dies ohne Zweifel aus niederen, kriminellem Motiven tun. Sondern auch gegen harmlose Jugendliche, die aus Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit gegen das Urheberrecht verstoßen. Sie wurden und werden von der Platten- und Filmindustrie kriminalisiert und von ebenso geldgierigen Abmahnanwälten malträtiert. Das alles angeblich, um das Urheberrecht zu schützen. Dabei wird aber vielfach vergessen, dass es gar nicht um die Rechte der Urheber geht. Sondern um die Rechte der Verwertungsindustrie, die im Übrigen mit den Rechten der Urheber auch nicht gerade zimperlich umgeht.
Auch bei ACTA haben die Lobbyisten der Medienindustrie vermutlich die Fäden gezogen. Anfangs sollte das Abkommen sogar Netzsperren vorsehen. Wer anderen urheberrechtlich geschützte Werke im Internet zugänglich macht, zum Beispiel weil er einen Spielfilm oder eine CD auf eine Downloadplattform hoch lädt, und wer dreimal dabei auffällt, dem sollte der Zugang zum Internet versperrt werden. Schon die Sperre wäre ein schwerer Eingriff in das Grundrecht auf Information. Doch die dazu nötige Überwachung des Datenverkehrs - das wäre ein Gau für jede demokratische Gesellschaft, nämlich die totale Überwachung.
Doch leider ist das nicht vom Tisch - denn nach dem gegenwärtigen Stand sieht Acta vor, dass die Internetprovider ihre Kunden überwachen sollen, um nicht der sogenannten Störerhaftung zu unterliegen. Hier wird mit allerschärfsten Instrumenten, die etliche Grundrechte einschränken, gegen Straftaten gekämpft, die im weiten Spektrum der Kriminalität eher zu den leichten Vergehen gehören. Und darüber hinaus werden auch noch technische Dienstleister zu Handlangern der Medienindustrie gemacht, die offenbar nur auf Repression statt auf neue Geschäftsmodelle setzt. Eine prima Lösung für alle, die das Netz nicht verstehen und deshalb am liebsten alles überwachen wollen.
Das ist das eigentliche Problem an ACTA - es ist eine, in Zeiten des Internets mittelalterlich anmutende Gesetzeskeule, mit der man ein hochaktuelles Gesellschaftsproblem in den Griff bekommen will. Das verlustfreie Kopieren ist die größte Errungenschaft der digitalen Welt - Wissen, Bilder, Töne und Worte fast ohne Beschränkung duplizieren und verteilen zu können, das ist eigentlich ein Geschenk - aber es wird kriminalisiert. Jeder Urheber will, dass seine kreative Schöpfung möglichst viele andere Menschen erreicht. Und jeder, der das berufsmäßig macht, will davon auch leben können.
Erste Vorschläge, wie die Kreativen in Zeiten der digitalen Kopie angemessen entlohnt werden können, sie sind da. Sicher müssen Kulturflatrate oder Kulturwertmark noch weiter diskutiert werden - vielleicht muss auch etwas ganz anderes her.
Doch klar ist: Die Verwertungsindustrie hat in der digitalen Welt einen dramatischen Bedeutungsverlust erlitten, und dieser Niedergang ist noch nicht zu Ende. Ihre eigentliche Leistung, das Kopieren und Verteilen von Wissen und Kunst, hat das Internet übernommen. Das ist der Grund, warum sie mit all ihrer Lobbymacht überkommene Gesetze und Abkommen unterstützt. Helfen wird es ihr nicht.
Manfred Kloiber (geboren 1962), berichtet als Autor und Reporter über die Bereiche IT und Technik im Deutschlandradio Kultur und im Deutschlandfunk.
Seit 2011 ist er Chefredakteur des IT-Magazins "DIGITAL - Die Zeitschrift für die Informationsgesellschaft".