Die ostdeutsche Antwort auf "Bravo"

Von Susanne Burg · 07.11.2005
Die Jugendzeitschrift "Der Spießer" ist eine der erfolgreichsten Neugründungen der Medienlandschaft Ost. Angefangen hat das Magazin als Schülerzeitschrift in Dresden. Inzwischen ist es fast überall in Ostdeutschland gratis zu haben und mit einer Auflage von 300.000 Stück ernsthafte Konkurrenz zur "Bravo" - und das ganz ohne Stars und Dr. Sommer.
"Kennste den? - Nee. "

Er ist seriös.

"Den kennste nicht?"

Politisch.

"Natürlich kennste den. "

Weitverbreitet.

"Was du nicht sagst."

Der Spießer.

"Was ist mit dem?"

Die Jugendzeitschrift "Der Spießer" ist neben der "Super-Illu" die erfolgreichste Neugründung der Medienlandschaft Ost. Angefangen hat "Spießer" ganz klein – 1994 als Schülerzeitung. Der 17-jährige Frank Haring und dreißig andere Dresdner Schüler rufen eine Zeitung ins Leben, die ihre Lebenswelten widerspiegelt und ihre Themen anspricht: der Weg zum Führerschein, zur ersten Wohnung, zur Lehrstelle oder zur eigenen Band.

Frank und seine Freunde verteilen ihr Werk an drei Dresdner Schulen. Das läuft so gut, dass sie die Zeitung schon bald an allen Dresdner Schulen auslegen. Doch irgendwann sind die Zeitungsmacher keine Schüler mehr und springen nacheinander ab, und für den Spießer stellt sich die Frage: ganz aufhören oder größer aufziehen?

Frank Haring entscheidet: weitermachen. Er gründet die Planlos-Verlag-GmbH, sucht als Herausgeber Anzeigenkunden, Mitstreiter und größere Leserkreise. Schnell steigt die Auflage von 5.000 auf 300.000. Zum Vergleich: "Bravo", die Mutter aller Jugendzeitschriften, hat deutschlandweit eine Auflage von rund 500.000 Zeitschriften.

Und auch der Umkreis wächst ständig: Mittlerweile ist Spießer in ganz Ostdeutschland außer in Mecklenburg-Vorpommern zu finden. In Berlin und Brandenburg liegen seit diesem Sommer 100.000 Exemplare in Schulen, Kinos und Jugendfreizeiteinrichtungen aus. Und die gibt’s, wie zu Anfangszeiten, immer noch gratis. Die Leser, die 14- bis 22-Jährigen, die zwar konsumfreudig, aber häufig knapp bei Kasse sind, können also problemlos zugreifen.

Die Jungspießer schreiben über das, was sie sehen und erleben. Über ein Austauschjahr in England, über das Leben als Fan oder als "Bookcrosser", der seine gelesenen Bücher in der Stadt aussetzt. Es gibt Gespräche mit Aussteigern aus der rechten Szene und Spezial-Beilagen zum Thema Umzug, Ausbildung oder "mein erstes Geld". Dafür fehlen die Sex-Rubriken und Glamour-Spalten, die Poster zum Rausreißen und die Geschichten über lackierte Fingernägel und die Villa von Britney Spears, die man in anderen Jugendblättern so oft liest.

Der "Spießer" hat, was anderen fehlt: jede Menge Jugendliche als Leser. Und er zeigt: Es geht eben doch, eine glaubwürdige Jugendzeitschrift zu machen.