"Wir Medienleute könnten viel von ihnen lernen"
Wer regelmäßig im Netz unterwegs ist, kommt an Influencern nicht vorbei. Allen gemeinsam ist: Sie nutzen sehr geschickt die Macht der Algorithmen. Man sollte aufhören, sie zu belächeln, findet Radiomoderatorin Sophie Passmann.
Wer oder was ist eigentlich ein Influencer? Jemand, der regelmäßig bloggt und viele Follower hat? Sind es die YouTuberinnen, die in ihren Filmen Schminktipps geben? Oder ist es eher jemand, der von dritter Seite Geld in die Hand bekommt, um bestimmte Themen zu promoten – und dies dann erfolgreich tut?
Die Follower-Zahl sei nicht entscheidend, wichtig sei tatsächlich auch das Geld, das dahinter stehe, sagt die Slam-Poetin und Radiomoderatorin Sophie Passmann, die angesichts ihrer stolzen Zahl von Twitter-Followern ebenfalls gerne als Influencerin gehandelt wird – was sie aber bestreitet.
Mit Schminktipps Millionen Follower angeln
In einem Vortrag im Rahmen der re:publica warnte Passmann allerdings davor, Influencer zu belächeln:
"Okay, wir haben jetzt genug Witze über InfluencerInnen gemacht. Ja, manche von ihnen sind banal, ja, manche von ihnen machen für alles und jeden Werbung, solange nur genug Geld fließt. Aber: InfluencerInnen machen auch sehr viel richtig, und wir Medienleute könnten viel von ihnen lernen, wenn wir sie endlich ernst nehmen würden. Über Plattformstrategie, zum Beispiel. Und wie man Authentizität vorgaukelt. Und wie man aus der Filterblase ausbricht, indem man mit echten Menschen in Kontakt tritt."
Gute Influencer holen die Zielgruppe in ihrer Lebenswelt ab
"Pop the Bubble" laute deshalb die Devise. Wer sich nämlich über Schminktipps auf YouTube lustig mache, verkenne, dass diese Filme junge Menschen in ihrer realen Lebenswelt abholten – und eine Million Follower und mehr hätten. Was können andere also von solchen Influencern lernen?
Für Passmann steht fest:
"Viele Girls und Boys damals, mit einer schlechten Webcam, haben vieles besser gemacht auf YouTube, Instagram und Twitter als Leute, die dafür Geld bekommen haben, sich Strategien auszudenken."
Vor allem aber: Man könne sich anschauen, was diese Influencer "gerade falsch machen und daraus Lehren ziehen".
Die Mechanismen dahinter
Sophie Passmann sagte weiter, viel spannender als zu diskutieren, wer Influencer sei und wer nicht, sei es, sich die Mechanismen dahinter anzuschauen: Menschen, die andere im Internet beleidigten, seien nicht verrohter als die Menschen in Vor-WWW-Zeiten – es sei im Netz nur einfach bequemer, andere zu beleidigen.
"Und wenn man diese Mechanik mal hinterfragt und auch hinterfragt, wie gezielt ganz kleine Gruppen Internetmechanismen und –Algorithmen, also, die Funktionsweise von Algorithmen, missbrauchen, um so zu tun, als hätten sie eine unglaublich große Macht - eine unglaublich große Marktmacht, eine unglaublich große Meinungsmacht – das ist viel spannender, als sich über einzelne verzweifelte Kommentare von verzweifelten älteren Herren zu echauffieren."
Wichtig sei es, zu hinterfragen, wie es wenigen tausend Leuten in Deutschland gelinge, "so ein Meinungsmonopol aufzubauen – durch Fleiß und viel Hass."