Die sakrale Kunst Armeniens
Unter dem Titel "Armenia Sacra" werden Kunstwerke des Glaubens gezeigt. Der Bogen reicht vom 4. bis zum 16. Jahrhundert. Darunter findet sich manches Meisterwerk, das die Armenier selbst noch nie zu Gesicht bekamen. Frankreich feiert seit September das Kulturjahr Armenien mit zahlreichen Veranstaltungen.
Der Rundgang durch die sakrale Kunst Armeniens startet im mittelalterlichen Graben des Louvre: vor der historischen Wehranlage wurden so genannte Khatchktar in langen Reihen aufgestellt. Mehr als mannshohe Steinplatten, in die jeweils unzählige Kreuze kunstvoll eingemeißelt wurden. Die ältesten Exemplare gehen zurück auf das 10. Jahrhundert und sind beeindruckende Zeugnisse des tiefen Glaubens: weltweit sind die Khatchktar ohne Pendant. Der zweite Teil der Ausstellung, einen Stock höher angesiedelt, gliedert sechs Epochen in sechs Säle. Die chronologische Ordnung soll helfen, die überaus bewegte Geschichte Armeniens nachvollziehbar zu machen, erläutert Kurator Jannic Durand.
Die Geschichte Armeniens ist mehr als komplex. Denn im Jahr 428 geht das armenische Königreich unter. Ab da stützt sich die armenische Nation auf zwei Elemente: auf ihren tiefen christlichen Glauben einerseits. Und andererseits auf ihre Sprache und auf die ans Kyrillisch erinnernde Schrift, die erst einige Jahre vor dem Verschwinden des Königreichs eingeführt wurde. Während aller folgenden Eroberungen durch fremde Mächte, von den Persern über die Araber, die Byzantiner bis hin zu den Osmanen und den Russen, bedeuten Religion und Sprache für die armenische Nation wirklich die Anker, sie sind identitätsbildend.
In der ersten Vitrine resümiert eine Textsammlung mit zahllosen farbigen Bildern die Geschichte der armenischen Kirche: Da wird des Heiligen Gregors gedacht, der im Jahre 301 seine Landsleute zum Christentum bekehrte. Da wird auch die Legende bebildert, laut der König Tiridate in ein Wildschwein verwandelt wurde, weil er christliche Jungfrauen verfolgen ließ. Nur seinem Übertritt zum christlichen Glauben sei es zu verdanken, dass er seine menschliche Gestalt wiederfand. Tatsache ist, dass der armenische Herrscher danach das Christentum zur Staatsreligion erklärte - als erstes Land weltweit und Jahrzehnte vor Rom. Jannic Durand verweist auf eines seiner Lieblingsstücke: ein Evangelium aus dem 10. Jahrhundert, genannt: Evangelium von Etchmiadzine. Ein umfangreicher großer Handschriftenband mit Seiten füllenden Bildern. Ein außergewöhnliches Werk: Der Einband besteht aus verzierten, kunstvoll zusammengefügten Elfenbeinplatten.
Weltweit sind heute nur zwei solche Werke erhalten, die komplett in Elfenbein eingebunden sind. Dieses Exemplar hier und dann das so genannte Evangelium von Saint-Lupicin, benannt nach einem Ort im französischen Jura, das in der Nationalbibliothek in Paris aufbewahrt ist. Das Etchmiadzine-Evangelium enthält neben dem beeindruckenden Einband auch ein sehr kostbares Manuskript, das aus dem Jahre 995 stammt. Die Bilder auf den ersten Seiten zeigen linkerhand einen kleinen Tempel, eine Darstellung, die die Tempel der Antike kopiert. Auf der gegenüberliegenden Seite ist Jesus Christus abgebildet, umringt von zwei Aposteln. Das Motiv lässt an eine Neuinterpretierung der antiken Modelle denken.
Am Ende des Bandes wurden zwei Blätter angefügt, die auf beiden Seiten bemalt sind und die aus dem 6., 7. Jahrhundert stammen. Aus einem Kodex, der mittlerweile verschollen ist. Die beiden Blätter sind Zeugnisse der hohen armenischen Kunst des Wiegendrucks. Man kann sogar sagen: Sie sind Zeugnisse der vorchristlichen Malerei. Im Orient gibt es lediglich eine sehr beschränkte Zahl an Manuskripten aus der Zeit vor dem 8. Jahrhundert, die bis heute erhalten geblieben sind. Somit handelt es sich um ein dreifaches Meisterwerk. Und dazu um eines der weltweiten Meisterwerke aus der Geschichte der Malerei.
Neben Grabplatten mit filigranen Steinmetzarbeiten, neben einer über und über beschnitzten Kirchentür ist ebenso ein Prozessionsbanner zu bewundern oder auch eine Bischofsmitra. Zahlreich vertreten sind zudem Reliquienschreine aus vergoldetem Silber. Darunter findet sich der so genannte Reliquienschrein der Arche Noah. Er birgt ein Stück versteinertes Holz, an die 20 Zentimeter groß - angeblich stammt es von der Arche Noah. Die soll auf dem Berg Ararat gestrandet sein, der in der Nähe von Etchmiadzine hoch in den Himmel aufragt. Das Holzstück findet sich hinter einem doppelflügligen Türchen, auf dem die Abenteuer von Jacques von Nisi abgebildet sind:
Jacques von Nisi spielte zu Beginn der Christianisierung in Armenien und im Kaukasus eine große Rolle. Man erzählt, dass er auf den Berg Ararat kletterte, um dort nach Überresten der Arche Noah zu suchen. Er agierte also wie ein Archäologe. Aber leider war der Berg zu hoch, immerhin misst er über 5.000 Meter und Jacques von Nisi scheiterte wie manch anderer Alpinist bei seinem Gipfelsturm. Unterwegs schlief er ein und beim Aufwachen sah er wunderbarerweise einen Engel vor sich, der ihm das Holzstück gab und meinte: nun hast du, was du suchtest. Nun gib Ruhe und versuche nicht mehr, deinen Glauben abhängig zu machen von dem, was du finden und sehen kannst.
Die mittlere Frontpartie des Kunstwerks zeigt deutlich die Einflüsse der osmanischen wie auch der persischen Eroberer. Der obere Teil hingegen, auf dem eine Putte mit ausgebreiteten Flügelchen und schönen dicken Bäckchen dargestellt ist, verweist auf westliche Moden, auf díe lateinische und auch die römische Gegenreform. Dennoch ist und bleibt das Werk unbedingt ein Zeugnis armenischer Kunst, in seiner Konzeption, in der Dekoration und selbst in dem, wie die unterschiedlichen Inspirationsquellen untereinander angeordnet werden.
Die Geschichte Armeniens ist mehr als komplex. Denn im Jahr 428 geht das armenische Königreich unter. Ab da stützt sich die armenische Nation auf zwei Elemente: auf ihren tiefen christlichen Glauben einerseits. Und andererseits auf ihre Sprache und auf die ans Kyrillisch erinnernde Schrift, die erst einige Jahre vor dem Verschwinden des Königreichs eingeführt wurde. Während aller folgenden Eroberungen durch fremde Mächte, von den Persern über die Araber, die Byzantiner bis hin zu den Osmanen und den Russen, bedeuten Religion und Sprache für die armenische Nation wirklich die Anker, sie sind identitätsbildend.
In der ersten Vitrine resümiert eine Textsammlung mit zahllosen farbigen Bildern die Geschichte der armenischen Kirche: Da wird des Heiligen Gregors gedacht, der im Jahre 301 seine Landsleute zum Christentum bekehrte. Da wird auch die Legende bebildert, laut der König Tiridate in ein Wildschwein verwandelt wurde, weil er christliche Jungfrauen verfolgen ließ. Nur seinem Übertritt zum christlichen Glauben sei es zu verdanken, dass er seine menschliche Gestalt wiederfand. Tatsache ist, dass der armenische Herrscher danach das Christentum zur Staatsreligion erklärte - als erstes Land weltweit und Jahrzehnte vor Rom. Jannic Durand verweist auf eines seiner Lieblingsstücke: ein Evangelium aus dem 10. Jahrhundert, genannt: Evangelium von Etchmiadzine. Ein umfangreicher großer Handschriftenband mit Seiten füllenden Bildern. Ein außergewöhnliches Werk: Der Einband besteht aus verzierten, kunstvoll zusammengefügten Elfenbeinplatten.
Weltweit sind heute nur zwei solche Werke erhalten, die komplett in Elfenbein eingebunden sind. Dieses Exemplar hier und dann das so genannte Evangelium von Saint-Lupicin, benannt nach einem Ort im französischen Jura, das in der Nationalbibliothek in Paris aufbewahrt ist. Das Etchmiadzine-Evangelium enthält neben dem beeindruckenden Einband auch ein sehr kostbares Manuskript, das aus dem Jahre 995 stammt. Die Bilder auf den ersten Seiten zeigen linkerhand einen kleinen Tempel, eine Darstellung, die die Tempel der Antike kopiert. Auf der gegenüberliegenden Seite ist Jesus Christus abgebildet, umringt von zwei Aposteln. Das Motiv lässt an eine Neuinterpretierung der antiken Modelle denken.
Am Ende des Bandes wurden zwei Blätter angefügt, die auf beiden Seiten bemalt sind und die aus dem 6., 7. Jahrhundert stammen. Aus einem Kodex, der mittlerweile verschollen ist. Die beiden Blätter sind Zeugnisse der hohen armenischen Kunst des Wiegendrucks. Man kann sogar sagen: Sie sind Zeugnisse der vorchristlichen Malerei. Im Orient gibt es lediglich eine sehr beschränkte Zahl an Manuskripten aus der Zeit vor dem 8. Jahrhundert, die bis heute erhalten geblieben sind. Somit handelt es sich um ein dreifaches Meisterwerk. Und dazu um eines der weltweiten Meisterwerke aus der Geschichte der Malerei.
Neben Grabplatten mit filigranen Steinmetzarbeiten, neben einer über und über beschnitzten Kirchentür ist ebenso ein Prozessionsbanner zu bewundern oder auch eine Bischofsmitra. Zahlreich vertreten sind zudem Reliquienschreine aus vergoldetem Silber. Darunter findet sich der so genannte Reliquienschrein der Arche Noah. Er birgt ein Stück versteinertes Holz, an die 20 Zentimeter groß - angeblich stammt es von der Arche Noah. Die soll auf dem Berg Ararat gestrandet sein, der in der Nähe von Etchmiadzine hoch in den Himmel aufragt. Das Holzstück findet sich hinter einem doppelflügligen Türchen, auf dem die Abenteuer von Jacques von Nisi abgebildet sind:
Jacques von Nisi spielte zu Beginn der Christianisierung in Armenien und im Kaukasus eine große Rolle. Man erzählt, dass er auf den Berg Ararat kletterte, um dort nach Überresten der Arche Noah zu suchen. Er agierte also wie ein Archäologe. Aber leider war der Berg zu hoch, immerhin misst er über 5.000 Meter und Jacques von Nisi scheiterte wie manch anderer Alpinist bei seinem Gipfelsturm. Unterwegs schlief er ein und beim Aufwachen sah er wunderbarerweise einen Engel vor sich, der ihm das Holzstück gab und meinte: nun hast du, was du suchtest. Nun gib Ruhe und versuche nicht mehr, deinen Glauben abhängig zu machen von dem, was du finden und sehen kannst.
Die mittlere Frontpartie des Kunstwerks zeigt deutlich die Einflüsse der osmanischen wie auch der persischen Eroberer. Der obere Teil hingegen, auf dem eine Putte mit ausgebreiteten Flügelchen und schönen dicken Bäckchen dargestellt ist, verweist auf westliche Moden, auf díe lateinische und auch die römische Gegenreform. Dennoch ist und bleibt das Werk unbedingt ein Zeugnis armenischer Kunst, in seiner Konzeption, in der Dekoration und selbst in dem, wie die unterschiedlichen Inspirationsquellen untereinander angeordnet werden.