Die sanfte Stimme der Bürgerrechtsbewegung

Von Ulrike Rückert |
Audio herunterladen
Berühmt wurde sie als "Frau, die nicht aufstand": Als Rosa Parks sich 1955 weigerte, ihren Platz in einem Linienbus für einen Weißen zu verlassen, wurde sie zur Galionsfigur der Bürgerrechtsbewegung. Für ihr jahrzehntelanges Engagement wurde sie mit den höchsten zivilen Auszeichnungen der Vereinigten Staaten geehrt.
"Der Fahrer bemerkte, dass der vordere Teil des Busses voll war mit weißen Passagieren und dass zwei oder drei Männer stehen müssten. Wir sollten unsere Sitze freigeben. Die anderen Passagiere standen zögernd auf. Aber ich weigerte mich. Der Fahrer sagte, wenn ich nicht aufstehen wollte, müsste er die Polizei rufen. Und ich sagte: 'Dann rufen Sie die Polizei.'"

Die afroamerikanische Näherin Rosa Parks weigerte sich nicht als Erste. In diesem Jahr hatten es in Montgomery, Alabama, schon vier andere Frauen getan und waren wie sie verhaftet worden. Aber Rosa Parks' Widerstand im Dezember 1955 verwandelte den Kampf um die Bürgerrechte in eine Massenbewegung, die Amerika veränderte. Und Rosa Parks gab ihr ein Gesicht.

Geboren wurde sie am 4. Februar 1913 in Alabama. Sie wuchs in einer Welt auf, die strikt in Schwarz und Weiß geteilt war. In der Schwarze nicht aus demselben Wasserhahn trinken durften wie Weiße. In der die gleiche Unterwürfigkeit von ihnen verlangt wurde wie zu Zeiten der Sklaverei.

"Seit meiner Kindheit versuchte ich, mich gegen respektlose Behandlung zu verwahren."

1943 begann sie, sich in der Bürgerrechtsorganisation "National Association for the Advancement of Colored People” zu engagieren. Die Strategie der NAACP war, diskriminierende Gesetze vor Gericht zu bekämpfen. Mit Erfolg: 1954 entschied der Oberste Gerichtshof, die Rassentrennung an Schulen sei verfassungswidrig.
In Montgomery nahm die NAACP die städtischen Busse in den Fokus, deren Fahrer bewaffnet waren und Afroamerikaner willkürlich schikanierten. Die Gruppe wartete auf einen geeigneten Fall für einen Musterprozess.

"Ich dachte nicht, dass ich diese Person sein würde."

Im Sommer 1955 fuhr Rosa Parks zu einer Aktivistenschulung und erlebte, wie sich schwarze und weiße Teilnehmer ganz selbstverständlich mischten. Kurz danach schockierte sie der Lynchmord an einem Vierzehnjährigen in Mississippi. Vier Monate später verlangte ein herrischer Busfahrer von ihr, von ihrem Platz aufzustehen.

"Ich hatte wohl den Punkt erreicht, an dem ich es nicht länger ertragen konnte. Ich wollte ein für alle Mal wissen, welche Rechte ich als Mensch und Bürgerin hatte, selbst in Montgomery, Alabama."

Für die NAACP war Rosa Parks – respektabel, bescheiden und tief religiös – die ideale Person für ihre Kampagne.

"Die Weißen konnten nicht auf mich zeigen und sagen, dass ich irgendetwas getan hätte, wofür ich solche Behandlung verdiente, außer schwarz geboren zu sein."

Vier Tage später wurde sie zu einer Geldstrafe verurteilt und ging in Berufung. Die Busse waren an diesem Tag recht leer: Die Afroamerikaner folgten einem Boykottaufruf. Am Abend beschloss eine Massenversammlung, den Boykott fortzusetzen, bis ihre Forderungen erfüllt seien.

Er dauerte ein ganzes Jahr, trotz Schikanen, Drohungen und Bombenanschlägen von weißen Amerikanern. Vor allem zwei Personen hielten die Moral aufrecht - Rosa Parks und ein zuvor ganz unbekannter Baptistenprediger: Martin Luther King.

Zunächst forderten die Bürgerrechtler nur respektvolle Behandlung der afroamerikanischen Fahrgäste - vergeblich. Dann klagten sie vor einem Bundesgericht auf Beseitigung der Segregation in den Bussen. In diesem Prozess trat Rosa Parks nicht auf, aber sie war die Symbolfigur des Boykotts. Von New York bis San Francisco hielt sie Reden und sammelte Geld. Die Weltpresse schrieb über sie, Grußbotschaften kamen von allen Kontinenten. Schließlich erklärte der Oberste Gerichtshof die Rassentrennung in den Bussen für verfassungswidrig.

Rosa Parks zog nach Detroit, zermürbt von Morddrohungen. Für die Öffentlichkeit war sie immer "die Frau, die nicht aufgestanden war" – eine Ikone, keine Gestalterin der neuen Bewegung. Der Grund war nicht allein ihre stille Art.

"Frauen erlaubte man nicht, eine große Rolle zu spielen. Heute würden es sich Frauen nicht gefallen lassen, so in den Hintergrund gedrängt zu werden."

Rosa Parks starb im Oktober 2005, 92 Jahre alt und mit den höchsten zivilen Auszeichnungen geehrt. Sie hatte erlebt, dass Afroamerikaner Bürgermeister großer Städte, Senatoren, Gouverneure und Minister wurden. Den ersten schwarzen Präsidenten sah sie nicht mehr.