Die Schnitzlers: Eine Familiengeschichte
Residenz Verlag, St. Pölten 2. Oktober 2014
304 Seiten, 24,90 Euro, auch als ebook
Die bewegende Geschichte einer jüdischen Familie
Die Grabsteine der Familie Schnitzler erinnern an ein liberales, jüdisches Bürgertum, das sich zunächst anpasste, am Ersten Weltkrieg teilnahm, doch dann von den Nazis verfolgt und ermordet wurde. Jutta Jacobi hat ihre Geschichte aufgeschrieben.
Es sei der Humor, der den Schnitzlers über Generationen gemeinsam war. Und so sehe es auch die Urenkelin Giuliana, berichtet Jutta Jacobi. Mit ihr besuchte sie den Wiener Zentralfriedhof, wo die Toten der Familie begraben sind – neben weitläufigen Verwandten, Freunden und Bekannten.
Auf dem Weg zwischen den Grabsteinen hindurch beginnt und endet die Recherche der Hamburger Germanistin. Namen und Inschriften erinnern an ein liberales, jüdisches Bürgertum, das sich assimilierte, am Ersten Weltkrieg teilnahm, durch neu entfachten Judenhass bedrängt und enttäuscht wurde, bis es schließlich emigrierte oder aber von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet wurde.
Den Schnitzlers habe es eben nicht geholfen, so Jutta Jacobi, dass sie säkular dachten und lebten, sich nicht ausschließlich jüdisch empfanden, sich taufen ließen oder gar der Religion völlig fernstanden.
Weshalb die Urenkelin ein klares Bekenntnis zu Herkunft und Schicksal vermisst und sich anders als die Familie festlegt, sich engagiert für die Reformgemeinde "Or Chadasch", die allerdings zu modern ist, um von der Israelitischen Kultusgemeinde als wirklich jüdisch akzeptiert zu werden
Der urgroßväterliche Ruhm als Last
Johann, der Vater von Arthur Schnitzler, kam 1858 aus Ungarn zum Studium nach Wien. Damals war es erst zehn Jahr her, dass Juden am Stadttor für einen Passierschein eine teure Toleranztaxe zahlen mussten. Als Medizinprofessor gründete er später die Allgemeine Poliklinik der Donaumetropole.
Sein Sohn Arthur wurde ebenfalls Arzt, musste sich aber erst vom Einfluss des Vaters lösen, ehe er sich als Schriftsteller und kritischer Beobachter der österreich-ungarischen Gesellschaft einen Namen machen konnte.
Giuliana hat den urgroßväterlichen Ruhm noch als Last zu spüren bekommen. Prägend aber war für sie Heinrich aus der nächsten Generation, den sie selbst noch erlebte: einen Schauspieler und Regisseur, der 1938 mit der Familie nach den USA ins Exil ging. Und schließlich ihr Vater, der Filmregisseur Peter Schnitzler, und dessen Bruder, der Geiger Michael Schnitzler, die beide der Autorin halfen diese Familiengeschichte zu erzählen.
Anfang der 90er-Jahre folgte Giuliana den zurückgekehrten Großeltern und Eltern, zog von New York nach Wien um, wo sich die amerikanisch gewordenen Schnitzlers der tragischen Seite ihrer europäischen Vergangenheit stellten.