"Die schöne Magelone" beim Kunstfest Weimar

Magelone, Tochter eines neapolitanischen Königs, vereint Klugheit und Schönheit in ihrer Person, wohlerzogen ist sie und von vornehmer Zurückhaltung. Peter aus der Provence, ritterlich in Neapel und höchst erfolgreich, gewinnt der Schönen Liebe. Der Vater aber hat in Sachen Familienplanung anderes vor, die beiden fliehen und werden getrennt. Peter besteht Abenteuer, Magelone lebt inkognito. Was sie trennte, führt sie auch wieder zusammen - am Ende ein Traumpaar in perfekter Wunschwelt.
Ludwig Tiecks Roman "Die wundersame Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter aus der Provence" ist nicht frei von Verklärung des Mittelalters, von Mystifizierung der christlichen Religion. Die Grundidee dieser Dichtung: Der Wert des Menschen wächst mit seinem Adelsrang.

Das ist eine Intention der frühmittelalterlichen Moralauffassung. Peter bewährt sich durch seine ritterlichen Tugenden, durch standesgemäße Haltung, weniger durch sein soziales Engagement. Magelones Haltung war im Ursprung eine andere: Im Volksbuch noch eröffnet sie - allein dem Schicksal preisgegeben - ein Spital und pflegt die Kranken. Gerade diese Episode streicht aber Tieck. Magelone wandelt bei ihm dann, ganz im Sinne der Schäferpoesie des 18. Jahrhunderts, in einem friedlichen Milieu zwischen blühenden Wiesen und lustigen Lämmern.

Die ursprüngliche Story hat er also erheblich entschärft, Magelone dabei fast ent-emanzipiert. Brahms - schon immer ein Märchenfan - wird durch Freunde auf die Dichtung aufmerksam, er liest und komponiert dann gleich die 15 Romanzen aus Tiecks Magelone. In seiner Musik dominiert eigentlich heitere Stimmung, aber auch Anklänge von Verzweiflung und Trost schlagen durch. Brahms reflektiert hier die eigene Lebenssituation, der Tod Schumanns und der Tod der Mutter werden hörbar, die Liebe zu Clara Schumann und Agathe von Siebold werden laut.
Brahms "Magelone" in einer außergewöhnlichen Besetzung im Rahmen des Kunstfestes Weimar.


"pèlerinages"
Kunstfest Weimar 2005
Musikgymnasium Schloss Belvedere
Aufzeichnung vom 9.9.
Johannes Brahms
"Die schöne Magelone" op. 33
15 Romanzen für eine Singstimme und Klavier
mit Zwischentexten aus Ludwig Tiecks Roman
"Die wundersame Liebesgeschichte der schönen Magelone
und des Grafen Peter aus der Provence"

Thomas Quasthoff, Bariton
András Schiff, Klavier
Bruno Ganz, Sprecher

im Anschluss ca. 21:50 Uhr Nachrichten