Die Schönheit der Ruinen
Kunstfotograf Marc Mielzarjewicz aus Halle ist fasziniert von Kaputtem. Er fotografiert leer stehende Ruinen, alte Brauereien, fast niedergebrannte Mühlen. "Lost Places" heißen seine Bildbände – soeben ist der Vierte erschienen.
"Über uns hängt hier direkt noch so ein Tank, der nur darauf wartet herunter zu fallen, und ich schätze mal, das geht hier 30, 40 Meter einfach so in die Höhe."
Sensationell findet Marc Mielzarjewicz den riesigen verrosteten Tankkessel da oben – zu recht. Scheinbar schwerelos, real aber einiger Maßen bedrohlich, schwebt das tonnenschwere Teil gut 30 Meter über unseren Köpfen.
Nun kann er aber wirklich nicht mehr anders. Schon fast zehn Minuten sind wir hier auf dem Gelände der alten Hildebrandschen Mühle direkt an der Saale, und Marc Mielzarjewicz hat noch kein einziges Bild geschossen. Vorsichtig steigt der 40-jährige Hallenser mit schwerem Schuhwerk, Outdoorhose und Baseball-Kappe über einen Schuttberg aus alten Steinen und Eisenteilen – und sucht nach passenden Einstellungen für die ersten Fotos.
"Ich hab schon den Anspruch, professionelle Fotos zu machen. Da spielt Licht eine ganz entscheidende Rolle. Zumal die Bilder ja auch alle in Schwarz-Weiß gezeichnet sind. Das funktioniert ganz gut, indem ich einen Mix anbiete aus Totalen bis hin zu Detailaufnahmen, wo halt in der Kantine noch Tassen rumstehen oder alte Zeitungen rumliegen."
Seit 20 Jahren fotografiert Marc Mielzarjewicz alte, leer stehende Gebäude – sogenannte Lost Places, in Halle, Leipzig, Magdeburg – vor allem im Osten der Republik. Nach der Wende entstanden hier zahllose verlorene Orte, die über die Jahre ihres langsamen Verfalls einen ganz eigenen Charme entwickeln. Urban Exploration heißt es in der Fachwelt der Fotografen, diese Schönheit des Maroden festzuhalten.
"Einfach zu gucken, wie sich die Natur solche Gebäude zurückerobert. Am Anfang war das hier alles noch quasi gehegt und gepflegt, als hätten die Arbeiter hier den Hammer fallen lassen und wären gegangen. Und jetzt sind die Bäume, die hier gewachsen sind, 20 Jahre alt und entsprechend hoch, alles zugewachsen und verwildert."
Über 70 Objekte hat der Hobbyfotograf schon auf Bildern verewigt: alte Druckereien und verfallene Theater, sogar ein ehemaliges Motorenwerk der Sowjetarmee. Anfang des Jahres ist sein vierter Bildband mit dem Titel: "Lost Places Magdeburg - Spuren der Zeit" erschienen, in dem der Hallenser 17 vom Verfall gezeichnete Industrieanlagen vorstellt.
Wenn Marc Mielzarjewicz nach Stunden von einer Tour nach Hause zurückkehrt, legt er zuerst Musik seiner Lieblingsband "VNV Nation" ein, dann werden die Fotos kopiert.
"Es ist immer so, dass ich ein bisschen bibbere, solange die Bilder nur auf der Karte in der Kamera sind und das ist so die erste Amtshandlung, dass ich die Karte in den Rechner stecke und die Bilder sichere und dann bin ich beruhigt."
Auf seinem Computer und einigen Festplatten liegen mittlerweile um die 60.000 Fotos, präzise verschlagwortet und nach Bundesländern, Städten und Objekten geordnet. Nur ein Teil davon ist bislang veröffentlicht. Fotos weggeworfen oder gelöscht hat er noch nie.
"Ich lösche keine Bilder, das sind ja wie Negative. Und Negative hab ich auch nie weggeschmissen, früher, die liegen irgendwo."
Anfang der 1980er Jahre begann Marc Mielzarjewicz mit dem Fotografieren. Sein Vater schenkte ihm eine alte Balgenkamera, da war er gerade neun. Fünf Jahre später, zur Jugendweihe, gab es von den Eltern dann die erste Spiegelreflex-Kamera. 1987 war das, auch damals lebte er bereits in Halle, die ersten Filme entwickelte er im Kinderzimmer.
"Da hab ich ausschließlich schwarz-weiß fotografiert, weil ich ein eigenes Fotolabor hatte, aber nicht genügend Geld als Jugendlicher, um mir ein Farbvergrößerungsgerät zu kaufen. Sondern ich hab mir aus damals Leningrad ein Vergrößerungsgerät mitgebracht, weil das da relativ günstig war, weiß nicht, 100 Rubel oder so. Und zu Hause in meinem Zimmer hab ich das dann umfunktioniert zur Dunkelkammer und hab dort meine Bilder entwickelt. Und vielleicht hat mich das geprägt, jedenfalls finde ich Schwarz-Weiß-Fotos viel ästhetischer."
Der Schwarz-Weiß-Fotografie ist Marc Mielzarjewicz bis heute treu geblieben, keiner seiner vier Bildbände ist in Farbe. Die Bücher verkaufen sich gut, die ersten Drei sind bereits in der 2. Auflage. Trotzdem wollte er sein erfolgreiches Hobby nie zum Beruf machen, arbeitet lieber als Key Account Manager in einer Hallenser IT-Firma.
"Mit einem richtigen Job und einem festen Einkommen im Hintergrund kann ich viel entspannter und ohne Leistungsdruck an die Sache rangehen und ich glaube das spiegelt sich auch in den Ergebnissen."
Die präsentiert Marc Mielzarjewicz auch auf seiner Homepage "marodes.de", inklusive kurzer Beschreibungen, interessanter Links und natürlich jeder Menge Fotos. Seine Familie, Frau und Sohn, unterstützen ihn. Was auch bedeutet: Weniger Zeit mit ihm am Wochenende, wenn er auf Tour geht. Und ein Grundvertrauen, dass er dann auf sich aufpasst.
"Klar ist meine Familie immer so ein bisschen in Sorge wenn ich unterwegs bin, weil sie ja auch die Endergebnisse kennen. Wenn ich halt so ein Bild zeige, wo es drei, vier Stockwerke in die Tiefe geht, dann löst das schon entsprechende Reaktionen aus. Klar passe ich auf und es gibt Grenzen. Wenn etwas so vom Einsturz bedroht ist, dass man da nicht drauf laufen kann, dann mache ich das auch nicht."
Weiterführende Informationen:
Website von Marc Mielzarjewicz
Sensationell findet Marc Mielzarjewicz den riesigen verrosteten Tankkessel da oben – zu recht. Scheinbar schwerelos, real aber einiger Maßen bedrohlich, schwebt das tonnenschwere Teil gut 30 Meter über unseren Köpfen.
Nun kann er aber wirklich nicht mehr anders. Schon fast zehn Minuten sind wir hier auf dem Gelände der alten Hildebrandschen Mühle direkt an der Saale, und Marc Mielzarjewicz hat noch kein einziges Bild geschossen. Vorsichtig steigt der 40-jährige Hallenser mit schwerem Schuhwerk, Outdoorhose und Baseball-Kappe über einen Schuttberg aus alten Steinen und Eisenteilen – und sucht nach passenden Einstellungen für die ersten Fotos.
"Ich hab schon den Anspruch, professionelle Fotos zu machen. Da spielt Licht eine ganz entscheidende Rolle. Zumal die Bilder ja auch alle in Schwarz-Weiß gezeichnet sind. Das funktioniert ganz gut, indem ich einen Mix anbiete aus Totalen bis hin zu Detailaufnahmen, wo halt in der Kantine noch Tassen rumstehen oder alte Zeitungen rumliegen."
Seit 20 Jahren fotografiert Marc Mielzarjewicz alte, leer stehende Gebäude – sogenannte Lost Places, in Halle, Leipzig, Magdeburg – vor allem im Osten der Republik. Nach der Wende entstanden hier zahllose verlorene Orte, die über die Jahre ihres langsamen Verfalls einen ganz eigenen Charme entwickeln. Urban Exploration heißt es in der Fachwelt der Fotografen, diese Schönheit des Maroden festzuhalten.
"Einfach zu gucken, wie sich die Natur solche Gebäude zurückerobert. Am Anfang war das hier alles noch quasi gehegt und gepflegt, als hätten die Arbeiter hier den Hammer fallen lassen und wären gegangen. Und jetzt sind die Bäume, die hier gewachsen sind, 20 Jahre alt und entsprechend hoch, alles zugewachsen und verwildert."
Über 70 Objekte hat der Hobbyfotograf schon auf Bildern verewigt: alte Druckereien und verfallene Theater, sogar ein ehemaliges Motorenwerk der Sowjetarmee. Anfang des Jahres ist sein vierter Bildband mit dem Titel: "Lost Places Magdeburg - Spuren der Zeit" erschienen, in dem der Hallenser 17 vom Verfall gezeichnete Industrieanlagen vorstellt.
Wenn Marc Mielzarjewicz nach Stunden von einer Tour nach Hause zurückkehrt, legt er zuerst Musik seiner Lieblingsband "VNV Nation" ein, dann werden die Fotos kopiert.
"Es ist immer so, dass ich ein bisschen bibbere, solange die Bilder nur auf der Karte in der Kamera sind und das ist so die erste Amtshandlung, dass ich die Karte in den Rechner stecke und die Bilder sichere und dann bin ich beruhigt."
Auf seinem Computer und einigen Festplatten liegen mittlerweile um die 60.000 Fotos, präzise verschlagwortet und nach Bundesländern, Städten und Objekten geordnet. Nur ein Teil davon ist bislang veröffentlicht. Fotos weggeworfen oder gelöscht hat er noch nie.
"Ich lösche keine Bilder, das sind ja wie Negative. Und Negative hab ich auch nie weggeschmissen, früher, die liegen irgendwo."
Anfang der 1980er Jahre begann Marc Mielzarjewicz mit dem Fotografieren. Sein Vater schenkte ihm eine alte Balgenkamera, da war er gerade neun. Fünf Jahre später, zur Jugendweihe, gab es von den Eltern dann die erste Spiegelreflex-Kamera. 1987 war das, auch damals lebte er bereits in Halle, die ersten Filme entwickelte er im Kinderzimmer.
"Da hab ich ausschließlich schwarz-weiß fotografiert, weil ich ein eigenes Fotolabor hatte, aber nicht genügend Geld als Jugendlicher, um mir ein Farbvergrößerungsgerät zu kaufen. Sondern ich hab mir aus damals Leningrad ein Vergrößerungsgerät mitgebracht, weil das da relativ günstig war, weiß nicht, 100 Rubel oder so. Und zu Hause in meinem Zimmer hab ich das dann umfunktioniert zur Dunkelkammer und hab dort meine Bilder entwickelt. Und vielleicht hat mich das geprägt, jedenfalls finde ich Schwarz-Weiß-Fotos viel ästhetischer."
Der Schwarz-Weiß-Fotografie ist Marc Mielzarjewicz bis heute treu geblieben, keiner seiner vier Bildbände ist in Farbe. Die Bücher verkaufen sich gut, die ersten Drei sind bereits in der 2. Auflage. Trotzdem wollte er sein erfolgreiches Hobby nie zum Beruf machen, arbeitet lieber als Key Account Manager in einer Hallenser IT-Firma.
"Mit einem richtigen Job und einem festen Einkommen im Hintergrund kann ich viel entspannter und ohne Leistungsdruck an die Sache rangehen und ich glaube das spiegelt sich auch in den Ergebnissen."
Die präsentiert Marc Mielzarjewicz auch auf seiner Homepage "marodes.de", inklusive kurzer Beschreibungen, interessanter Links und natürlich jeder Menge Fotos. Seine Familie, Frau und Sohn, unterstützen ihn. Was auch bedeutet: Weniger Zeit mit ihm am Wochenende, wenn er auf Tour geht. Und ein Grundvertrauen, dass er dann auf sich aufpasst.
"Klar ist meine Familie immer so ein bisschen in Sorge wenn ich unterwegs bin, weil sie ja auch die Endergebnisse kennen. Wenn ich halt so ein Bild zeige, wo es drei, vier Stockwerke in die Tiefe geht, dann löst das schon entsprechende Reaktionen aus. Klar passe ich auf und es gibt Grenzen. Wenn etwas so vom Einsturz bedroht ist, dass man da nicht drauf laufen kann, dann mache ich das auch nicht."
Weiterführende Informationen:
Website von Marc Mielzarjewicz