Die Schönheit des Lebens
In ihrem Buch "Von der Schönheit" erzählt die britische Schriftstellerin aus Perspektive der verschiedenen Familienmitglieder das Leben des Kunstgeschichtsprofessors Howard. Jede Figur hat ihren eigenen Charakter und ihre unverwechselbare Sicht auf die Welt. Die Figuren und ihre permanenten Alltagskämpfe tragen durchaus lächerliche und komische Züge, die freilich niemals beißend-satirisch, sondern liebevoll-ironisch vorgeführt werden.
Warum der neue Roman der Britin Zadie Smith "Von der Schönheit" heißt, ist zunächst nicht unmittelbar einsichtig. Freilich tritt während der durchaus vergnüglichen Lektüre des über 500 Seiten dicken Romans über den Kunstgeschichtsprofessor Howard Belsey und seine Familie immer deutlicher zutage, dass die zwei Jahre im Leben dieser Familie um das geheime Zentrum Schönheit kreisen. Schönheit meint dabei nicht nur körperliche oder Kunst-Schönheit, mit der sich alle irgendwie und irgendwann auseinandersetzen, sondern kann auch im übertragenen Sinne verstanden werden, als die Schönheit des Lebens/der Lebensgestaltung und der mitmenschlichen Beziehungen.
Der liberale und wissenschaftlich einigermaßen progressive Rembrandt-Spezialist Howard Belsey, ein weißer Engländer, arbeitet an einer US-amerikanischen Universität und kann seit vielen Jahren sein "großes" Buch nicht beenden. Howard Belsey hat einen Feind: den konservativen Kunsthistoriker Monty Kipps, der, ebenfalls Rembrandt-Spezialist, weit mehr Erfolg und Charisma hat als er selbst.
Zu seinem Entsetzen findet sein ältester Sohn, der 20-jährige Jerome, nicht nur die ganze Familie Kipps großartig, sondern er verliebt sich in deren bildschöne Tochter Veronica. Und entdeckt das Christentum. Howards jüngster Sohn steckt mitten in der Pubertät, findet nur Rap schön und geht seine eigenen mysteriösen Wege. Seine Tochter Zora macht höchst erfolgreich Studentenpolitik und setzt sich ansonsten mit ihrer unerwiderten Verliebtheit in einen schönen jungen Straßendichter auseinander und mit ihrer eigenen mangelnden Schönheit.
Seine schwarze Frau Kiki, vollkommen übergewichtig und für ihn die schönste und erotischste aller Frauen, entdeckt, dass, der übrigens physisch unattraktive, Howard nach 30 Jahren treuer Ehe eine Affäre mit einer magersüchtigen gemeinsamen Bekannten hatte und geht radikal auf Distanz. Als dann noch Monty Kipps an seine Universität berufen wird, Kiki sich mit dessen Frau anfreundet und Montys vermeintlich so behütete Tochter Veronica sich als Nymphomanin entpuppt, die unter anderem auch ihn verführt und damit in eine höchst gefährliche Lage bringt, gerät Howards Leben richtig aus den Fugen.
Das alles könnte tragisch, düster oder satirisch sein. Tatsächlich liest es sich leicht und amüsant. Jede Perspektive kommt zu ihrem Recht, jede Figur hat ihren eigenen Charakter, ihre unverwechselbare Sicht auf die Welt und ihre ganz persönliche Redeweise. Generationenunterschiede, Geschlechtsunterschiede, Unterschiede der Hautfarbe und der sozialen Zugehörigkeit, das alles wird thematisiert, aber ganz ohne erhobenen Zeigefinger. Die Figuren und ihre permanenten Alltagskämpfe tragen durchaus lächerliche und komische Züge, die freilich niemals beißend-satirisch, sondern liebevoll-ironisch vorgeführt werden.
Es ist eine Zeit des Umbruchs für alle Belseys, an deren Ende alles anders ist. Die Jungen finden ihre eigenen Wege, auch Kiki bricht zu neuen Horizonten auf, und Howard bleibt allein zurück. Aber: Nach Jahren der kritischen, konstruktivistischen, rein intellektuellen Beschäftigung mit Rembrandt nimmt er erstmals die Schönheit von dessen Werk wahr. Er hat sein Vortragsmanuskript vergessen und lässt einfach die Dias der Gemälde durchlaufen, ohne ein Wort dazu zu sagen. Und die Bilder, endlich von allem intellektuell-verbalen Ballast befreit, sprechen für sich. So kann das Ende als endgültiges Scheitern gedeutet werden oder im Gegenteil als der Beginn des Neuen: der Entdeckung der Schönheit.
Zadie Smith: Von der Schönheit
Aus dem Englischen von Marcus Ingendaay
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006
518 Seiten, 22,90 Euro
Der liberale und wissenschaftlich einigermaßen progressive Rembrandt-Spezialist Howard Belsey, ein weißer Engländer, arbeitet an einer US-amerikanischen Universität und kann seit vielen Jahren sein "großes" Buch nicht beenden. Howard Belsey hat einen Feind: den konservativen Kunsthistoriker Monty Kipps, der, ebenfalls Rembrandt-Spezialist, weit mehr Erfolg und Charisma hat als er selbst.
Zu seinem Entsetzen findet sein ältester Sohn, der 20-jährige Jerome, nicht nur die ganze Familie Kipps großartig, sondern er verliebt sich in deren bildschöne Tochter Veronica. Und entdeckt das Christentum. Howards jüngster Sohn steckt mitten in der Pubertät, findet nur Rap schön und geht seine eigenen mysteriösen Wege. Seine Tochter Zora macht höchst erfolgreich Studentenpolitik und setzt sich ansonsten mit ihrer unerwiderten Verliebtheit in einen schönen jungen Straßendichter auseinander und mit ihrer eigenen mangelnden Schönheit.
Seine schwarze Frau Kiki, vollkommen übergewichtig und für ihn die schönste und erotischste aller Frauen, entdeckt, dass, der übrigens physisch unattraktive, Howard nach 30 Jahren treuer Ehe eine Affäre mit einer magersüchtigen gemeinsamen Bekannten hatte und geht radikal auf Distanz. Als dann noch Monty Kipps an seine Universität berufen wird, Kiki sich mit dessen Frau anfreundet und Montys vermeintlich so behütete Tochter Veronica sich als Nymphomanin entpuppt, die unter anderem auch ihn verführt und damit in eine höchst gefährliche Lage bringt, gerät Howards Leben richtig aus den Fugen.
Das alles könnte tragisch, düster oder satirisch sein. Tatsächlich liest es sich leicht und amüsant. Jede Perspektive kommt zu ihrem Recht, jede Figur hat ihren eigenen Charakter, ihre unverwechselbare Sicht auf die Welt und ihre ganz persönliche Redeweise. Generationenunterschiede, Geschlechtsunterschiede, Unterschiede der Hautfarbe und der sozialen Zugehörigkeit, das alles wird thematisiert, aber ganz ohne erhobenen Zeigefinger. Die Figuren und ihre permanenten Alltagskämpfe tragen durchaus lächerliche und komische Züge, die freilich niemals beißend-satirisch, sondern liebevoll-ironisch vorgeführt werden.
Es ist eine Zeit des Umbruchs für alle Belseys, an deren Ende alles anders ist. Die Jungen finden ihre eigenen Wege, auch Kiki bricht zu neuen Horizonten auf, und Howard bleibt allein zurück. Aber: Nach Jahren der kritischen, konstruktivistischen, rein intellektuellen Beschäftigung mit Rembrandt nimmt er erstmals die Schönheit von dessen Werk wahr. Er hat sein Vortragsmanuskript vergessen und lässt einfach die Dias der Gemälde durchlaufen, ohne ein Wort dazu zu sagen. Und die Bilder, endlich von allem intellektuell-verbalen Ballast befreit, sprechen für sich. So kann das Ende als endgültiges Scheitern gedeutet werden oder im Gegenteil als der Beginn des Neuen: der Entdeckung der Schönheit.
Zadie Smith: Von der Schönheit
Aus dem Englischen von Marcus Ingendaay
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006
518 Seiten, 22,90 Euro