Auf den Spuren russischer und armenischer Vorfahren
Mit sieben Jahren verließ Katerina Poladjan Russland und kam nach Deutschland. Hier wurden Lesen und Schreiben zu ihrem Lebenselixier. In ihrem neuen Buch befasst sie sich mit der Geschichte und der Schriftkultur Armeniens, dem Heimatland ihrer Großeltern.
Der Sturz erschien ihr damals unendlich tief. Mit sieben Jahren musste Katerina Poladjan gemeinsam mit ihren Eltern das privilegierte Leben bei Moskau hinter sich lassen: Statt Villa mit Garten ein Zimmerchen mit Doppelstockbetten im Übergangsheim - angeblich für die Freiheit.
"Und in dem Aufnahmelager in Marienfelde fühlte ich mich entpersonalisiert. Daran erinnere ich mich sehr. Es gibt wenige Momente der Intimität und jegliche Intimität muss geteilt werden mit anderen. Also man hat natürlich die fremden Gerüche, man hat die Launen, man hat diese Essensausgaben, man muss ständig Papiere zeigen. Ich erinnere mich, dass ich das betrachtete, aber mich natürlich gefragt hab, warum sollte das jetzt sein."
Perfekt die neue Sprache beherrschen
Bei ihrem mühsamen Weg, sich in der neuen Welt zurechtzufinden, sei ihr vor allem wichtig gewesen, die Sprache perfekt zu beherrschen. Dabei sei sie von ihrer Grundschullehrerin sehr unterstützt worden. Eine Zeit lang habe sie jeden Nachmittag mit Frau Mirbach gepaukt:
"Ich habe ihr teilweise Goethe vorgelesen und in diesem Zug haben wir auch das R wegtrainiert, das russische R. Also ich habe das R noch russisch gerollt und das ist etwas sehr verräterisches und deswegen bin ich mit ihr einen Kompromiss eingegangen: Ich lese ihr den Goethe vor und dafür trainiert sie mit mir das russische R weg."
Die angenehme Kälte Sibiriens
Schon damals habe sie sehr viel gelesen. Bücher seien alles für sie gewesen, sagt die Schriftstellerin heute: "Trost, Sicherheit und Schutz". Lesen und Schreiben wurden zu ihrem Lebenselixier. Dennoch wurde sie zunächst Schauspielerin. Erst vor einigen Jahren hat die heute 46-Jährige ihr Debüt "In einer Nacht später" geschrieben. Zuletzt legte sie gemeinsam mit ihrem Mann, Hennig Fritsch, einen literarischen Reisebericht vor: "Hinter Sibirien". Besonders habe sie dort neben den Menschen und den unendlich vielen Birken die trockene Kälte beeindruckt:
"Wir waren im März dort, und da war es immer noch verschneit, wahnsinnig kalt, im Vergleich jetzt zu dem Winter ist es teilweise minus 50 Grad, minus 45 Grad. Als wir dort waren, war es nicht ganz so kalt, also es waren um die minus 20 Grad. Und dadurch, dass diese Kälte dort sehr trocken ist und es scheint immer die Sonne, fand ich das sehr angenehm, weil man tritt so morgens aus dem Haus und hat sofort einen klaren Kopf."
Ihr neues Buch führt nach Armenien
In ihrem neuen Buch befasst sie sich mit der Geschichte und der Schriftkultur Armeniens, dem Heimatland ihrer Großeltern. Das Wort Heimat ist für Katerina Poladjan nicht an einen Ort gebunden. Zuhause seien für sie eher die Menschen, die sie umgeben. Auch mit dem Begriff "Wurzeln" kann sie wenig anfangen:
"Ich habe immer so ein gespaltenes Verhältnis zu den Wurzeln, weil ich immer denke, ich bin ja kein Baum. Nein, ich glaube, ich suche nicht nach meinen Wurzeln. Die kann ich überall finden, das habe ich jetzt auch bemerkt durch das viele Reisen."