Mankells letzter großer Roman
Das letzte Buch des im vergangenen Jahr verstorbenen Schriftstellers Henning Mankell erscheint nun auf Deutsch. In "Die schwedischen Gummistiefel" geht es ums Leben und um den Tod, ums Altwerden und den Blick zurück auf das, was war.
Als das Buch in Schweden erschien, da wusste Henning Mankell schon von seiner schweren Krankheit, aber es ging ihm noch gut genug, um öffentlich über die "schwedischen Gummistiefel" zu reden. Im Fernsehen, im Radio trat er auf, der von vielen Landsleuten verehrte Autor, und allen war klar, dass sie bald von ihm Abschied nehmen müssten. Umso intensiver die Gespräche, in denen es natürlich um seine Krankheit ging, vor allem aber um sein Werk und damit auch um dieses Buch.
"Habe ich die Kraft, ein neues Leben aufzubauen?"
Es ist die Fortsetzung des Romans "Die italienischen Schuhe" von 2006, wieder geht es um Fredrik Welin, den Chirurgen, der nach einem verhängnisvollen Kunstfehler einsam auf einer Schäreninsel lebt. Dazu Mankell in einem seiner letzten Interviews:
"Die Grundidee ist, dass du eines Nachts aufwachst, alles brennt, du rennst raus, hast zwei nicht zusammenpassende Gummistiefel an und stehst und siehst dein Haus und alles in deinem Leben niederbrennen. Tagebücher, Kleidung, Fotos, einfach alles. Und weil das ein älterer Herr ist, stellt er sich die verzweifelte Frage: Habe ich die Kraft, ein neues Leben aufzubauen, hat das überhaupt Sinn?"
Im Buch geht es um Entscheidungen, die Welin in seinem Leben getroffen hat, es geht um seine Lebenserinnerungen und um die Beziehung zu zwei Frauen, eine ist die in Paris lebende Tochter, die andere ist Journalistin.
"Liebe ist die einzige Gnade, die es gibt"
"Am Schluss des Buches kommt auf eine sehr unbequeme Weise heraus, wer das Haus niedergebrannt hat. Aber gleichzeitig offenbaren sich für diesen älteren Herren auch Möglichkeiten, ein neues Leben zu erschaffen, einen Weg nach vorne zu finden, was seine Kinder angeht, zu denen er kaum Kontakt hatte. Und er kommt zur Einsicht, dass Liebe die einzige Gnade ist, die es gibt."
Mankell hat dieses Buch in einer Ausnahmesituation geschrieben, im Wissen um die schwere Krankheit, der er sich öffentlich stellte und im Oktober vergangenen Jahres erlag. Es geht in diesem Buch auf einer tieferen Ebene um Leben und um den Tod, es geht ums Altwerden und um den Blick zurück auf das, was war. Doch trotz aller Parallelen...
"Dieser Mann, der im Buch beschrieben wird, das bin nicht ich. Aber viele von seinen Gedanken und die Art, wie er sich in dieser schrecklichen Situation verhält, jeder Zukunft beraubt ist. Damit kann ich mich selbst identifizieren. Ich hätte wohl so wie er reagiert",
... sagte Mankell vor einem Jahr, den eigenen Tod vor Augen - und trotzdem nie ohne Hoffnung!? So ließen sich seine berührenden Schlussworte in diesem Interview interpretieren.
Im Angesicht des Todes nicht ohne Hoffnung
Aber auch als Worte eines weisen Mannes, der sich oft als Atheist bezeichnet hat, und dennoch immer mit dem Jenseits und den Toten verbunden fühlte.
"Ich persönlich kann wirklich sagen, dass ich nicht hysterisch würde, sollte mein Haus niederbrennen. Auch wenn alle meine Manuskripte, meine Fotos und alles vernichtet würden. Dann stünde ich trotzdem da mit meinem Leben, mit allen Gefühlen und Gedanken und auch einem heilen Körper. Dann würde ich denken: Ich bin nicht verbrannt, alles andere ist verbrannt, aber das Leben geht weiter. Da bin ich ziemlich sicher heute."