Autorin Tsitsi Dangarembga vor Gericht

"In Simbabwe gibt es keine intellektuelle Opposition mehr"

16:03 Minuten
Porträtaufnahme der simbabwischen Autorin Tsitsi Dangarembga. Sie ist Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2021. Dangarembga trägt eine orangefarbene Jacke über einer orange-braun-weiß gemusterten Bluse. Ihre Haare trägt sie zu vielen Zöpfen geflochten.
Couragiert erhebt Tsitsi Dangarembga in ihrer Heimat Simbabwe immer wieder ihre Stimme gegen Gewalt und Korruption. Das brachte ihr die Verfolgung durch die autoritäre Regierung ein. © picture alliance / dpa / Sebastian Gallnow
Tsitsi Dangarembga im Gespräch mit Joachim Scholl |
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Sie setzt sich in ihrer Heimat Simbabwe gegen Korruption und Gewalt ein. Doch weil das Engagement der Autorin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga dem Regime missfällt, steht sie nun vor Gericht. Sprache ist für sie immer auch etwas Politisches.
Die Schriftstellerin, Filmemacherin und Aktivistin Tsitsi Dangarembga steht in ihrer Heimat Simbabwe vor Gericht. Angeklagt ist sie wegen angeblicher Aufwiegelung zur Gewalt. Dangarembga hatte an einer Demonstration für mehr Demokratie teilgenommen und dabei ein Schild hochgehalten, auf dem sie Reformen forderte.  
Die Autorin, Jahrgang 1959,  wurde mit ihrer Tambudzai-Romantrilogie bekannt, ihr jüngster Roman, "Überleben", stand auf der Auswahlliste für den britischen Booker Prize, 2021 erhielt sie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Derzeit hält sie sich in Deutschland auf und ist Hausgast des Literarischen Colloquiums Berlin, wo sie am 25.6. Juni im Rahmen der Veranstaltung „Mit Sprache handeln“ zu sehen und zu hören ist.

"Die Intellektuellen haben das Land verlassen"

Über ihren Prozess, für den am 27. Juni ein Urteil erwartet wird, darf sie nicht sprechen. Sehr wohl aber über die allgemeine Situation von Intellektuellen und Künstlerinnen und Künstlern im autoritär regierten Simbabwe. Dangarembga engagiert sich dort seit Jahren gegen Gewalt und Korruption und sorgte mit Filmen, die HIV und Aids thematisieren, für Aufsehen.
Es sehe für Menschen wie sie nicht gut aus, sagt die Autorin: „Im Augenblick gibt es in Simbabwe nicht wirklich eine intellektuelle Opposition, weil die meisten Intellektuellen das Land verlassen haben, um überhaupt arbeiten zu können. Und diejenigen, die bleiben, sind vor allem damit beschäftigt, die alltägliche Unterdrückung zu managen und damit klarzukommen.“
Es sei im Augenblick beispielsweise sehr schwierig, an Bücher heranzukommen, „die für den intellektuellen Diskurs nötig wären“.

Jede Äußerung kann gefährlich werden

Jedoch gebe es immer noch eine kirchliche Opposition, die eine wichtige Rolle spiele, weil Simbabwe ein Land mit sehr religiösen Menschen sei.  
Das größte Problem in Simbabwe ist laut Dangarembga derzeit, dass man nie wissen kann, welche Äußerungen oder Taten vom Regime Emmerson Mnangagwas als Vergehen oder sogar als Verbrechen bewertet werden. Also bleibe eigentlich nur die Wahl, entweder lieber nichts zu sagen oder weiterhin den Mund aufzumachen.
Sie habe sich für Letzteres entschieden, denn von dem Machtwechsel von Robert Mugabe zu Mnangagwa habe sie von Anfang an keine positive Veränderung erwartet.

Kein Frieden für die Menschen in Simbabwe

Ihr Heimatland sei sehr dadurch geprägt, dass dessen Bewohnerinnen und Bewohner im Prinzip seit dem Beginn der Kolonialzeit niemals friedliche Zeit erlebt hätten, dafür viel Gewalt und aggressive Auseinandersetzungen.
Ihre Arbeit als Autorin und Filmemacherin kann und will Dangarembga auch deshalb nicht vom Politischen trennen: Sprache sei immer politisch – gemäß einem Leitsatz der feministischen Bewegung, wonach das Private immer auch politisch sei.

Die Redefreiheit wird zuerst unterdrückt

„Unterdrückende Regimes wollen immer zuerst die Redefreiheit einschränken und die Freiheit des Ausdrucks“, betont die Autorin. Deshalb sei es für sie eine so große Herausforderung, ungehindert ihrer Kunst und damit ihrer Arbeit nachzugehen.
Bezogen auf die Veranstaltung „Mit Sprache handeln“ im Literarischen Colloquium Berlin fügt Dangarembga hinzu: „Ich stelle mir die Sprache immer wie eine Handlung vor und eine Handlung hat einen Effekt. Sprache ist immer an eine andere Person gerichtet: Man verhandelt etwas – Ideen. Und der andere kann frei entscheiden, ob er dem zustimmt oder nicht.“
Genau diesen Prozess – mit ihrer Arbeit in Kontakt mit Menschen zu treten – liebe sie besonders.
(mkn)

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