Die Spielmacher
"Endlich da, die Pille für den Mann." So wirbt die ARD-Sportschau für sich selbst, will sagen: Für den Wiedereintritt der Fußball-Bundesliga in das Leben der Deutschen. Eine ganz gelungene Werbung, nur: Was will sie uns sagen? Dass nun auch für den Mann ein empfängniserschwerendes Mittel gefunden wurde? Weil er dem Zeugungsakt enträt, insofern und solange er vor der Glotze hockt und Fußball glotzt? Das wäre ja dann doch nur eine temporäre Empfängnisverhütung.
Oder ist mit "Pille" eine Art Super-Valium gemeint, ein durchschlagendes Beruhigungsmittel, das Schluss macht mit der schrecklichen, der fußballlosen Zeit. In welcher der Mann bekanntlich wie ein Tiger im Käfig umeinanderläuft, Haare raufend, Nägel kauend, in Teppiche oder Lebensgefährtinnen beißend. Oder sich gar in die Dinge des täglichen Lebens einmischt und jeden einigermaßen funktionierenden Haushalt binnen kurzem in ein mittleres Chaos verwandelt.
Nun ja, diese Dinge sind nicht neu. Die Hausfrau und Mutter und Lebenspartnerin und was für Rollen Frauen sonst noch spielen dürfen – das Weib als solches also hat ja längst auf Abhilfe gesonnen. Samstags wird Vati in der Garage am Auto angekettet, so dass er zwar alle möglichen Arbeiten an demselben verrichten – innen, außen, oben, unten -, aber auf keinen Fall die Garage verlassen kann. Das Tor bleibt offen, alle zwei Stunden werden ihm die Kinder gezeigt, auch die im Zweitwagen herbeigekarrten Einkäufe darf er begutachten – aber immer an der Kette. Das hat zur Befriedung häuslicher Zustände in den letzten Jahren entscheidend beigetragen.
Ist aber ein bisschen menschenunwürdig. Weshalb die Frauen sich mit Fussball-Verbands-Fuzzis zusammengetan und den Liga-Pokal erfunden haben. Ja, glauben Sie denn, so einen Blödsinn hätten sich Männer einfallen lassen? Das ist doch wie in Styropor gebissen. Genauso wie der Federations-Cup. Wie schlechter Fusel. Macht Kopfschmerzen und einen pelzigen Geschmack auf der Zunge. Aber man musste doch was tun. Wie bei allen Süchtigen musst du, wenn sie auf Entzug sind, ein Ersatzmittel bereitstellen.
In der Endphase des Entzugs reicht es natürlich nicht, weshalb in den letzten Wochen diese wunderbaren Vorspiele durch die Presse geisterten. Welcher Bundesliga-Klub bekommt welchen Weltstar nicht, obwohl er ihn schon in der Umkleidekabine hatte oder gerade deswegen – manche Kabinen sehen ja wirklich noch aus wie früher bei der Spielvereinigung Erkenschwick und heute bei Tennis Borussia Berlin. Sind halt nicht alle so reich wie Bayern München, die nun aber leider den Michael Ballack an Manchester United verlieren oder an Tennis Borussia - alles falsch, alles Zeitungs-Enten, aber gut, dass wir mal über Tennis Borussia geredet haben. Allein: Das rettet den deutschen Fußball-Fan nicht über den Sommer, will sagen vor dem Wahnsinn. Weshalb die Politiker, die man hier wirklich mal loben muss, hilfreich eingesprungen sind. Ja, was glaubt ihr denn, weshalb Angela Merkel brutto und netto verwechselt, weshalb die sich wie die Kinder im Sandkasten um ein oder zwei TV-Duelle streiten, weshalb Bayern und Nordrhein-Westfalen die Rechtschreibreform nicht mitmachen – alles Ablenkungsmanöver. Guck mal, wenn in der Psychiatrie in der geschlossenen Abteilung einer tobt, dann muss einer her, der Faxen macht. Im unserem Falle sind das die Politiker.
Ich habe ja sogar den Verdacht, dass der Schröder und der Köhler das mit der Neuwahl nur aus diesem Grund ausgeheckt haben. Um den deutschen Mann in seiner Eigenschaft als Fußball-Wahnsinnigen für eine Weile zu beschäftigen und damit ruhigzustellen. Und damit sind wir am entscheidenden Punkt: So gesehen ist Schröder nicht etwa der politische Depp, für den wir ihn eigentlich halten müssten, sondern ein Held. Ein Märtyrer. Zur Beförderung des allgemeinen Volkswohls, zur flächendeckenden Erhaltung des häuslichen wie des sozialen Friedens hat er sich geopfert. Ein unglaublicher Vorgang.
Denn er hätte doch warten und vom Fußball profitieren können. Jetzt nicht vom Beginn der Bundesliga-Saison, das wirkt sich lediglich kurzfristig auf die allgemeine Zufriedenheit aus und hätte ihm nicht den Hals gerettet. Aber 2006 findet die Fußball-Weltmeisterschaft statt. In Deutschland. Und Sozialwissenschaftler haben herausgefunden, dass solche Ereignisse, wenn sie denn einigermaßen gut laufen, auch die Politik-Akzeptanz ungemein steigern. Wenn das Wetter gut ist, die Organisation funktioniert, wenn die deutsche Fußball-Elf gut abschneidet, dann profitiert davon die jeweils regierende Regierung. Also mit dem jungen Herrn Klinsmann im Rücken hätte der alte Herr Schröder bei der ganz normalen Bundestagswahl im September 2006 eine echte Chance gehabt. Zumal ihm weitere Wahlhilfe zuteil geworden wäre: Neben Reinhold Beckmann soll Heidi Klum im Fernsehen Fußball-WM moderieren. Also zur Attraktivität und Eleganz des Herrn Beckmann täten sich Intelligenz und Sprachwitz der Frau Klum gesellen. Das wäre für Schröder die halbe Miete. Wieso er auf solche Effekte freiwillig verzichtet, das weiß nur Doris Köpf.
Dr. Peter Zudeick, langjähriger Korrespondent in Bonn und jetzt in Berlin, Buchveröffentlichungen u.a. "Der Hintern des Teufels. Ernst Bloch - Leben und Werk", "Alternative Schulen" und "Saba - Bilanz einer Aufgabe".
Nun ja, diese Dinge sind nicht neu. Die Hausfrau und Mutter und Lebenspartnerin und was für Rollen Frauen sonst noch spielen dürfen – das Weib als solches also hat ja längst auf Abhilfe gesonnen. Samstags wird Vati in der Garage am Auto angekettet, so dass er zwar alle möglichen Arbeiten an demselben verrichten – innen, außen, oben, unten -, aber auf keinen Fall die Garage verlassen kann. Das Tor bleibt offen, alle zwei Stunden werden ihm die Kinder gezeigt, auch die im Zweitwagen herbeigekarrten Einkäufe darf er begutachten – aber immer an der Kette. Das hat zur Befriedung häuslicher Zustände in den letzten Jahren entscheidend beigetragen.
Ist aber ein bisschen menschenunwürdig. Weshalb die Frauen sich mit Fussball-Verbands-Fuzzis zusammengetan und den Liga-Pokal erfunden haben. Ja, glauben Sie denn, so einen Blödsinn hätten sich Männer einfallen lassen? Das ist doch wie in Styropor gebissen. Genauso wie der Federations-Cup. Wie schlechter Fusel. Macht Kopfschmerzen und einen pelzigen Geschmack auf der Zunge. Aber man musste doch was tun. Wie bei allen Süchtigen musst du, wenn sie auf Entzug sind, ein Ersatzmittel bereitstellen.
In der Endphase des Entzugs reicht es natürlich nicht, weshalb in den letzten Wochen diese wunderbaren Vorspiele durch die Presse geisterten. Welcher Bundesliga-Klub bekommt welchen Weltstar nicht, obwohl er ihn schon in der Umkleidekabine hatte oder gerade deswegen – manche Kabinen sehen ja wirklich noch aus wie früher bei der Spielvereinigung Erkenschwick und heute bei Tennis Borussia Berlin. Sind halt nicht alle so reich wie Bayern München, die nun aber leider den Michael Ballack an Manchester United verlieren oder an Tennis Borussia - alles falsch, alles Zeitungs-Enten, aber gut, dass wir mal über Tennis Borussia geredet haben. Allein: Das rettet den deutschen Fußball-Fan nicht über den Sommer, will sagen vor dem Wahnsinn. Weshalb die Politiker, die man hier wirklich mal loben muss, hilfreich eingesprungen sind. Ja, was glaubt ihr denn, weshalb Angela Merkel brutto und netto verwechselt, weshalb die sich wie die Kinder im Sandkasten um ein oder zwei TV-Duelle streiten, weshalb Bayern und Nordrhein-Westfalen die Rechtschreibreform nicht mitmachen – alles Ablenkungsmanöver. Guck mal, wenn in der Psychiatrie in der geschlossenen Abteilung einer tobt, dann muss einer her, der Faxen macht. Im unserem Falle sind das die Politiker.
Ich habe ja sogar den Verdacht, dass der Schröder und der Köhler das mit der Neuwahl nur aus diesem Grund ausgeheckt haben. Um den deutschen Mann in seiner Eigenschaft als Fußball-Wahnsinnigen für eine Weile zu beschäftigen und damit ruhigzustellen. Und damit sind wir am entscheidenden Punkt: So gesehen ist Schröder nicht etwa der politische Depp, für den wir ihn eigentlich halten müssten, sondern ein Held. Ein Märtyrer. Zur Beförderung des allgemeinen Volkswohls, zur flächendeckenden Erhaltung des häuslichen wie des sozialen Friedens hat er sich geopfert. Ein unglaublicher Vorgang.
Denn er hätte doch warten und vom Fußball profitieren können. Jetzt nicht vom Beginn der Bundesliga-Saison, das wirkt sich lediglich kurzfristig auf die allgemeine Zufriedenheit aus und hätte ihm nicht den Hals gerettet. Aber 2006 findet die Fußball-Weltmeisterschaft statt. In Deutschland. Und Sozialwissenschaftler haben herausgefunden, dass solche Ereignisse, wenn sie denn einigermaßen gut laufen, auch die Politik-Akzeptanz ungemein steigern. Wenn das Wetter gut ist, die Organisation funktioniert, wenn die deutsche Fußball-Elf gut abschneidet, dann profitiert davon die jeweils regierende Regierung. Also mit dem jungen Herrn Klinsmann im Rücken hätte der alte Herr Schröder bei der ganz normalen Bundestagswahl im September 2006 eine echte Chance gehabt. Zumal ihm weitere Wahlhilfe zuteil geworden wäre: Neben Reinhold Beckmann soll Heidi Klum im Fernsehen Fußball-WM moderieren. Also zur Attraktivität und Eleganz des Herrn Beckmann täten sich Intelligenz und Sprachwitz der Frau Klum gesellen. Das wäre für Schröder die halbe Miete. Wieso er auf solche Effekte freiwillig verzichtet, das weiß nur Doris Köpf.
Dr. Peter Zudeick, langjähriger Korrespondent in Bonn und jetzt in Berlin, Buchveröffentlichungen u.a. "Der Hintern des Teufels. Ernst Bloch - Leben und Werk", "Alternative Schulen" und "Saba - Bilanz einer Aufgabe".