"Die Stadt quillt über"
Täglich ziehen schätzungsweise 5000 somalische Flüchtlinge aus dem Süden des Landes nach Mogadischu, sagt der Vorstandsvorsitzende der deutsche Sektion von Ärzte ohne Grenzen, Tankred Stöbe. Jeder Quadratmeter der somalischen Hauptstadt sei mit Zelten belegt.
Jan-Christoph Kitzler: Somalia, das ist ein "failed state", ein gescheiterter Staat. Das wird bei uns vor allem immer dann deutlich, wenn Piraten vor der somalischen Küste mal wieder ein Schiff gekapert haben. Aber das ist für die Menschen in der Region noch das allergeringste Problem. In Somalia herrscht seit 20 Jahren Bürgerkrieg und die international anerkannte Regierung kontrolliert nur einen winzigen Teil des Staatsgebietes. Dazu kommt die Dürre, und so sind viele vor Ort auf Hilfe angewiesen. Ohne die Hilfsorganisationen würden in Somalia noch viel mehr Menschen an Mangelernährung sterben als ohnehin schon.
Bei mir im Studio ist Tankred Stöbe, der Vorstandsvorsitzende der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen. Schönen guten Morgen!
Tankred Stöbe: Schönen guten Morgen.
Kitzler: Sie waren ja gerade vier Wochen im Einsatz in Mogadischu, in der Hauptstadt, und haben dort eine Klinik für Kinder aufgebaut. Wie sehr wird denn dort eine solche Einrichtung gebraucht?
Stöbe: Wir haben uns fokussiert auf die unterernährten Kleinkinder, weil das die Gruppe ist, von der wir im Moment sehen, dass sie am stärksten gefährdet ist. Kinder sterben einfach an Hunger, jeden Tag, und natürlich sind die Bedürfnisse in Mogadischu so groß, dass man fast für jede Krankheit eines Kindes allein, aber auch für Erwachsene eine extra Klinik aufmachen könnte. Aber das ist die Gruppe, die am stärksten betroffen ist, und deshalb war das unser Fokus. Wir haben jetzt in den vier Wochen über 220 schwer unterernährte Kinder stationär behandeln können in dieser Klinik, aber eben nicht nur die Unterernährung, sondern die Komplikationen. Die haben Lungenentzündung, Durchfallerkrankungen und sind so schwer krank, dass sie oft dann auch schon in den ersten Stunden verstorben sind.
Kitzler: Das heißt, die Mangelernährung, die zieht weitere Probleme dann nach sich?
Stöbe: Genau. Auch Masernerkrankungen sind enorm häufig und die Situation ist einfach so schwierig, wenn ich die Mütter gefragt habe, wie lange die Kinder denn krank sind – und das kenne ich hier in Deutschland so, dass sie dann vielleicht sagen, ein, zwei Tage -, dort waren das Wochen, in der Regel fast ein Monat. Manchmal haben mir die Mütter auch gesagt, das Kind ist jetzt fünf Monate alt und es ist eigentlich seit der Geburt krank, und das waren enorme Herausforderungen, weil natürlich diese Patienten eigentlich viel zu spät gekommen sind.
Aber – und das war eine weitere Herausforderung – wir mussten oft die Mütter beknien, dass sie überhaupt ins Krankenhaus kommen, weil sie so viele Kinder versorgen müssen und in diesen Vertriebenenlagern der Stadt unter so schwierigen Bedingungen leben, dass sie immer für die Gesamtfamilie denken mussten, und da konnten sie manchmal nicht mehr auf ein einzelnes Kind Rücksicht nehmen. Also die Frage, kommen sie überhaupt ins Krankenhaus, bleiben sie dann lange genug, waren große, große Schwierigkeiten für uns jeden Tag.
Kitzler: Die Arbeitsbedingungen dort sind wahrscheinlich auch nicht vergleichbar mit denen hier. Was können Sie überhaupt tun, Sie und Ihre Kollegen, um diesen Kindern zu helfen?
Stöbe: Nun, wir haben mit meiner Ankunft – also ich kam am 24. August dort an und zwei Stunden später haben wir die Klinik aufgemacht, haben gleich am ersten Nachmittag 20 schwer unterernährte Kinder aufgenommen, und das war eine Herausforderung, weil natürlich alles neu war. Das Krankenhaus, das war wie ein Hotel konzipiert. Wir haben das dann umgebaut als ein Krankenhaus. Wir haben Schwestern, Pflegende, Ärzte eingestellt und mussten so als Teams von sozusagen Minute eins dann im 24-Stunden-Schichtbetrieb funktionieren. Das waren schon große Herausforderungen.
Aber jetzt am Ende war es ein tolles eingespieltes Team und wir konnten wirklich 24 Stunden, sieben Tage die Woche dort im Schichtbetrieb diese unterernährten Kinder betreuen, aber eben unter schwierigen Bedingungen, weil die Kinder so komplex krank waren, dass nicht mal eine hoch technische Medizin, wie wir sie hier in Deutschland kennen, diese Kinder hätte retten können. Wir haben insgesamt 16 Kinder verloren, und das ist natürlich frustrierend.
Kitzler: Wie muss man sich das denn vorstellen? Wie werden diese Kinder wieder aufgepäppelt?
Stöbe: Es ist eine ganz disziplinierte Ernährung notwendig. Die werden über 24 Stunden achtmal mit einer Spezialmilch gefüttert und viele dieser Kinder waren zu schwach zu trinken. Das heißt, sie brauchten eine Magensonde, die dann gelegt wird, und dann wird in diesen hohen Frequenzen diese Spezialnahrung gegeben. Das kann man dann nach einigen Tagen in eine andere Lösung, Speziallösungsmilch umfunktionieren, und wenn sie dann so stabil sind, dann können sie auch eine Fertignahrung essen. Aber erst mal muss der gesamte Metabolismus dieser Kinder umgestellt werden, und das ist das schwierige, dass diese Eltern dann oft nach den ersten Tagen, wo sie merken, den Kindern geht es etwas besser, aber sie haben vielleicht noch gar nicht an Gewicht zugenommen, dass sie dann schon wieder in die Lager zurück wollten, um dort den Rest der Familie zu versorgen. Da zu bitten, dass sie wirklich bleiben, dass die Kinder auch ein bisschen Gewicht zunehmen, das war ganz schwierig.
Kitzler: Warum sind Sie eigentlich nach Mogadischu gegangen, in die Hauptstadt? Man könnte doch meinen, dort ist die Versorgungslage im Vergleich zum Rest des Landes noch eher gut, oder?
Stöbe: Es gibt zwei Gründe. Einmal ist es im Moment für internationale Mitarbeiter nur möglich, nach Mogadischu zu gehen. Der Rest des Landes ist weiterhin zu unsicher. Der zweite Grund ist aber auch, dass Mogadischu im Moment von ganz vielen Somaliern angesteuert wird. Es gibt Schätzungen – es gibt keine genauen Zahlen -, dass etwa 5.000 Menschen täglich neu nach Mogadischu ziehen aus dem Süden des Landes. Es gibt eigentlich keinen Quadratmeter in der Stadt, der nicht von irgendwelchen Zelten, von natürlich ganz rudimentären Zelten belegt ist. Die Stadt quillt über und die Not in Mogadischu ist enorm groß und es gibt immer noch auch ganz, ganz wenige internationale Helfer oder Organisationen, die dort arbeiten.
Kitzler: Ihr Krankenhaus läuft jetzt etwas über vier Wochen. Wie können Sie das überhaupt am laufen halten? Muss alles, was da gebraucht wird, eingeflogen werden?
Stöbe: Praktisch ja. Alle Medikamente, auch die Ernährung musste eingeflogen werden. Wir arbeiten natürlich auch nur mit hoch qualitativen Produkten, und die sind dort nicht zu finden. Das heißt, Fertignahrung, die Milchlösungen, das sind alles Dinge, die natürlich in Somalia und auch in Afrika nicht zu finden sind. Die müssen mit Flugzeugen und jetzt hoffen wir auch mit Schiffen in die Stadt gebracht werden. Aber das ging. Die großen Herausforderungen waren dann eher, wie kriegen wir tatsächlich auch Personal genug, wie kriegen wir dann auch die Kinder, dass sie lange genug bleiben, wie schaffen wir es, dass wir frühzeitig mit der Behandlung anfangen können, weil die Kinder oft in einem so schwierigen Zustand zu uns kamen, wenn wir dann noch ein, zwei Stunden gewartet haben, waren die Kinder tot. Das heißt, von dem Moment, wo sie die Klinik betreten haben, mussten wir absolut Gas geben, damit diese Behandlung beginnen kann.
Kitzler: Ärzte ohne Grenzen ist schon seit 1991 im Land. Haben Sie persönlich eigentlich auch die Hoffnung, dass sich da irgendwann mal was zum Besseren wendet?
Stöbe: Das ist natürlich eine spannende Frage, die ich auch die Menschen gefragt habe, was denken sie über die Zukunft, und ich glaube, ich habe noch keinen Kontext erlebt, wo die Menschen so wenig auf diese Frage antworten konnten. Sie wussten es einfach nicht. Die erste Hoffnung – und die Menschen gucken natürlich nicht zu weit -, die nächste Hoffnung ist, im Oktober fallen wieder Regenfälle und dann kann es auch wieder eine neue Ernte im Januar geben. Das sind so die nächsten Hoffnungen. Aber die meisten, die ich gesprochen habe von den Vertriebenen, die sagten, wie auch immer die Lage ist, sie werden nicht zurückgehen in die Dörfer, sie bleiben in Mogadischu, weil sie hoffen, dass da die Versorgung immer noch besser ist als im Rest des Landes.
Kitzler: Tankred Stöbe war das, der Vorstandsvorsitzende der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen. Gerade ist er von einem vierwöchigen Einsatz in Somalias Hauptstadt Mogadischu zurückgekehrt. Vielen Dank, dass Sie hier waren.
Stöbe: Vielen Dank.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Bei mir im Studio ist Tankred Stöbe, der Vorstandsvorsitzende der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen. Schönen guten Morgen!
Tankred Stöbe: Schönen guten Morgen.
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Stöbe: Wir haben uns fokussiert auf die unterernährten Kleinkinder, weil das die Gruppe ist, von der wir im Moment sehen, dass sie am stärksten gefährdet ist. Kinder sterben einfach an Hunger, jeden Tag, und natürlich sind die Bedürfnisse in Mogadischu so groß, dass man fast für jede Krankheit eines Kindes allein, aber auch für Erwachsene eine extra Klinik aufmachen könnte. Aber das ist die Gruppe, die am stärksten betroffen ist, und deshalb war das unser Fokus. Wir haben jetzt in den vier Wochen über 220 schwer unterernährte Kinder stationär behandeln können in dieser Klinik, aber eben nicht nur die Unterernährung, sondern die Komplikationen. Die haben Lungenentzündung, Durchfallerkrankungen und sind so schwer krank, dass sie oft dann auch schon in den ersten Stunden verstorben sind.
Kitzler: Das heißt, die Mangelernährung, die zieht weitere Probleme dann nach sich?
Stöbe: Genau. Auch Masernerkrankungen sind enorm häufig und die Situation ist einfach so schwierig, wenn ich die Mütter gefragt habe, wie lange die Kinder denn krank sind – und das kenne ich hier in Deutschland so, dass sie dann vielleicht sagen, ein, zwei Tage -, dort waren das Wochen, in der Regel fast ein Monat. Manchmal haben mir die Mütter auch gesagt, das Kind ist jetzt fünf Monate alt und es ist eigentlich seit der Geburt krank, und das waren enorme Herausforderungen, weil natürlich diese Patienten eigentlich viel zu spät gekommen sind.
Aber – und das war eine weitere Herausforderung – wir mussten oft die Mütter beknien, dass sie überhaupt ins Krankenhaus kommen, weil sie so viele Kinder versorgen müssen und in diesen Vertriebenenlagern der Stadt unter so schwierigen Bedingungen leben, dass sie immer für die Gesamtfamilie denken mussten, und da konnten sie manchmal nicht mehr auf ein einzelnes Kind Rücksicht nehmen. Also die Frage, kommen sie überhaupt ins Krankenhaus, bleiben sie dann lange genug, waren große, große Schwierigkeiten für uns jeden Tag.
Kitzler: Die Arbeitsbedingungen dort sind wahrscheinlich auch nicht vergleichbar mit denen hier. Was können Sie überhaupt tun, Sie und Ihre Kollegen, um diesen Kindern zu helfen?
Stöbe: Nun, wir haben mit meiner Ankunft – also ich kam am 24. August dort an und zwei Stunden später haben wir die Klinik aufgemacht, haben gleich am ersten Nachmittag 20 schwer unterernährte Kinder aufgenommen, und das war eine Herausforderung, weil natürlich alles neu war. Das Krankenhaus, das war wie ein Hotel konzipiert. Wir haben das dann umgebaut als ein Krankenhaus. Wir haben Schwestern, Pflegende, Ärzte eingestellt und mussten so als Teams von sozusagen Minute eins dann im 24-Stunden-Schichtbetrieb funktionieren. Das waren schon große Herausforderungen.
Aber jetzt am Ende war es ein tolles eingespieltes Team und wir konnten wirklich 24 Stunden, sieben Tage die Woche dort im Schichtbetrieb diese unterernährten Kinder betreuen, aber eben unter schwierigen Bedingungen, weil die Kinder so komplex krank waren, dass nicht mal eine hoch technische Medizin, wie wir sie hier in Deutschland kennen, diese Kinder hätte retten können. Wir haben insgesamt 16 Kinder verloren, und das ist natürlich frustrierend.
Kitzler: Wie muss man sich das denn vorstellen? Wie werden diese Kinder wieder aufgepäppelt?
Stöbe: Es ist eine ganz disziplinierte Ernährung notwendig. Die werden über 24 Stunden achtmal mit einer Spezialmilch gefüttert und viele dieser Kinder waren zu schwach zu trinken. Das heißt, sie brauchten eine Magensonde, die dann gelegt wird, und dann wird in diesen hohen Frequenzen diese Spezialnahrung gegeben. Das kann man dann nach einigen Tagen in eine andere Lösung, Speziallösungsmilch umfunktionieren, und wenn sie dann so stabil sind, dann können sie auch eine Fertignahrung essen. Aber erst mal muss der gesamte Metabolismus dieser Kinder umgestellt werden, und das ist das schwierige, dass diese Eltern dann oft nach den ersten Tagen, wo sie merken, den Kindern geht es etwas besser, aber sie haben vielleicht noch gar nicht an Gewicht zugenommen, dass sie dann schon wieder in die Lager zurück wollten, um dort den Rest der Familie zu versorgen. Da zu bitten, dass sie wirklich bleiben, dass die Kinder auch ein bisschen Gewicht zunehmen, das war ganz schwierig.
Kitzler: Warum sind Sie eigentlich nach Mogadischu gegangen, in die Hauptstadt? Man könnte doch meinen, dort ist die Versorgungslage im Vergleich zum Rest des Landes noch eher gut, oder?
Stöbe: Es gibt zwei Gründe. Einmal ist es im Moment für internationale Mitarbeiter nur möglich, nach Mogadischu zu gehen. Der Rest des Landes ist weiterhin zu unsicher. Der zweite Grund ist aber auch, dass Mogadischu im Moment von ganz vielen Somaliern angesteuert wird. Es gibt Schätzungen – es gibt keine genauen Zahlen -, dass etwa 5.000 Menschen täglich neu nach Mogadischu ziehen aus dem Süden des Landes. Es gibt eigentlich keinen Quadratmeter in der Stadt, der nicht von irgendwelchen Zelten, von natürlich ganz rudimentären Zelten belegt ist. Die Stadt quillt über und die Not in Mogadischu ist enorm groß und es gibt immer noch auch ganz, ganz wenige internationale Helfer oder Organisationen, die dort arbeiten.
Kitzler: Ihr Krankenhaus läuft jetzt etwas über vier Wochen. Wie können Sie das überhaupt am laufen halten? Muss alles, was da gebraucht wird, eingeflogen werden?
Stöbe: Praktisch ja. Alle Medikamente, auch die Ernährung musste eingeflogen werden. Wir arbeiten natürlich auch nur mit hoch qualitativen Produkten, und die sind dort nicht zu finden. Das heißt, Fertignahrung, die Milchlösungen, das sind alles Dinge, die natürlich in Somalia und auch in Afrika nicht zu finden sind. Die müssen mit Flugzeugen und jetzt hoffen wir auch mit Schiffen in die Stadt gebracht werden. Aber das ging. Die großen Herausforderungen waren dann eher, wie kriegen wir tatsächlich auch Personal genug, wie kriegen wir dann auch die Kinder, dass sie lange genug bleiben, wie schaffen wir es, dass wir frühzeitig mit der Behandlung anfangen können, weil die Kinder oft in einem so schwierigen Zustand zu uns kamen, wenn wir dann noch ein, zwei Stunden gewartet haben, waren die Kinder tot. Das heißt, von dem Moment, wo sie die Klinik betreten haben, mussten wir absolut Gas geben, damit diese Behandlung beginnen kann.
Kitzler: Ärzte ohne Grenzen ist schon seit 1991 im Land. Haben Sie persönlich eigentlich auch die Hoffnung, dass sich da irgendwann mal was zum Besseren wendet?
Stöbe: Das ist natürlich eine spannende Frage, die ich auch die Menschen gefragt habe, was denken sie über die Zukunft, und ich glaube, ich habe noch keinen Kontext erlebt, wo die Menschen so wenig auf diese Frage antworten konnten. Sie wussten es einfach nicht. Die erste Hoffnung – und die Menschen gucken natürlich nicht zu weit -, die nächste Hoffnung ist, im Oktober fallen wieder Regenfälle und dann kann es auch wieder eine neue Ernte im Januar geben. Das sind so die nächsten Hoffnungen. Aber die meisten, die ich gesprochen habe von den Vertriebenen, die sagten, wie auch immer die Lage ist, sie werden nicht zurückgehen in die Dörfer, sie bleiben in Mogadischu, weil sie hoffen, dass da die Versorgung immer noch besser ist als im Rest des Landes.
Kitzler: Tankred Stöbe war das, der Vorstandsvorsitzende der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen. Gerade ist er von einem vierwöchigen Einsatz in Somalias Hauptstadt Mogadischu zurückgekehrt. Vielen Dank, dass Sie hier waren.
Stöbe: Vielen Dank.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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