Die Stichwahl in Afghanistan und das Dilemma des Westens
Nicht der Wahlbetrug, sein Ausmaß, verschlägt einem den Atem. In mehreren afghanischen Provinzen wurden vier- bis zehnmal so viele Stimmen gezählt wie tatsächlich abgegeben wurden. 1500 der 7000 Wahllokale befanden sich an Orten, die noch nie einen afghanischen Soldaten oder Polizisten gesehen haben. Ob diese Wahllokale überhaupt geöffnet wurden und wer dort wie viel in die Urnen stopfte, weiß außer den Beteiligten niemand; die Wahlbeobachter der Vereinten Nationen auch nicht.
Dass bei der Stichwahl am 7. November plötzlich alles mit rechten Dingen zugeht, ist nicht zu erwarten. Immerhin ist zu hoffen, dass die Betrugsversuche weniger haarsträubend ausfallen. Wenn nicht, hätten wir ein weiteres Problem. Wir alle; nicht nur die Amerikaner.
Es geht hier nicht um eine Nachhilfelektion in Sachen faire Wahlen, sondern um einen Beitrag zur Legitimität des afghanischen Präsidenten. Bislang war die Regierung ineffektiv und korrupt. Alle militärischen und nichtmilitärischen Anstrengungen vieler Länder, Afghanistan wieder auf die Beine zu helfen, führten zu nichts, wenn nicht einmal Afghanen das Wahlergebnis für legitim hielten.
Senator John Kerry von Massachusetts, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Präsident Karsai die Bereitschaft zur Stichwahl abgerungen haben dürfte, hat es so formuliert: Wir – die Vereinigten Staaten – haben uns nicht verpflichtet, mit zehntausenden Soldaten auf Jahre eine Regierung zu stützen. Er riet Präsident Obama, vor dem Ausgang der Stichwahl keine Entscheidung über zusätzliche Truppenverstärkungen zu treffen. Im Klartext: Ohne einen befriedigenden Wahlverlauf wird die demokratische Kongressmehrheit einer signifikanten Truppenverstärkung in Afghanistan, die der dortige Befehlshaber für unerlässlich halt, nicht zustimmen.
Afghanistan auf die Beine zu helfen, ist keine Kleinigkeit, nach 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg mit ständig wechselnden Allianzen der Stammesführer und Kriegsherren, die zu dem bösen Wort geführt haben, dass man Afghanen nicht kaufen, aber mieten könne. Zwischen einem Drittel und der Hälfte des afghanischen Bruttosozialprodukts hat mit dem Mohnanbau und der Opiumproduktion zu tun. Und als ob das nicht reichte, sorgt die Symbiose von Taliban und El Kaida in Pakistan wie in Afghanistan für ein hochexplosives Gemisch von Terror und militantem Islam.
Der Administration des George W. Bush muss man vorwerfen, die Entwicklung in Afghanistan wegen des fatalen Einfalls, in den Irak einzumarschieren, vernachlässigt zu haben. Während sich das Ende des Debakels im Irak abzeichnet, bindet der Einsatz in Afghanistan die amerikanischen Streitkräfte seit über acht Jahren, und ein Ende ist nicht abzusehen. Die afghanische Regierung gilt als ineffektiv und korrupt; Militär und Polizei sind zu schwach; die wieder erstarkten Taliban kontrollieren im Süden ganze Landstriche, und Kenner sagen voraus, dass die in sechs oder zwölf Monaten Kabul einnähmen, falls die internationalen Anstrengungen sie zu bekämpfen nachließen.
Was immer sich die Verantwortlichen in Berlin einreden, dies ist ein kriegerischer Einsatz und keine Friedensmission. Auch wenn der neue strategische Ansatz weniger auf die Vernichtung der Taliban als darauf zielt, ihnen die Unterstützung der Bevölkerung streitig zu machen. Aber um deren Sicherheit in den Ballungszentren zu garantieren, reichen 100.000 ausländische Soldaten nicht aus. Das ist das Dilemma des Barack Obama. Er hat keine guten Karten; muss aber die Verantwortung übernehmen. Er braucht einen Partner. Auch wenn der immer noch Karsai heißt, kann nicht massiver Wahlbetrug die Ursache sein. Zum Jahresende tragen über 60.000 der 100.000 ausländischen Soldaten in Afghanistan amerikanische Uniform. Ob Obama noch einmal 30.000 oder 40.000 Mann in Marsch setzt, die Frage an die Verbündeten der NATO kann nicht mehr lange ausbleiben: Wie sehen Eure Beiträge eigentlich aus – die zusätzlichen?
Es geht hier nicht um eine Nachhilfelektion in Sachen faire Wahlen, sondern um einen Beitrag zur Legitimität des afghanischen Präsidenten. Bislang war die Regierung ineffektiv und korrupt. Alle militärischen und nichtmilitärischen Anstrengungen vieler Länder, Afghanistan wieder auf die Beine zu helfen, führten zu nichts, wenn nicht einmal Afghanen das Wahlergebnis für legitim hielten.
Senator John Kerry von Massachusetts, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Präsident Karsai die Bereitschaft zur Stichwahl abgerungen haben dürfte, hat es so formuliert: Wir – die Vereinigten Staaten – haben uns nicht verpflichtet, mit zehntausenden Soldaten auf Jahre eine Regierung zu stützen. Er riet Präsident Obama, vor dem Ausgang der Stichwahl keine Entscheidung über zusätzliche Truppenverstärkungen zu treffen. Im Klartext: Ohne einen befriedigenden Wahlverlauf wird die demokratische Kongressmehrheit einer signifikanten Truppenverstärkung in Afghanistan, die der dortige Befehlshaber für unerlässlich halt, nicht zustimmen.
Afghanistan auf die Beine zu helfen, ist keine Kleinigkeit, nach 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg mit ständig wechselnden Allianzen der Stammesführer und Kriegsherren, die zu dem bösen Wort geführt haben, dass man Afghanen nicht kaufen, aber mieten könne. Zwischen einem Drittel und der Hälfte des afghanischen Bruttosozialprodukts hat mit dem Mohnanbau und der Opiumproduktion zu tun. Und als ob das nicht reichte, sorgt die Symbiose von Taliban und El Kaida in Pakistan wie in Afghanistan für ein hochexplosives Gemisch von Terror und militantem Islam.
Der Administration des George W. Bush muss man vorwerfen, die Entwicklung in Afghanistan wegen des fatalen Einfalls, in den Irak einzumarschieren, vernachlässigt zu haben. Während sich das Ende des Debakels im Irak abzeichnet, bindet der Einsatz in Afghanistan die amerikanischen Streitkräfte seit über acht Jahren, und ein Ende ist nicht abzusehen. Die afghanische Regierung gilt als ineffektiv und korrupt; Militär und Polizei sind zu schwach; die wieder erstarkten Taliban kontrollieren im Süden ganze Landstriche, und Kenner sagen voraus, dass die in sechs oder zwölf Monaten Kabul einnähmen, falls die internationalen Anstrengungen sie zu bekämpfen nachließen.
Was immer sich die Verantwortlichen in Berlin einreden, dies ist ein kriegerischer Einsatz und keine Friedensmission. Auch wenn der neue strategische Ansatz weniger auf die Vernichtung der Taliban als darauf zielt, ihnen die Unterstützung der Bevölkerung streitig zu machen. Aber um deren Sicherheit in den Ballungszentren zu garantieren, reichen 100.000 ausländische Soldaten nicht aus. Das ist das Dilemma des Barack Obama. Er hat keine guten Karten; muss aber die Verantwortung übernehmen. Er braucht einen Partner. Auch wenn der immer noch Karsai heißt, kann nicht massiver Wahlbetrug die Ursache sein. Zum Jahresende tragen über 60.000 der 100.000 ausländischen Soldaten in Afghanistan amerikanische Uniform. Ob Obama noch einmal 30.000 oder 40.000 Mann in Marsch setzt, die Frage an die Verbündeten der NATO kann nicht mehr lange ausbleiben: Wie sehen Eure Beiträge eigentlich aus – die zusätzlichen?