Die Tierseuchenjäger von Riems
Das Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems bei Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern feiert seinen 100. Geburtstag. Zum Jubiläum öffnet das Institut erstmals in seiner Geschichte seine Tore für Besucher. Das Geburtstagsgeschenk ist ebenfalls fertig: Ein fast 300 Millionen Euro teurer Labor-Neubau, der die Insel Riems zum europäischen Zentrum für Virologie macht.
Noch ist nichts staub- und keimfrei. Ganz im Gegenteil. Institutsleiter Prof. Thomas Mettenleiter wedelt mit beiden Händen erfolglos gegen die Staubwolke an, die fast alles Licht in den fensterlosen Fluren schluckt. "Hier entlang", ruft er und winkt die Besucher des neuen Institutsgebäudes in das nächste Stockwerk. Trotz des Lärms der Bauarbeiter und den Staubattacken wirkt der Institutschef entspannt, wenn er seinen Neubau präsentieren darf:
"Es ist eher eine Frage der Notwendigkeit. Und ich glaube es wird gerade auch hier in der Region, in der das Institut ja auch schon sehr lange verankert ist und auch sehr gut angenommen wird, wird es so gesehen. Die Notwendigkeit besteht, diese Forschungen durchzuführen. Und ich glaube, wir sind einer der besten Plätze, so was machen zu können."
Doch das gilt erst jetzt, mit dem rötlich glänzenden Neubau direkt hinter dem alten Institutszentrum, der von außen wirkt wie ein Hochsicherheitsgefängnis. Was eine gewisse Absicht ist: Denn nichts darf das Gebäude wieder verlassen, außer den Laborangestellten und Forschern des Institutes. Und die auch nur, wenn sie sich gleich mehrfach geduscht und die Kleider gewechselt haben.
"Wir haben auch das bekommen, was wir uns auch vorgestellt haben. Ich glaube wir sind hier dann auch optimal ausgestattet. Steigerungsmöglichkeiten im wissenschaftlichen Bereich gibt es immer, sonst wäre es langweilig. Und natürlich wollen wir jetzt uns auch wissenschaftlich, so wie in den letzten Jahren, auch entsprechend weiterentwickeln mit den zusätzlichen Möglichkeiten, die wir jetzt in dem neuen Gebäude bekommen."
Nur eine schmale Landstraße, kaum breit genug, dass zwei Autos gefahrlos aneinander vorbeifahren können, führt auf die halbmondförmige Insel Riems vor den Toren von Greifswald. Friedrich Loeffler dagegen musste noch mit dem Schiff übersetzen, um an sein neues Institut zu kommen, das er vor 100 Jahren im Auftrag der preußischen Regierung aufbaute.
Die Insel war das Ende seiner Flucht, denn Loeffler war aus Greifswald vertrieben worden, wo er in seinem Wohnhaus forschte. Seine Nachbarn hatten sich über den Gestank der Schweine geärgert, die sich der Forscher für seine Untersuchungen hielt. Und gleichzeitig waren die Bauern der Region sauer auf den Schüler von Robert Koch, weil sie ihn verdächtigten, verantwortlich für die Maul- und Klauenseuche zu sein, die immer wieder im Umkreis von Greifswald die Viehherden befiel. So was ist heute für Institutschef Thomas Mettenleiter "ein Ding der Unmöglichkeit":
"Solche Labore müssen natürlich höchsten Sicherheitsansprüchen genügen. Was die Außensicherung angeht, ist das ähnlich wie die Arbeiten, die wir beispielsweise mit der Maul- und Klauenseuche machen. Das heißt, der gesamte Sicherheitsbereich wird konstant unter Unterdruck gefahren. Man kann den Bereich nur über Schleusen betreten. Man muss komplett duschen, wenn man diesen Sicherheitsbereich verlässt.
Im Bereich L4 kommt noch zusätzlich dazu, dass Personen, die dort drinnen arbeiten, nur in solchen Schutzanzügen, ich sage mal salopp Raumanzügen, arbeiten dürfen, die dann auch vorher chemisch dekontaminiert werden müssen. Das heißt: Es ist eine vielfältige Kaskade von Sicherheitseinrichtungen, die wir haben, um sicherzustellen, dass hier nichts entweicht."
Fünf Stockwerke hat der neue Tierseuchen-Forschungskomplex, davon zwei unter der Erde und drei darüber. Insgesamt 163 Stallräume für Rinder, Pferde, Schweine und Kleintiere sowie 44 Aquarien für Fische befinden sich in dem 210 Meter langen und 74 Meter breiten Spezialstall, der sich direkt an die davor gebauten Labore anschließt. Thomas Mettenleiter hält bei seinem Rundgang inne, ergänzt:
"Also wenn wir voll funktionsfähig sind, dann stehen wir von der Infrastruktur her unter den besten fünf der Welt. Es gibt gerade in dem Bereich Experimente mit höchst pathogenen Erregern im Großtier, im eigentlichen Wirt, gibt es nur zwei andere Stellen derzeit. Das ist in Australien und in Kanada. Die USA haben ein solches Labor in Planung."
Der Rundgang führt weiter durch schmale Gänge ins Zentrum des neuen Institutes, in den Hochsicherheitslabor-Trakt. Vor einer Panzerglasscheibe bleibt Thomas Mettenleiter stehen, deutet nach innen. In diesem ballsaalgroßen Labor der Hochsicherheitsstufe L 4 wird künftig an den gefährlichsten Erregern geforscht, die es gibt:
"Was wahrscheinlich am bekanntesten ist unter den vier Erregern ist Marburg und Ebola. Aber es gibt noch eine Reihe weiterer, die gerade auch im Nutztier eine Rolle spielen: Nipa im Schwein oder N3 im Pferd. Und das sind die Erreger, mit denen wir dann auch arbeiten werden."
Nur immer zwei Forscher gleichzeitig dürfen künftig in diese Labore und nur in Schutzanzügen, genau beobachtet von Mitarbeitern vor der Panzerglasscheibe. Um in das Labor zu kommen, geht es durch mehrere Sicherheitsschleusen. Sogar Tiere können in dieses Labor gebracht werden, wie in fast alle anderen Hochsicherheitslabore der Stufen L2, L3 und L4 auch. Insgesamt verfügt der Komplex über 62 Standardlabore und 24 Speziallabore. Fazit des Institutschefs:
"Zum einen bekommen wir jetzt deutlich bessere Arbeitsbedingungen, als wir sie jetzt haben. Auch in den Sicherheitsbereichen, die wir jetzt schon zur Verfügung haben. Und was dazu kommt, ist die Möglichkeit, auch mit hoch pathogenen Erregern der höchsten Sicherheitsstufe zu arbeiten. Das können wir bisher hier nicht, tun wir auch nicht und das wird künftig möglich sein."
Beruhigen wird es die Greifswalder nicht wirklich: Die Ebola und Marburg-Viren sind noch nicht auf der Insel. "Ebola", sagt später ein Laubenpieper zerknirscht, dessen Garten an den Stacheldrahtzaun des Institutes reicht, "dagegen ist doch Loefflers Maul- und Klauenseuche ne Kinderkrankheit. Aber", fügt der Rentner noch hinzu. "So ändern sich die Zeiten."
"Es ist eher eine Frage der Notwendigkeit. Und ich glaube es wird gerade auch hier in der Region, in der das Institut ja auch schon sehr lange verankert ist und auch sehr gut angenommen wird, wird es so gesehen. Die Notwendigkeit besteht, diese Forschungen durchzuführen. Und ich glaube, wir sind einer der besten Plätze, so was machen zu können."
Doch das gilt erst jetzt, mit dem rötlich glänzenden Neubau direkt hinter dem alten Institutszentrum, der von außen wirkt wie ein Hochsicherheitsgefängnis. Was eine gewisse Absicht ist: Denn nichts darf das Gebäude wieder verlassen, außer den Laborangestellten und Forschern des Institutes. Und die auch nur, wenn sie sich gleich mehrfach geduscht und die Kleider gewechselt haben.
"Wir haben auch das bekommen, was wir uns auch vorgestellt haben. Ich glaube wir sind hier dann auch optimal ausgestattet. Steigerungsmöglichkeiten im wissenschaftlichen Bereich gibt es immer, sonst wäre es langweilig. Und natürlich wollen wir jetzt uns auch wissenschaftlich, so wie in den letzten Jahren, auch entsprechend weiterentwickeln mit den zusätzlichen Möglichkeiten, die wir jetzt in dem neuen Gebäude bekommen."
Nur eine schmale Landstraße, kaum breit genug, dass zwei Autos gefahrlos aneinander vorbeifahren können, führt auf die halbmondförmige Insel Riems vor den Toren von Greifswald. Friedrich Loeffler dagegen musste noch mit dem Schiff übersetzen, um an sein neues Institut zu kommen, das er vor 100 Jahren im Auftrag der preußischen Regierung aufbaute.
Die Insel war das Ende seiner Flucht, denn Loeffler war aus Greifswald vertrieben worden, wo er in seinem Wohnhaus forschte. Seine Nachbarn hatten sich über den Gestank der Schweine geärgert, die sich der Forscher für seine Untersuchungen hielt. Und gleichzeitig waren die Bauern der Region sauer auf den Schüler von Robert Koch, weil sie ihn verdächtigten, verantwortlich für die Maul- und Klauenseuche zu sein, die immer wieder im Umkreis von Greifswald die Viehherden befiel. So was ist heute für Institutschef Thomas Mettenleiter "ein Ding der Unmöglichkeit":
"Solche Labore müssen natürlich höchsten Sicherheitsansprüchen genügen. Was die Außensicherung angeht, ist das ähnlich wie die Arbeiten, die wir beispielsweise mit der Maul- und Klauenseuche machen. Das heißt, der gesamte Sicherheitsbereich wird konstant unter Unterdruck gefahren. Man kann den Bereich nur über Schleusen betreten. Man muss komplett duschen, wenn man diesen Sicherheitsbereich verlässt.
Im Bereich L4 kommt noch zusätzlich dazu, dass Personen, die dort drinnen arbeiten, nur in solchen Schutzanzügen, ich sage mal salopp Raumanzügen, arbeiten dürfen, die dann auch vorher chemisch dekontaminiert werden müssen. Das heißt: Es ist eine vielfältige Kaskade von Sicherheitseinrichtungen, die wir haben, um sicherzustellen, dass hier nichts entweicht."
Fünf Stockwerke hat der neue Tierseuchen-Forschungskomplex, davon zwei unter der Erde und drei darüber. Insgesamt 163 Stallräume für Rinder, Pferde, Schweine und Kleintiere sowie 44 Aquarien für Fische befinden sich in dem 210 Meter langen und 74 Meter breiten Spezialstall, der sich direkt an die davor gebauten Labore anschließt. Thomas Mettenleiter hält bei seinem Rundgang inne, ergänzt:
"Also wenn wir voll funktionsfähig sind, dann stehen wir von der Infrastruktur her unter den besten fünf der Welt. Es gibt gerade in dem Bereich Experimente mit höchst pathogenen Erregern im Großtier, im eigentlichen Wirt, gibt es nur zwei andere Stellen derzeit. Das ist in Australien und in Kanada. Die USA haben ein solches Labor in Planung."
Der Rundgang führt weiter durch schmale Gänge ins Zentrum des neuen Institutes, in den Hochsicherheitslabor-Trakt. Vor einer Panzerglasscheibe bleibt Thomas Mettenleiter stehen, deutet nach innen. In diesem ballsaalgroßen Labor der Hochsicherheitsstufe L 4 wird künftig an den gefährlichsten Erregern geforscht, die es gibt:
"Was wahrscheinlich am bekanntesten ist unter den vier Erregern ist Marburg und Ebola. Aber es gibt noch eine Reihe weiterer, die gerade auch im Nutztier eine Rolle spielen: Nipa im Schwein oder N3 im Pferd. Und das sind die Erreger, mit denen wir dann auch arbeiten werden."
Nur immer zwei Forscher gleichzeitig dürfen künftig in diese Labore und nur in Schutzanzügen, genau beobachtet von Mitarbeitern vor der Panzerglasscheibe. Um in das Labor zu kommen, geht es durch mehrere Sicherheitsschleusen. Sogar Tiere können in dieses Labor gebracht werden, wie in fast alle anderen Hochsicherheitslabore der Stufen L2, L3 und L4 auch. Insgesamt verfügt der Komplex über 62 Standardlabore und 24 Speziallabore. Fazit des Institutschefs:
"Zum einen bekommen wir jetzt deutlich bessere Arbeitsbedingungen, als wir sie jetzt haben. Auch in den Sicherheitsbereichen, die wir jetzt schon zur Verfügung haben. Und was dazu kommt, ist die Möglichkeit, auch mit hoch pathogenen Erregern der höchsten Sicherheitsstufe zu arbeiten. Das können wir bisher hier nicht, tun wir auch nicht und das wird künftig möglich sein."
Beruhigen wird es die Greifswalder nicht wirklich: Die Ebola und Marburg-Viren sind noch nicht auf der Insel. "Ebola", sagt später ein Laubenpieper zerknirscht, dessen Garten an den Stacheldrahtzaun des Institutes reicht, "dagegen ist doch Loefflers Maul- und Klauenseuche ne Kinderkrankheit. Aber", fügt der Rentner noch hinzu. "So ändern sich die Zeiten."